Grundeigentum-Verlag GmbH
grundeigentum-verlag
Verlag für private und unternehmerische Immobilien
Anzeige

Recht  →  Wohnungseigentumsrecht


Pflichtwidrig verzögerte Regulierung eines Leitungswasserschadens und Mitverschulden
Schadensersatzanspruch in der Wohngebäudeversicherung einer WEG
14.07.2021 (GE 12/2021, S. 734) Ein Wohnungseigentümer kann gegenüber dem Wohngebäudeversicherer wegen pflichtwidrig verzögerter Regulierung eines Leitungswasserschadens Ersatz in Gestalt entgangener Mieteinnahmen verlangen. Den Wohnungseigentümer andererseits kann im Einzelfall die Obliegenheit treffen, die sein Sondereigentum betreffenden Schäden zunächst aus eigenen Mitteln zu beseitigen, um die Wohnung mit zumutbarem Aufwand wieder in einen vermietbaren Zustand zu versetzen. Bei Verletzung dieser Obliegenheit ist der zu ersetzende Mietausfallschaden zeitlich zu begrenzen.
Der Fall: Die Parteien streiten über Ansprüche aus einer Wohngebäudeversicherung. Der Kläger ist Miteigentümer einer Eigentumswohnung. Für das Anwesen der WEG besteht seit 2001 eine Wohngebäudeversicherung bei der Beklagten. Im Dezember ereignete sich ein Wasserschaden in der Wohnung des Klägers, der von der WEG ermächtigt wurde, Ersatz für seine Wohnung betreffende Schäden am Gemeinschaftseigentum gegenüber der Beklagten gerichtlich geltend zu machen und einzuziehen. Die Beklagte hat vorgerichtlich nur 8.397,28 € an den Kläger erstattet. Mit rechtskräftigem Grund- und Teilurteil hat das Landgericht die Klage auf Ersatz der Reparaturkosten für gerechtfertigt erklärt und dem Kläger darüber hinaus einen Mietausfallschaden zugesprochen, allerdings begrenzt auf den Zeitraum bis einschließlich Januar 2014, weil nach Abschluss der gerichtlichen Beweissicherung im Oktober 2013 der Kläger intensivere Bemühungen um eine Sanierung und deren Finanzierung hätte entfalten müssen; insofern treffe ihn ein Mitverschulden. Der Kläger verlangte mit der Berufung weiteren Mietausfall für die Zeit bis Mitte Mai 2017 – ohne Erfolg.

Der Beschluss: Das OLG Nürnberg folgte dem Landgericht, das die Erstattung der Mietausfallkosten zu Recht auf den Zeitraum bis einschließlich Januar 2014 begrenzt habe.
Die beklagte Versicherung habe zu Unrecht die Schadensregulierung verzögert und sich vertragswidrig geweigert, die Kosten für einen Teil der notwendigen Arbeiten zu erstatten, weswegen dem Kläger auch der Mietausfall zu erstatten sei, allerdings nicht komplett, sondern nur bis zu dem Zeitpunkt, zu dem er nach Abschluss der gerichtlichen Beweissicherung die Wohnung – ggf. auch durch Eigenvorfinanzierung – in einen bewohnbaren Zustand hätte versetzen können. Durch die Verzögerung der Instandsetzung habe der Kläger gegen die ihm obliegende Schadensminderungspflicht verstoßen.
Ob und welche Maßnahmen der Geschädigte zur Minderung des Schadens treffen muss, sei gesetzlich nicht geregelt und lasse sich nicht losgelöst vom Einzelfall pauschal beantworten. Entscheidend sei letztlich, ob der Kläger die Maßnahmen getroffen habe, die ein vernünftiger, wirtschaftlich denkender Mensch nach Lage der Dinge zur Minderung des Schadens ergreifen würde und die ihm nach Treu und Glauben zumutbar waren. Zwar dürften dem Geschädigten keine übermäßigen Anstrengungen abverlangt werden, andererseits dürfe er aber auch nicht sehenden Auges den längeren Ausfall der Nutzbarkeit einer in seinem Eigentum stehenden Sache in Kauf nehmen und einen monatlich fortschreitenden entgangenen Gewinn weiter auflaufen lassen.
Im konkreten Fall habe der Kläger den Mietausfall für einen Zeitraum von mehr als vier Jahren zugesprochen bekommen. Die Ausfallzeit bei der Weitervermietung der Wohnung auf dieses Maß zu reduzieren, sei dem Kläger im konkreten Einzelfall möglich und nach Treu und Glauben zumutbar gewesen.
Spätestens seit Ende 2013 sei die Beweissicherung beendet gewesen. Der Kläger hätte maximal 8.700 € für die Schadenbeseitigung in seiner Eigentumswohnung aufwenden müssen, um die Wohnung in einen vermietungsfähigen Zustand zu versetzen. Die Kosten für die Beseitigung der Schäden am Gemeinschaftseigentum hätte nicht der Kläger, sondern die Wohnungseigentümergemeinschaft vorstrecken müssen. Der Finanzierungsaufwand des Klägers habe demnach ganz erheblich unter den Mietausfallkosten gelegen. Unter diesen Umständen sei es dem Kläger auch zumutbar gewesen, einen Kredit für die Kosten der Schadensbeseitigung aufzunehmen.
Das Landgericht habe festgestellt, dass die erforderliche Sanierung einen Zeitraum von drei Monaten in Anspruch genommen hätte, die Neuvermietung der Wohnung mithin ab Februar 2014 möglich war. Nur bis dahin schulde die Versicherung den Mietausfall.

Den Wortlaut finden Sie in GE 2021, Seite 761 und in unserer Datenbank.


Links: