Grundeigentum-Verlag GmbH
grundeigentum-verlag
Verlag für private und unternehmerische Immobilien
Anzeige

Recht  →  Wohnungseigentumsrecht


Qualifikation des Verwaltungsbeirats nicht gefordert
Zustellung „demnächst“ im WEG-Verfahren
08.11.2021 (GE 19/2021, S. 1168) Müssen/dürfen Wohnungseigentümer besondere Anforderungen an die Kenntnisse eines Kandidaten über die Befugnisse eines Verwaltungsbeirats stellen? Das LG Frankfurt meint: nein. Besondere Qualitätsanforderungen stelle das Gesetz nicht. Es widerspreche jedoch ordnungsmäßiger Verwaltung, ein Verwaltungsbeiratsmitglied zu wählen, das für diese Tätigkeit vom Verwalter bezahlt werde, da dies angesichts der Aufgabe des Beirats, die Verwaltung zu überwachen, Interessenskonflikte schaffe.
Der Fall: Die Eigentümerversammlung fand am 7. Dezember 2019 statt, die Klage ging bei dem AG am 27. Dezember 2019 ein. Der Vorschuss wurde am 30. Dezember 2019 angefordert und am 2. Januar 2020 eingezahlt. Die Verfügung zur Zustellung der Klage vom 8. Januar 2020 wurde sodann jedoch erst am 18. Mai 2020 ausgeführt, die Klage den Beklagten am 27. Mai 2020 zugestellt. Wegen der erst knapp sechs Monate nach Vorschusszahlung zugestellten Klage hat das AG die Klage als nicht mehr fristgerecht zugestellt beurteilt und sie abgewiesen. Hiergegen die Berufung.

Das Urteil: Die Berufung hat teilweise Erfolg. Wegen der Verantwortlichkeit des Gerichts für die verspätete Zustellung ist die Klage dennoch als demnächst zugestellt zu betrachten. Dem Kläger ist dies nicht vorzuwerfen, da ihn keine Obliegenheit zur Nachfrage nach einer rechtzeitigen Zustellung trifft. Der Kläger hat die in seinem Bereich erforderlichen Mitwirkungshandlungen erbracht, so dass die weitere Verantwortung für den ordnungsgemäßen Gang des Zustellungsverfahrens ausschließlich bei dem Gericht liegt. Der Kläger ist grundsätzlich nicht gehalten, das gerichtliche Vorgehen zu kontrollieren und durch Nachfragen auf die beschleunigte Zustellung hinzuwirken, wenn er bereits alle von ihm geforderten Mitwirkungshandlungen für eine ordnungsgemäße Klagezustellung erbracht und insbesondere den Gerichtskostenvorschuss eingezahlt hat.
In der Sache hat die Anfechtung nur hinsichtlich der Wahl des A zum Verwaltungsbeirat Erfolg. Denn diese Wahl widerspricht ordnungsmäßiger Verwaltung ungeachtet weiterer Vorwürfe bereits deshalb, weil er entgeltlich für die Verwalterin tätig ist und ein Büro in deren Geschäftsräumen unterhält. Dies schafft angesichts der Aufgabe des Beirats, die Verwaltung zu kontrollieren, einen Interessenkonflikt. Dagegen ist die Wahl des B im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung geschehen. Besondere Anforderungen an die Kenntnisse eines Kandidaten über die Befugnisse des Verwaltungsbeirats stellt das Gesetz nicht, ebenso wenig an seine Qualifikation im Allgemeinen. Es ist weder vorgetragen noch erkennbar, dass B die der Gemeinschaft in Rechnung gestellte Aufwandsentschädigung von 2.200 € für das Jahr 2018 auch erhalten oder gar dem Gemeinschaftskonto entnommen hätte. Eine Aufstellung und ein Nachweis für einzelne Tätigkeiten während seiner Amtszeit schuldet ein Verwaltungsbeirat einzelnen Eigentümern nicht. Selbst in Bezug auf die Prüfung der Jahresabrechnung 2017 war B zur Vorlage eines schriftlichen Berichts nicht verpflichtet. Es kann dahinstehen, ob B in der vergangenen Amtszeit den Beschluss der Jahresabrechnung 2017 empfohlen hat, obwohl sich diese als offensichtlich mangelhaft herausstellte. Es ist nicht dargelegt, an welchen Fehlern die Abrechnung litt und ob dies von der Prüfungspflicht des Beirats erfasst war. Bis zur WEG-Reform 2020 war eine über die Prüfung der Abrechnung hinausgehende Kontrolle des Verwalters vom Beirat nicht geschuldet. Die Eigentümergemeinschaft (hier: Erbbauberechtigtengemeinschaft) musste auch nicht während des laufenden Wirtschaftsjahrs informiert werden, dass es gegenüber dem Wirtschaftsplan zu Mehrausgaben gekommen war.

Anmerkung: Eine Nachfrageobliegenheit des Klägers nimmt das Gericht nur dann an, wenn etwa über einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten nach der letzten Handlung des Klägers eine Zustellung nicht erfolgt ist. Nach einem Ablauf von sechs Monaten geht auch der Gesetzgeber davon aus, dass die prozessualen Wirkungen des Verfahrens enden, in dem Sinne, dass dieses nicht weiter betrieben werden soll. Nach Verstreichen dieser Frist macht der Kläger deutlich, an dem Verfahren kein Interesse mehr zu haben und die prozessualen Wirkungen nicht mehr zu benötigen.

Den Wortlaut finden Sie in GE 2021, Seite 1205 und in unserer Datenbank.
Autor: VRiKG a. D. Dr. Lothar Briesemeister


Links: