Recht → Wohnungseigentumsrecht
Beschluss über Gesamtabrechnung ist als Beschluss über Abrechnungsspitzen zu deuten
Eigentümer wollen sich im Regelfall nicht rechtswidrig verhalten
26.09.2024 (GE 17/2024, S. 823) Ein nach dem 30. November 2020 gefasster Beschluss, durch den „die Gesamtabrechnung und die daraus resultierenden Einzelabrechnungen des Hausgeldes“ genehmigt werden, ist nächstliegend dahingehend auszulegen, dass die Wohnungseigentümer damit lediglich die Höhe der in den Einzelabrechnungen ausgewiesenen Nachschüsse oder die Anpassung der beschlossenen Vorschüsse festlegen wollen.
Der Fall: Der Kläger ist Mitglied der beklagten Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) und Eigentümer von zwei Wohnungen. In der Eigentümerversammlung vom 28. Juli 2021 fassten die Eigentümer zu TOP 3 folgenden Beschluss:
„Die Gesamtabrechnung und die daraus resultierenden Einzelabrechnungen des Hausgeldes für den Zeitraum 1. Januar 2020 bis 31. Dezember 2020 werden in der Fassung mit Druckdatum vom 11. Mai 2021 genehmigt. Die Abrechnungsspitzen sind zum 1. September 2021 fällig.“
Das AG hat die dagegen gerichtete Anfechtungsklage abgewiesen, das LG hat den Beschluss insoweit für nichtig gehalten, als die Gesamtabrechnung und die daraus resultierenden Einzelabrechnungen genehmigt wurden, weil den Eigentümern dazu nach der WEG-Reform die Beschlusskompetenz gefehlt habe.
Das Urteil: Die Revision der Beklagten hatte Erfolg. Der Beschluss sei nicht wegen mangelnder Beschlusskompetenz der GdWE nichtig. Zwar beschließen seit der WEG-Reform vom 1. Dezember 2020 die Wohnungseigentümer nach Ablauf des Kalenderjahres über die Einforderung von Nachschüssen oder die Anpassung der beschlossenen Vorschüsse.
Allerdings ist ein nach dem 30. November 2020 gefasster Beschluss, durch den „der Wirtschaftsplan genehmigt wird“, dahingehend auszulegen, dass damit lediglich die Höhe der in den Einzelwirtschaftsplänen ausgewiesenen Beträge (Vorschüsse) festgelegt werden sollte. Beschlüsse sind objektiv und „aus sich heraus“ auszulegen. Dabei kommt es maßgebend darauf an, wie der Beschluss nach seinem Wortlaut und Sinn für einen unbefangenen Betrachter zu verstehen ist. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Eigentümer im Zweifel keinen rechtswidrigen Beschluss fassen wollen. Dies spricht dafür, dass ein nach Inkrafttreten des § 28 Abs. 1 Satz 1 WEG gefasster Beschluss, durch den „die Gesamtabrechnung und die daraus resultierenden Einzelabrechnungen des Hausgeldes“ genehmigt werden, dahingehend auszulegen ist, dass er die Höhe der ausgewiesenen Nachschüsse oder die Anpassung der beschlossenen Vorschüsse festlegen soll. Auch insoweit ist davon auszugehen, dass die zu einer rechtmäßigen Verwaltung verpflichteten Eigentümer nicht das Zahlenwerk als solches genehmigen, sondern nur – wie gesetzlich vorgesehen – einen Beschluss über die Abrechnungsspitze fassen möchten.
Das Berufungsurteil sei deshalb aufzuheben. Die Beschlusskompetenz ist gegeben, die Sache zur Endentscheidung reif und die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Den Wortlaut finden Sie in GE 2024, Seite 855 und in unserer Datenbank.
„Die Gesamtabrechnung und die daraus resultierenden Einzelabrechnungen des Hausgeldes für den Zeitraum 1. Januar 2020 bis 31. Dezember 2020 werden in der Fassung mit Druckdatum vom 11. Mai 2021 genehmigt. Die Abrechnungsspitzen sind zum 1. September 2021 fällig.“
Das AG hat die dagegen gerichtete Anfechtungsklage abgewiesen, das LG hat den Beschluss insoweit für nichtig gehalten, als die Gesamtabrechnung und die daraus resultierenden Einzelabrechnungen genehmigt wurden, weil den Eigentümern dazu nach der WEG-Reform die Beschlusskompetenz gefehlt habe.
Das Urteil: Die Revision der Beklagten hatte Erfolg. Der Beschluss sei nicht wegen mangelnder Beschlusskompetenz der GdWE nichtig. Zwar beschließen seit der WEG-Reform vom 1. Dezember 2020 die Wohnungseigentümer nach Ablauf des Kalenderjahres über die Einforderung von Nachschüssen oder die Anpassung der beschlossenen Vorschüsse.
Allerdings ist ein nach dem 30. November 2020 gefasster Beschluss, durch den „der Wirtschaftsplan genehmigt wird“, dahingehend auszulegen, dass damit lediglich die Höhe der in den Einzelwirtschaftsplänen ausgewiesenen Beträge (Vorschüsse) festgelegt werden sollte. Beschlüsse sind objektiv und „aus sich heraus“ auszulegen. Dabei kommt es maßgebend darauf an, wie der Beschluss nach seinem Wortlaut und Sinn für einen unbefangenen Betrachter zu verstehen ist. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Eigentümer im Zweifel keinen rechtswidrigen Beschluss fassen wollen. Dies spricht dafür, dass ein nach Inkrafttreten des § 28 Abs. 1 Satz 1 WEG gefasster Beschluss, durch den „die Gesamtabrechnung und die daraus resultierenden Einzelabrechnungen des Hausgeldes“ genehmigt werden, dahingehend auszulegen ist, dass er die Höhe der ausgewiesenen Nachschüsse oder die Anpassung der beschlossenen Vorschüsse festlegen soll. Auch insoweit ist davon auszugehen, dass die zu einer rechtmäßigen Verwaltung verpflichteten Eigentümer nicht das Zahlenwerk als solches genehmigen, sondern nur – wie gesetzlich vorgesehen – einen Beschluss über die Abrechnungsspitze fassen möchten.
Das Berufungsurteil sei deshalb aufzuheben. Die Beschlusskompetenz ist gegeben, die Sache zur Endentscheidung reif und die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Den Wortlaut finden Sie in GE 2024, Seite 855 und in unserer Datenbank.
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