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Recht  →  Miet- & Zivilrecht


Landgericht Berlin hält Untervermietung auch bei Einzimmerwohnungen für möglich
Derzeitige Rechtslage erlaubt diese Verfahrensweise aber nicht
22.06.2022 (GE 11/2022, S. 551) Die für den Anspruch des Mieters auf Erlaubnis zur Untervermietung maßgebliche Vorschrift (§ 553 BGB) lautet in ihrem Satz 1 wie folgt: „Entsteht für den Mieter nach Abschluss des Mietvertrages ein berechtigtes Interesse, einen Teil des Wohnraums einem Dritten zum Gebrauch zu überlassen, so kann er von dem Vermieter die Erlaubnis hierzu verlangen.“ Ein Teil des Wohnraums: Dazu hat kürzlich schon das Amtsgericht Mitte (GE 2021, 189 mit ablehnender Anmerkung Bieber GE 2021, 152) gemeint, dass das auch bei einer Einzimmerwohnung zutreffen könne, und zwar dann, wenn ein Schlüssel einbehalten und persönliche Gegenstände zurückgelassen worden seien, weil in einem solchen Fall keine Aufgabe der Wohnung vorliege und (Mit-) Gewahrsam des Mieters fortbestehe. Auf dieser Linie liegt eine neue Entscheidung der ZK 67 des Landgerichts Berlin mit dem kryptischen Leitsatz: „Auch eine Einzimmerwohnung kann tauglicher Gegenstand der Gebrauchsüberlassung eines Teils des Wohnraums i.S.d. § 553 Abs. 1 Satz 1 BGB sein.“ Immerhin hat das Landgericht (ZK 67) die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.
Der Fall: Wegen eines im Ausland durchzuführenden beruflichen Projektes verlangt der klagende Mieter von den Beklagten die Erlaubnis zur zeitlich befristeten Untervermietung „eines Teils“ der von ihm angemieteten Einzimmerwohnung, wobei persönliche Gegenstände in einem Bauernschrank und einer Kommode im Wohnzimmer und in einem durch einen Vorhang abgetrennten Teil des Flures verbleiben sollten. Obwohl die Beklagten die Erlaubnis verweigerten, vermietete der Kläger die Wohnung unter und erhob anschließend eine entsprechende Klage auf Zustimmung.

Die Entscheidung: Das Amtsgericht Mitte wies die Klage ab, weil der Kläger ein berechtigtes Interesse i.S.d. § 553 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht hinreichend unter Beweisantritt dargelegt habe. Auf die Berufung änderte das Landgericht die amtsgerichtliche Entscheidung ab und gab der Klage statt. Sämtliche Voraussetzungen für die Annahme eines berechtigten Interesses lägen vor und seien vom Kläger nachvollziehbar dargelegt worden, ebenso habe er ausreichend Angaben zur Person des Untermieters getroffen. Auf die im Prozess von den Beklagten erklärte Kündigung wegen der ohne Erlaubnis erfolgten Untervermietung komme es nicht an, weil diese wegen der Pflicht zur Erteilung der Untermieterlaubnis rechtsmissbräuchlich gewesen sei. Dieser Verpflichtung stünde auch nicht entgegen, dass es sich hier um eine Einzimmerwohnung handele; das Gesetz stelle keine quantitativen Vorgaben hinsichtlich des beim Mieter verbleibenden Anteils des Wohnraums auf, sondern mache den Anspruch auf Gestattung lediglich vom Vorliegen eines berechtigten Interesses sowie davon abhängig, dass der Mieter nur einen Teil des Wohnraums einem Dritten überlasse. Im Falle einer Einzimmerwohnung könne er zwar kein eigenes Zimmer für sich behalten; eine Teilüberlassung i.S.d. § 553 BGB sei aber bereits gegeben, wenn der Mieter den Gewahrsam an dem Wohnraum nicht vollständig aufgebe. Hiervon sei auszugehen, wenn er einen gewissen Bereich in der Wohnung behalte, in dem er seine dort belassenen persönlichen Gegenstände lagere und zudem noch – wie hier – im Besitz eines Schlüssels bleibe.
Anmerkung: Das Landgericht zitiert zur Stützung seiner Auffassung, wonach auch eine Einzimmerwohnung Gegenstand einer Untervermietung sein kann, ein Urteil des Amtsgerichts Mitte vom 26. November 2020 (25 C 16/20, GE 2021, 189), zu dem von hier aus auch im Hinblick auf die Entstehungsgeschichte der Norm bereits ablehnend Stellung genommen worden ist (GE 2021, 152). Insoweit enthält die Begründung des wohl recht schnell verfassten Urteils des Landgerichts nichts Neues. Soweit das Landgericht mehrfach die Entscheidung des BGH vom 11. Juni 2014 (VIII ZR 349/13, GE 2014, 998) zitiert, muss allerdings auf Folgendes hingewiesen werden: Unter Rn. 30 führt der BGH aus, dass von einer Überlassung eines Teils des Wohnraums an Dritte regelmäßig bereits dann auszugehen sei, wenn der Mieter den Gewahrsam an dem Wohnraum nicht vollständig aufgebe, sondern – wie im dort entschiedenen Fall – ein Zimmer einer größeren Wohnung zurückbehalte. Es fällt deshalb schwer, den BGH als Beleg für die Zulässigkeit der Untervermietung eines Teils einer Einzimmerwohnung heranzuziehen, zumal auch der Hinweis auf den Gewahrsamsbehalt nicht weiterhilft. Gewahrsam i.S.d. § 242 Abs. 1 StGB ist die vom Herrschaftswillen getragene tatsächliche Sachherrschaft (BGHSt. 8, 273 Rn. 8; MünchKommBGB/Schäfer, 8. Aufl., § 854 Rn. 10), wobei die Besitzregelungen des BGB nicht gelten. Danach hat ein mittelbarer Besitzer wie z. B. der Mieter im Falle der Untervermietung zwar „Besitz“, jedoch keinen Gewahrsam. Wie also kann dann – wie hier – durch Zurücklassung einer Truhe und Abgrenzung eines Flurteils durch einen Vorhang „Gewahrsam“ an einem Teil der Wohnung (!) begründet werden? An der Truhe oder den hinter dem Vorhang befindlichen Gegenständen mag zwar noch Gewahrsam bestehen, nicht jedoch an irgendeinem zuzuordnenden Teil der Wohnung. Diese „Konstruktion“ stellt sich als Hilfsmittel dar, um einerseits die Mobilität des Mieters zu ermöglichen und andererseits den Erhalt der Wohnung zu rechtfertigen; die derzeitige Rechtslage erlaubt diese Verfahrensweise m. E. nicht.

Den Wortlaut finden Sie in GE 2022, Seite 582 und in unserer Datenbank.
Autor: VRiKG a.D. Hans-Jürgen Bieber


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