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Recht  →  Miet- & Zivilrecht


Kein Anspruch gegen den Mitmieter einer Wohngemeinschaft auf Kündigung des Mietvertrags
Anders nur bei treuwidriger Verweigerung
12.07.2021 (GE 12/2021, S. 731) Bei einer privaten Wohngemeinschaft auf Basis eines von mehreren Personen als gemeinsame Mieter begründeten Mietverhältnisses handelt es sich nicht um eine Bruchteilsgemeinschaft, sondern um eine BGB-Gesellschaft, die keinem Gesellschafter einen Aufhebungsanspruch in Form eines Anspruchs auf Kündigung durch die übrigen Mitmieter verschafft, es sei denn, dass im Einzelfall das Festhalten am Mietvertrag treuwidrig wäre.
Der Fall: Die Beschwerdegegnerin verlangt von ihrer Mitbewohnerin, der Beschwerdeführerin, der Kündigung des gemeinsam abgeschlossenen Mietvertrags zuzustimmen, weil sie aus der Wohnung aus- und mit ihrem Freund zusammenziehen wolle; die Beschwerdeführerin wollte daraufhin die Wohnung künftig als alleinige Mieterin bewohnen. Beide ließen der Hausverwaltung einen entsprechenden Übernahmevertrag zukommen. Hausverwaltung und Vermieter waren dazu aber nur bereit, wenn auch das Mietverhältnis mit der Beschwerdeführerin zum 31. Oktober 2020 enden würde. Parallel dazu kündigte die Beschwerdegegnerin zweimal, zum Teil fristlos, zum Teil fristgemäß, um sich aus dem Mietverhältnis zu lösen.
Die Beschwerdeführerin ging von einem Fortbestand des Mietverhältnisses aus und erklärte sich bereit, die Miete für die Wohnung ab Juli 2020 alleine zu zahlen. Eine Zustimmung zu einer Kündigung des Mietverhältnisses erklärte sie trotz Aufforderung durch die Beschwerdegegnerin nicht. Das AG gestand der Beschwerdegegnerin einen Anspruch auf Kündigung durch die Beschwerdeführerin zu. Das LG sah das anders.

Der Beschluss: Die Annahme des Amtsgerichts, der Beschwerdegegnerin stünde ein Anspruch auf Aufhebung der Gemeinschaft gegen die Beschwerdeführerin zu und sie könne jederzeit und ohne weitere Voraussetzungen die Zustimmung zu einer Kündigung des gemeinsam abgeschlossenen Mietvertrags verlangen, treffe nicht zu. Bei einer privaten Wohngemeinschaft, einem von mehreren Personen als gemeinsame Mieter begründeten Mietverhältnis, handele es sich nicht um eine Bruchteilsgemeinschaft, sondern um eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, eine sog. „Innen-GbR“, soweit nichts anderes vereinbart wurde.
Die Möglichkeit eines Mieters, von seinem Mitmieter und -bewohner jederzeit ohne weitere Voraussetzungen und nur unter dem Vorbehalt unbilliger Härte die Kündigung zu verlangen, würde auch der Interessenlage einer Wohngemeinschaft regelmäßig nicht gerecht. Dadurch würde für einen Mitbewohner die Möglichkeit geschaffen, ausgehend von dem einseitigen Wunsch, auszuziehen, die Auflösung des Mietverhältnisses betreffend die gesamte Wohngemeinschaft und damit unter Umständen den Auszug aller Mitbewohner zu erzwingen.
Allerdings könne auch der Wunsch eines Mitbewohners, am Mietvertrag festzuhalten, dem Auszugswunsch des anderen nicht absolut und einschränkungslos entgegengehalten werden. Ein Ausgleich zwischen solchen widerstreitenden Interessen sei im Innenverhältnis zwischen den Mietern über die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht, die die Mieter als Mitglieder einer „Innen-GbR“ treffe, herzustellen. Im Ergebnis werde danach ein Anspruch auf Zustimmung zur Kündigung bestehen, wenn sich das Festhalten am Mietvertrag durch einen der Mieter im Einzelfall als treuwidrig darstellt. Dies dürfte insbesondere dann anzunehmen sein, wenn sich ein Mitbewohner dauerhaft einer einvernehmlichen Lösung verweigert und die Kündigung auch für die Zukunft kategorisch ausschließe.
Das sei hier nicht der Fall, weil die Beschwerdeführerin die Mietkosten in voller Höhe alleine zu tragen bereit war und diese Lösung der von der Beschwerdegegnerin begehrten „Entlassung“ aus dem Mietverhältnis wirtschaftlich entsprochen hätte.

Den Wortlaut finden Sie in GE 2021, Seite 768 und in unserer Datenbank.


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