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Recht  →  Miet- & Zivilrecht


Rechtsmissbräuchliche Eigenbedarfskündigung für Vorstandstochter durch eine Aktiengesellschaft
Nach Schenkung eines Mini-Anteils an einer Eigentumswohnung
01.10.2021 (GE 16/2021, S. 973) Die Schenkung eines Mini-Miteigentumsanteils an einer Wohnung durch ein Unternehmen an einen Dritten zur Verschaffung einer formalen „minimalen“ Miteigentümerstellung und Mitvermieterstellung, mit der allein das Ziel verfolgt wird, dem Dritten die Möglichkeit einer dem Unternehmen als juristischer Person nicht zustehenden Eigenbedarfskündigung zu verschaffen, kann rechtsmissbräuchlich sein.
Der Fall: Die Klägerin zu 1) ist eine Aktiengesellschaft, die Klägerin zu 2) ist die Tochter eines der Vorstände und Mehrheitsgesellschafters der Klägerin zu 1), welche die Wohnung 2015 erwarb. Sie hat der damals gerade volljährig gewordenen Klägerin zu 2) einen 5/100 Miteigentumsanteil an der Wohnung schenkweise übertragen, um ihr eine Kündigungsmöglichkeit wegen Eigenbedarfs zu schaffen. Die Kläger verlangen von der Beklagten, welche die 2 1/2-Zimmer-Wohnung 2004 aufgrund eines noch mit der Rechtsvorgängerin der Klägerin zu 1) abgeschlossenen Mietvertrages bewohnt, Räumung und Herausgabe. Die Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Das Landgericht hat die Eigenbedarfskündigung für rechtsmissbräuchlich gehalten, weil die Klägerin zu 1) als juristische Person keinen Eigenbedarf geltend machen könne und dies durch die Schenkung eines unbedeutenden Miteigentumsanteils an die Klägerin zu 2) lediglich umgangen werden sollte, hat aber Revision zugelassen.

Der Beschluss: Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision lagen nicht vor. Das Landgericht hat die Zulassung der Revision damit begründet, es sei zwar geklärt, dass eine AG keinen Eigenbedarf geltend machen könne, doch fehle bislang eine hinreichende Klärung diesbezüglicher Umgehungstatbestände. Der BGH maß der Sache weder grundsätzliche Bedeutung noch ein Erfordernis zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung bei. Die Beantwortung der Frage, ob ein Verhalten als treuwidrig oder rechtsmissbräuchlich (§ 242 BGB) zu bewerten sei, hänge von den besonderen Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab und entziehe sich deshalb einer allgemeinen Betrachtung im Sinne einer mit der Zulassung erstrebten Grundsatzentscheidung.
Die Revision habe auch keine Aussicht auf Erfolg. Das Landgericht habe die Klage rechtsfehlerfrei abgewiesen, denn das Verhalten der Klägerinnen sei rechtsmissbräuchlich gewesen. Der Klägerin zu 2 sei mit der schenkweisen Übertragung eines 5/100 Miteigentumsanteils formal eine „minimale“ Miteigentümerstellung und Mitvermieterstellung verschafft worden, mit der ersichtlich allein das Ziel verfolgt wurde, eine der Klägerin zu 1) als juristischer Person nicht mögliche Eigenbedarfskündigung zugunsten der Tochter eines Vorstandsmitglieds zu verwirklichen, ohne dass mit der Übertragung eine nennenswerte Änderung der Eigentums- bzw. der wirtschaftlichen Verhältnisse an der Immobilie verbunden war. Diese Vorgehensweise habe das Berufungsgericht zulässigerweise als rechtsmissbräuchlich gewürdigt.

Den Wortlaut finden Sie in GE 2021, Seite 999 und in unserer Datenbank.


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