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Recht  →  Wohnungseigentumsrecht


Wirtschaftsplan ist vor der Beschlussfassung auszuhändigen
Aufklärung für Eigentümer
27.02.2019 (GE 3/2018, S. 160) Vor der Beschlussfassung über einen Wirtschaftsplan muss dieser den Eigentümern zur Verfügung gestellt werden.
Der Fall: Der Kläger und einer der Beklagten streiten in der zweiten Instanz nur noch um die Wirksamkeit eines am 15. Dezember 2016 beschlossenen Wirtschaftsplans für 2017. Der verbliebene Beklagte war nur für die Zeit bis zum 9. November 2013 zum Verwalter bestellt, lud aber dennoch zur Versammlung vom 15. Dezember 2016 ein und leitete diese. Die Zustellung der Anfechtungsklage verzögerte sich aus vom Kläger nicht zu vertretenden Gründen. Das AG hat den Beschluss über den Wirtschaftsplan für nichtig gehalten. Hiergegen die Berufung des ausgeschiedenen Verwalters als des Beklagten zu 5.

Das Urteil: Im Ergebnis ohne Erfolg. Entgegen der Annahme des AG ist der Beschluss über den Wirtschaftsplan nicht nichtig, aber wirksam angefochten und damit gleichermaßen für ungültig zu erklären.
Allerdings ist der Wirtschaftsplanbeschluss entgegen der Auffassung des Klägers ausreichend bestimmt. Dessen Einwendung, aus dem Protokoll gehe nicht hervor, welcher Wirtschaftsplan genau beschlossen worden sei, ist unbegründet, auch wenn der Wirtschaftsplan keine Datumsangabe enthält, nicht der Einladung zu der Eigentümerversammlung und schließlich auch nicht dem Protokoll der Versammlung beigefügt gewesen sei. Sowohl die jeweilige Bezeichnung des TOP als auch der jeweilige Antrag benennen den zu genehmigenden Wirtschaftsplan ausreichend konkret. Er selbst enthält die Jahresangabe 2017, was genügt. Für einen etwaigen Sonderrechtsnachfolger ist mit dieser Formulierung ohne Weiteres erkennbar, dass es sich um eine Bezugnahme auf außerhalb des Protokolls vorhandene Unterlagen handeln muss.
Eine geänderte Fassung des Wirtschaftsplans gibt es hier unstreitig nicht. Somit ist offensichtlich, dass über diesen einzig vorhandenen Wirtschaftsplan abgestimmt wurde. Der Beschluss ist aber für ungültig zu erklären, da er wirksam angefochten wurde. Wegen der Verzögerungen bei der Zustellung der Anfechtungsklage ist dem Kläger allerdings Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
Ungültigkeitsgrund ist aber, dass der Wirtschaftsplan 2017 unstreitig nicht vor der Versammlung den Eigentümern zur Verfügung gestellt worden ist. Damit wurde den Eigentümern nicht ausreichend ermöglicht, sich auf den Beschlussgegenstand vorzubereiten, die inhaltliche Richtigkeit und Vollständigkeit zu überprüfen und gegebenenfalls noch Einsicht in die verwaltungsinternen Unterlagen zu nehmen.

Anmerkung: Die lesenswerte Entscheidung enthält umfangreiche Ausführungen über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand für den Anfechtungskläger, weil es bei der Bestimmung des Zustellungsempfängers erhebliche Schwierigkeiten gegeben hat. Bei jeder Anfechtungsklage ist zugleich auch die eventuelle Nichtigkeit des angefochtenen Mehrheitsbeschlusses vom Gericht zu prüfen. Die Wohnungseigentümer müssen auch die Möglichkeit haben, vor der Beschlussfassung die vorgeschlagenen Beschlussanträge zu prüfen. Sie können sonst ihre Aufgabe zur ordnungsmäßigen Verwaltung nicht erfüllen. Die Nichtbeachtung der vorherigen Bekanntgabe führt aber nicht schon zur Nichtigkeit, gibt aber einen durchgreifenden Anfechtungsgrund. Merkwürdig nur, dass es dann auf inhaltliche Fehler der Jahresabrechnung überhaupt nicht ankommt.

Den Wortlaut finden Sie in GE 2019, Seite 195 und in unserer Datenbank.
Autor: VRiKG a. D. RA Dr. Lothar Briesemeister AKD Anwaltskanzlei Dittert


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