Grundeigentum-Verlag GmbH
grundeigentum-verlag
Verlag für private und unternehmerische Immobilien
Anzeige

Mietendeckel  →  Informationen


Muss ich das auch noch begründen?
Mietendeckel – moderne Ausstattung
22.06.2020 (GE 11/2020, S. 698) Frage: Wir haben allen Mietern in unserem allgemeinen Mitteilungsschreiben gemäß § 6 Abs. 4 MietenWoG Bln die fünf Merkmale als Stichpunkte genannt, ferner den Hinweis gegeben, dass drei Merkmale erfüllt sein müssten und mit „ja“ markiert, dass eine moderne Ausstattung vorläge. Ein Mieter wünscht nun ergänzend die Angabe, 1. um welche zutreffenden Merkmale es sich handele und 2. warum sie als zutreffend angesehen würden (= eine Begründung). Besteht dafür eine Auskunftspflicht, d. h. müssen wir dem Mieter die eine oder beide Fragen beantworten? H. G., Berlin
Antwort:
Nach § 6 Abs. 4 MietenWoG Bln musste der Vermieter bis zum 22. April 2020 allen Mietern unaufgefordert Auskunft erteilen über die Umstände, die für die Berechnung der Mietobergrenze maßgeblich sind. Wenn der Vermieter diese Auskunft nicht, nicht richtig oder nicht vollständig erteilt, begeht er gemäß § 11 Nr. 3 MietenWoG Bln eine Ordnungswidrigkeit. Die Überschreitung der Frist stellt dagegen keine Ordnungswidrigkeit dar.
Welche Umstände für die Bestimmung der Mietobergrenze maßgeblich sind, ergibt sich aus § 6 Abs. 1 MietenWoG Bln. Dies sind: das Jahr der erstmaligen Bezugsfertigkeit, die Ausstattung mit Sammelheizung und/oder Bad, die Lage der Wohnung in einem Zweifamilienhaus und das Vorhandensein einer modernen Ausstattung. Eine Begründung dieser Auskunft ist nicht erforderlich. Daher ist es nach meiner Ansicht nicht erforderlich, dem Mieter mitzuteilen, warum Sie der Meinung sind, dass die Wohnung eine moderne Ausstattung hat. Die Wohnlagenzuordnung spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle. Diese will die Senatsverwaltung erst in November 2020 durch eine Verordnung festlegen.
Mit den Ausführungsvorschriften vom 2. April 2020 (GE 2020, 518 ff.) hat die Senatsverwaltung bekanntgegeben, wie nach ihrer Ansicht die Vorschriften des MietenWoG auszulegen sind. Nach der Nr. 6.4 soll der Vermieter danach folgende Angaben machen:
■ Baualter des Wohngebäudes,
■ Angaben zur Heizung (Sammelheizung oder nicht),
■ Anzahl der Wohnungen in dem Gebäude,
■ gegebenenfalls Auflistung der Merkmale für eine moderne Ausstattung (falls sich der Vermieter gemäß § 6 Abs. 3 hierauf bezieht).
Diese Auffassung entspricht dem Gesetz nur teilweise. Verblüffend ist bereits, dass der Vermieter die Anzahl der Wohnungen in dem Gebäude mitteilen soll. Davon steht im Gesetz nichts. Nach § 6 Abs. 2 MietenWoG Bln kommt es lediglich darauf an, ob die Wohnung in einem Gebäude mit mehr als zwei Wohnungen liegt. Denn in diesem Fall kommt der Zuschlag von 10 % nach § 6 Abs. 2 nicht zur Anwendung. Wenn die Wohnung in einem Gebäude mit mehr als zwei Wohnung liegt, ist es völlig unerheblich, ob dies drei Wohnungen sind oder vielleicht 30. Die konkrete Anzahl der Wohnungen muss man deshalb entgegen der in den Ausführungsvorschriften vertretenen Ansicht nicht mitteilen.
1. Auch die Ansicht, dass der Vermieter eine „Auflistung“ der Merkmale des § 6 Abs. 3 MietenWoG Bln geben muss, wenn er sich darauf beruft, dass die Wohnung eine moderne Ausstattung i.S.d. § 6 Abs. 3 MietenWoG Bln hat, entspricht nicht dem Gesetz. Denn nach dem Wortlaut des § 6 Abs. 4 MietenWoG Bln muss der Vermieter lediglich Auskunft über die Merkmale geben, die für die Berechnung der Mietobergrenze des § 6 Abs. 1 MietenWoG Bln maßgeblich sind. Zu diesen Merkmalen gehört nach § 6 Abs. 3 MietenWoG Bln auch das Vorhandensein einer modernen Ausstattung i.S. dieser Vorschrift. Um die Auskunftspflicht nach § 6 Abs. 4 MietenWoG Bln zu erfüllen, genügt es deshalb, mitzuteilen, ob das Merkmal „moderne Ausstattung“ erfüllt ist oder nicht. Eine Begründung hierfür schuldet der Vermieter nach § 6 Abs. 4 MietenWoG Bln nicht. Wenn die Senatsverwaltung in den Ausführungsvorschriften verlangt, dass der Vermieter die Merkmale des § 6 Abs. 3 MietenWoG Bln auflistet, die er für erfüllt hält, wird dem Vermieter eine Begründungspflicht auferlegt, die das Gesetz nicht enthält. Die Senatsverwaltung will den Vermieter zwingen, auch Auskunft darüber zu erteilen, warum nach seiner Ansicht eine moderne Ausstattung vorliegt.
Dieser Rechtsauffassung müssen Sie als Vermieter nicht folgen. Die Ausführungsvorschriften der Senatsverwaltung sind lediglich Anweisungen an die ihr unterstellten Behörden und Mitarbeiter. Gegenüber Vermietern und Gerichten haben sie dagegen keine Bindungswirkung. Bürger und Gerichte sind lediglich an das Gesetz gebunden, nicht aber an Verwaltungsvorschriften.
Nach meiner Ansicht sind Sie deshalb nicht verpflichtet, dem Mieter die Merkmale des § 6 Abs. 3 MietenWoG Bln zu benennen (aufzulisten), die nach Ihrer Ansicht erfüllt sind. Sollte sich der Mieter deshalb bei dem Bezirksamt oder der Senatsverwaltung über Sie beschweren, müssen Sie allerdings damit rechnen, dass es zu Problemen kommt und Sie ggf. sogar einen Bußgeldbescheid bekommen, weil Sie die Auskunft nicht vollständig gegeben haben. Diesen Bescheid müssen Sie natürlich unbedingt anfechten.
2. Die Frage, warum nach Ihrer Ansicht die jeweiligen Merkmale des § 6 Abs. 3 erfüllt sind, müssen Sie nicht beantworten. Eine solche Ansicht vertritt noch nicht einmal die Senatsverwaltung in ihren Ausführungsvorschriften. Denn hier heißt es nur, dass der Vermieter die Merkmale des § 6 Abs. 3 „auflisten“ soll, die nach seiner Ansicht erfüllt sind. Sie sollen die Merkmale also lediglich benennen. Warum die jeweiligen Merkmale erfüllt sind und beispielsweise die Sanitärausstattung oder der Bodenbelag hochwertig sind, muss der Vermieter dagegen nicht darlegen.
Allerdings wird die Bedeutung der Auskunft nach § 6 Abs. 4 MietenWoG von allen Beteiligten völlig überschätzt. Denn die Auskunft über die Mietobergrenze hat keine Bindungswirkung für die spätere Kappung der Mietforderung nach § 5. Durch die Auskunft über die Mietobergrenze gemäß § 6 Abs. 4 wird diese nicht etwa „festgesetzt“. Weder Vermieter noch Mieter können sich bei Herabsetzung der Mietforderung zum 1. Dezember 2020 auf eine „Bestandskraft“ der Auskunft nach § 6 Abs. 4 berufen. Wenn die zum 22. April 2020 erteilte Auskunft falsch sein sollte, kann der Mieter trotzdem verlangen, dass der Vermieter bei Herabsetzung der Mietforderung zum 1. Dezember 2020 die Kappungsgrenze anhand der korrekten Mietobergrenze berechnet. Wenn der Mieter mit der Kappung der Mietforderung zum 1. Dezember 2020 nicht einverstanden ist und die Berechnung der Kappungsgrenze rügt, wird der Vermieter allerdings verpflichtet sein, seine Berechnung zu begründen und beispielsweise darzulegen, warum die Wohnung nach seiner Ansicht eine moderne Ausstattung hat. Die jetzige Auskunft gemäß § 6 Abs. 4 kann der Mieter daher getrost hinnehmen, auch wenn diese falsch sein sollte. Er wird durch eine falsche Auskunft in seinen Rechten nicht verletzt und ist auch nicht beschwert, weil diese letztlich keine Rechtswirkung hat.
Daher stellt sich die Frage, was überhaupt der Sinn der Auskunft nach § 6 Abs. 4 ist. Dies wird nur ersichtlich, wenn man sich die „Entstehungsgeschichte“ des Gesetzes vergegenwärtigt. Nach dem ursprünglichen Entwurf des Gesetzes sollte die Auskunft über die Mietobergrenze den Mieter in die Lage versetzen, einen Antrag auf Herabsetzung der Miete nach dem damaligen § 4 zustellen. Da nach der endgültigen Fassung des Gesetzes ein Antrag des Mieters nicht mehr erforderlich ist, sondern der Vermieter die Kappungsgrenze von sich aus errechnen muss, hat die Auskunft nach § 6 Abs. 4 keinen Sinn mehr. Darüber hinaus ist auch nicht erklärlich, welchen Sinn es haben soll, dass die Frist von zwei Monaten für die Erteilung der Auskunft gemäß § 6 Abs. 4 beibehalten worden ist, während das Inkrafttreten der Kappung nach § 5 um neun Monate aufgeschoben wurde. Die Verpflichtung zur Auskunft nach § 6 Abs. 4 MietenWoG stellt sich damit als mietrechtlicher „Gesslerhut“ dar, dem wir unsere Ehrerbietung erweisen müssen.
Autor: VRiFG a. D. Hans-Joachim Beck


Links: