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Recht  →  Wohnungseigentumsrecht


Ungültigerklärung von Jahresabrechnungen: Ein noch so kleiner Fehler genügt bereits
WEG – Beschlussanfechtung
24.10.2022 (GE 18/2022, S. 942) Wird unzutreffend im Rahmen der Heizkostenabrechnung ein für Gemeinschaftszwecke als Hausflur genutzter Raum anteilig auf einen einzelnen Wohnungseigentümer umgelegt, führt dies zur Unrichtigkeit und Ungültigerklärung der gesamten Jahresabrechnung, ohne dass es auf weitere Abrechnungsfehler ankommt. Da sich die Beschlussanfechtungsklagen nach der WEG-Reform gegen die Gemeinschaft richten, muss diese auch die Kosten des verlorenen Anfechtungsprozesses tragen.
Der Fall: Der Kläger ist Eigentümer zweier Teileigentumseinheiten. In der Eigentümerversammlung vom 17. September 2021 wurden zu TOP 3 die Abrechnungsergebnisse der Gesamt- und Einzelabrechnung 2019, zu TOP 4 die Abrechnungsergebnisse zur Gesamt-und Einzelabrechnung 2020 und zu TOP 7 die Entlastung des Verwaltungsbeirats für das Jahr 2020 mehrheitlich beschlossen. Der Kläger hat die Eigentümerbeschlüsse fristgerecht angefochten und die Anfechtung fristgemäß begründet. Weil die Abrechnungen diverse Fehler aufwiesen, dürfe dem Verwaltungsbeirat auch keine Entlastung erteilt werden.

Das Urteil: Die Anfechtungsklage ist erfolgreich. Die Eigentümerbeschlüsse sind bereits dann für ungültig zu erklären, wenn aufgrund einer Rüge des Klägers festgestellt werden muss, dass die Salden bei den Abrechnungen unzutreffend sind. Dabei muss das genaue Ausmaß des Fehlers nicht rechnerisch dargelegt werden, es genügt, wenn ein noch so kleiner Fehler festgestellt wird, der sich notwendig auf die Ergebnisse ausgewirkt hat, da dann der Beschluss in jedem Falle rechtswidrig ist und insgesamt für ungültig erklärt werden muss.
Das Gericht kann sich auf einen feststellbaren Fehler beschränken, da der Beschluss insgesamt Gegenstand der Anfechtungsklage ist, es muss aber nicht alle geltend gemachten Beschlussmängel erörtern. Der Kläger rügt hier jedenfalls zu Recht, dass in beiden Abrechnungen jeweils zu seinem Nachteil fehlerhafte Heizkostenabrechnungen in die Einzelabrechnungen eingestellt sind, die sich notwendigerweise auf die gesamten Salden auswirken müssen. Bei der Einheit Nr. 2 wurde dem Kläger unstreitig ein Raum zu seinen Lasten berücksichtigt, der tatsächlich nicht von ihm, sondern für Gemeinschaftszwecke als Hausflur benutzt wird. Nach der Heizkostenverordnung muss der flächenabhängige Teil der umzulegenden Kosten auf die jeweiligen Nutzer nach deren Wohn- oder Nutzfläche umgelegt werden. Alle weiteren Einwendungen des Klägers gegen die Abrechnungen, insbesondere die falsche Darstellung von Abschlüssen aus der Instandhaltungsrücklage oder die nach seiner Auffassung falsche Umlage von Kosten baulicher Veränderungen, bleiben demgemäß dahingestellt. Auch die Entlastung des Beirats ist aus denselben Gründen fehlerhaft.

Anmerkung: Die Entscheidung macht deutlich, dass im Falle der Anfechtung kleinste Abrechnungsfehler zur Ungültigerklärung der Jahresabrechnung führen müssen, ohne dass die weiter gerügten Mängel der Abrechnung in dem Anfechtungsprozess vollständig geprüft werden. Da sich die Beschlussanfechtungsklagen nach der WEG-Reform gegen die Gemeinschaft richten, muss diese auch die Kosten des verlorenen Anfechtungsprozesses tragen. Auch wenn der Gebührenstreitwert auf das siebeneinhalbfache Klägerinteresse nach § 49 GKG begrenzt ist, werden für den Streitwert des Anfechtungsprozesses alle gerügten Mängel des Klägers zu berücksichtigen sein, auch wenn das Urteil später darüber gar nicht befindet. Anschließend stellen sich natürlich Fragen nach einem Regress gegen den Verwalter, der die fehlerhaften Abrechnungen vorgeschlagen hat.

Den Wortlaut finden Sie in GE 2022, Seite 964 und in unserer Datenbank.
Autor: VRiKG a. D. Dr. Lothar Briesemeister


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