Grundeigentum-Verlag GmbH
grundeigentum-verlag
Verlag für private und unternehmerische Immobilien
Anzeige

Recht  →  Miet- & Zivilrecht


Glaubhafte Schilderung in Einzelheiten nötig
Nachweis für Eigenbedarf
18.12.2020 (GE 22/2020, S. 1462) Nach einer Kündigung wegen Eigenbedarfs ist im Streitfall vom Vermieter voller Beweis zu erbringen, auch wenn es sich zum Teil um innere Tatsachen handelt, die nur durch Indizien belegt werden können. Fehlen konkrete Einzelheiten oder werden sie widersprüchlich geschildert, kann eine Räumungsklage abgewiesen werden.
Der Fall: Vorliegend machte der (vermögende) Kläger an der vermieteten Eigentumswohnung Eigenbedarf für seinen Sohn geltend. Er trug vor, momentan mit seinem Sohn in einer (anderen) Wohnung unter beengten Verhältnissen zusammenleben zu müssen. Während das AG noch die Widersprüchlichkeiten in den Aussagen des Klägers und seines Sohnes für irrelevant hielt und der Räumungsklage stattgab, führte eine erneute Vernehmung vor dem LG dazu, dass die in den Aussagen des Klägers und seines Sohns aufgetretenen Widersprüche, selbst wenn sie sich nur auf „Randgeschehen“ bezogen, dass das LG nicht mit der erforderlichen Gewissheit vom Eigenbedarf überzeugt werden konnte und die Klage abgewiesen wurde.

Das Urteil: Das LG Berlin war nach der Beweisaufnahme nicht vom Eigenbedarf überzeugt. Sowohl der Kläger als auch sein Sohn hätte die derzeitige beengte Wohnsituation nicht konkret geschildert, sondern nur zögerlich, vage und „durch ein auffälliges Fehlen jeglicher realitätstypischer Details geprägt“. Trotz wiederholter Nachfragen sei der typische Tagesablauf in dem angeblich gemeinsam geführten Haushalt nur stichwortartig ohne lebensnahe Details geschildert worden, in Einzelheiten sogar widersprüchlich, nämlich ob ein Kühlschrank vorhanden war oder nicht. Auch die Angaben über einen weiteren Immobilienbesitz seien widersprüchlich, sodass der Beweis für den geltend gemachten Eigenbedarf als nicht erbracht anzusehen sei.

Anmerkung der Redaktion: Die Überprüfung von Parteiangaben und Zeugenaussagen auf Glaubhaftigkeit gehört zu den schwierigsten Aufgaben für einen Richter. Je mehr Einzelheiten plastisch geschildert werden, umso glaubhafter ist die Aussage. Parteien und (am Erfolg interessierte) Zeugen sollten das beachten und sich nicht mit vagen Allgemeinplätzen begnügen.

Den Wortlaut finden Sie in GE 2020, Seite 1496 und in unserer Datenbank. 
Autor: RiAG a. D. Rudolf Beuermann


Links: