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Recht  →  Miet- & Zivilrecht


Kein Formverstoß, kein Zahlungsverzug: Störung der Geschäftsgrundlage
Kündigung eines Hotelmietvertrages
17.05.2021 (GE 8/2021, S. 473) Nach wie vor werden Schriftformverstöße bemüht, um die ordentliche Kündigung eines längerfristigen Mietvertrages zu rechtfertigen. Mietrückstände berechtigen hierzu natürlich auch; allerdings können wegen der Corona-Pandemie das Kündigungsmoratorium nach Art. 240 §§ 2 Abs. 1, 4 EGBGB sowie die Störung der Geschäftsgrundlage entgegenstehen. Diese Gesichtspunkte waren für eine Entscheidung des Kammergerichts maßgeblich, in der es um die Einstellung der Zwangsvollstreckung aus einem Landgerichtsurteil ging, durch das eine Hotelbetreiberin nach Kündigung des Vertrags zur Räumung verurteilt wurde.
Der Fall: Der Kläger hatte das Mietverhältnis mit der Beklagten, die auf dem gemieteten Grundstück ein Hotel betreibt, mehrfach gekündigt, und zwar am 2. Oktober 2019 ordentlich wegen Nichteinhaltung der Schriftform, am 13. Mai 2020 außerordentlich wegen Zahlungsverzugs in den Monaten April und Mai 2020 und am 13. Januar 2021 ebenfalls außerordentlich wegen Zahlungsverzugs in den Monaten November 2020 bis Januar 2021. Nachdem das Landgericht der Räumungsklage stattgegeben hatte, legte die Beklagte Berufung ein und beantragte die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung.

Die Entscheidung: Das Kammergericht stellte die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von sechs Monatsmieten (107.100 €) ein, weil der Berufung eine Erfolgsaussicht nicht abzusprechen sei. Die Begründung des landgerichtlichen Urteils trage die ausgesprochene Verurteilung nicht, und zwar weder hinsichtlich der Nichteinhaltung der Schriftform noch wegen des Zahlungsverzugs. Soweit es einen Mangel der Schriftform angehe, könne sich der Kläger weder auf die fehlende Beifügung von Anlagen zum Mietvertrag, noch auf Widersprüche hinsichtlich der Vereinbarung und der tatsächlichen Zahlung von Betriebskostenvorschüssen, noch auf Ungeschicklichkeiten beim Ausfüllen des Mietvertrages („Zeitmietvertrag“), noch auf das Fehlen von Regelungen zur Miethöhe nach Ablauf der Festmietzeit, noch auf eine Unbestimmbarkeit der Stellplätze, noch auf einen fehlenden Vertretungszusatz auf Mieterseite und schließlich auch nicht auf Unklarheiten hinsichtlich der Verlängerungsoption berufen. Soweit es die Kündigungen wegen Mietzahlungsverzug angehe, stehe derjenigen vom 13. Mai 2020 das Kündigungsmoratorium nach Art. 240 §§ 2 Abs. 1, 4 EGBGB entgegen, derjenigen vom 13. Januar 2021 die Grundsätze über die Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB, weil die Beklagte dem Anspruch der Klägerin auf Mietzahlung einen solchen auf Anpassung der Miete an die grundlegend veränderten Verhältnisse infolge der Pandemie nach § 313 BGB einredeweise entgegenhalten könne. Weil die Vollstreckung aus dem landgerichtlichen Urteil zur Aufgabe des Hotelbetriebs der Beklagten und damit zu erheblichen Nachteilen führen würde, entspräche es der regelmäßigen Praxis des Senats, eine Sicherheitsleistung in Höhe von sechs Monatsmieten für die Einstellung der Zwangsvollstreckung festzusetzen.

Den Wortlaut finden Sie in GE 2020, Seite 501 und in unserer Datenbank.
Autor: RAuN Dr. Michael Schultz (Müller Radack Schultz)


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