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Recht  →  Miet- & Zivilrecht


Duldungspflicht des Mieters im Milieuschutzgebiet
Nur „Modernisierung light“
24.07.2020 (GE 13/2020, S. 836) Die Duldungspflicht des Mieters erstreckt sich grundsätzlich nicht auf öffentlich-rechtlich unzulässige Maßnahmen, so dass er solche Baumaßnahmen, die nach dem Kriterienkatalog der Berliner Bezirke in den sog. Milieuschutzgebieten unzulässig sind, auch nicht zu dulden braucht.
Der Fall: Die Klägerin wollte in einem Haus, das im Neuköllner Milieuschutzgebiet Reuterplatz liegt, einen neuen Aufzug einbauen. Die Mieterin wollte den Einbau nicht dulden, wozu sie das AG offensichtlich verurteilte. Die Parteien haben den Rechtsstreit in der Berufung im Rahmen eines Vergleiches in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt. Vorliegend war nur noch über die Kosten zu entscheiden. Das Landgericht legte der Klägerin die Kosten auf.

Der Beschluss: Die Klage wäre abzuweisen gewesen, soweit die Beklagte zur Duldung des Neubaus des Aufzuges verurteilt worden ist. Die Klägerin hatte keinen Anspruch auf Duldung der Arbeiten.
Die Duldungspflicht des Mieters erstrecke sich grundsätzlich nur auf (bau-) rechtlich zulässige Maßnahmen. Das Gebäude, in dem die Baumaßnahme verwirklicht werden solle, liege in einem Erhaltungsgebiet nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB (Milieuschutzgebiet). Nach den vom Neuköllner Bezirksamt beschlossenen Genehmigungskriterien für Gebiete mit Verordnungen zur Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung bedürfe der Anbau eines Aufzugs einer Genehmigung. Die ältere Entscheidung des Landgerichts Berlin (Urteil vom 20. Juli 1992 - 62 S 94/92 -, GE 1992, 981), wonach die öffentlich-rechtliche Zulässigkeit einer geplanten Modernisierungsmaßnahme keine Voraussetzung des Duldungsanspruchs nach der früheren Duldungsvorschrift § 541b BGB sei, ist überholt. Die Zivilgerichte hätten den geltend gemachten Anspruch umfassend und uneingeschränkt auch rechtswegüberschreitend in eigener Sachkompetenz zu prüfen.
Die Klägerin habe auch die Kosten des Vergleichs zu tragen, denn sie habe keinen
Anspruch auf die im Vergleich getroffenen Regelungen gehabt. Die seien nur ein Entgegenkommen der Beklagten gewesen.

Den Wortlaut finden Sie in GE 2020, Seite 877 und in unserer Datenbank.


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