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Recht  →  Miet- & Zivilrecht


Inhaltliche Anforderungen an eine der fristlosen Kündigung vorausgehende Abmahnung
Belästigung, Bedrohung, Beleidigung von und Angriff auf Mitmieter
06.06.2022 (GE 9/2022, S. 450) Die inhaltlichen Anforderungen an eine der fristlosen Kündigung vorausgehende Abmahnung sind erfüllt, wenn in der Abmahnung das vertragswidrige Verhalten des Mieters in Form von Belästigung, Bedrohung und Beleidigung von Mitmieterinnen des Mehrfamilienhauses sowie einem tätlichen Angriff gegen den Partner einer Mitmieterin, der zu einem Polizeieinsatz führte, dargestellt wird. Eine drogeninduzierte Psychose kann der Mieter nicht zu seinen Gunsten geltend machen.
Der Fall: Ein drogenkranker Mieter hatte Mitmieter belästigt, bedroht, beleidigt und den Partner einer Mitmieterin tätlich angegriffen, was zu einem Polizeieinsatz führte.
Die Vermieterin mahnte ihn deshalb ab. Nach Zugang der Abmahnung sprach er bei anlasslosen Aufenthalten im Hausflur weitere Drohungen aus („alle sollen aufpassen“). Die Vermieterin kündigte daraufhin fristlos – mit Erfolg!

Der Beschluss: Die Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung nach § 543 Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 BGB liegen vor. Ohne Erfolg macht der Beklagte geltend, das in der Abmahnung beanstandete Verhalten nicht fortgesetzt zu haben. Er überspannt die Anforderungen an eine Abmahnung und nachfolgende Kündigung. Die nach § 543 Abs. 3 BGB erforderliche Abmahnung soll dem Mieter Gelegenheit zur Änderung seines Verhaltens geben und ihn vor den Folgen der Fortsetzung seines vertragswidrigen Verhaltens warnen.
Das in der Abmahnung dargestellte vertragswidrige Verhalten des Beklagten bestand in der Belästigung, Bedrohung und Beleidigung von Mitmieterinnen des Mehrfamilienhauses sowie einem tätlichen Angriff gegen den Partner einer Mitmieterin, der zu einem Polizeieinsatz führte. Dieses Verhalten belastet ganz erheblich und nachhaltig den Hausfrieden, insbesondere das störungs- und angstfreie Zusammenleben in einem Mehrfamilienhaus.
Möglicherweise hat dieses Verhalten eine Abmahnung sogar entbehrlich gemacht. Denn der Beklagte hat nach Zugang der Abmahnung die durch ihn geschaffene Bedrohungslage aufrechterhalten, indem er bei anlasslosen Aufenthalten im Hausflur weitere Drohungen aussprach („alle sollen aufpassen“). Vor dem Hintergrund des sogar tätlichen Angriffs auf den Partner einer Mitmieterin musste diese sich keiner Gefahr aussetzen und nachfragen, wie ernst der Beklagte seine Drohungen meint. Jeder Mieter hat einen Anspruch darauf, dass der Vermieter dafür Sorge trägt, dass ihm ein angst- und bedrohungsfreies Bewohnen möglich ist. Der Beklagte selbst räumte in der Berufung ein, dass das „mulmige Gefühl“ der Mitmieterin nachvollziehbar sei.
Eine psychische Erkrankung kann der Beklagte trotz Diagnose (drogeninduzierte Psychose) nicht zu seinen Gunsten geltend machen. Nichts deutet darauf hin, dass er gegen seinen Willen Drogen konsumiert hat. Die Empfehlung zur Behandlung beschränkt sich auf Suchtberatung und Drogenabstinenz. Dass der Beklagte psychisch krank ist, ergibt sich daraus nicht. Ihm ist zuzumuten, sich beraten zu lassen und vom Drogenkonsum abzusehen.

Den Wortlaut finden Sie in GE 2022, Seite 473 und in unserer Datenbank.


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