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Recht  →  Miet- & Zivilrecht


„Huso“ und Drohungen auf Facebook
Fristlose Kündigung des Mietverhältnisses wegen Beleidigung des Vermieters
28.11.2019 (GE 20/2019, S. 1276) Wird der Vermieter von dem Mieter in einem sozialen Netzwerk als „Huso“ beschimpft und/oder mit körperlicher Gewalt bedroht, ist der Vermieter zur fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigt – gleichgültig, ob mit der Abkürzung „Huso“ nun „Hurensohn“ oder „Hundesohn“ gemeint ist.
Der Fall: Der Kläger (Vermieter) verlangt vom Beklagten Räumung und Herausgabe der Wohnung sowie Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten. Dem Beklagten war mehrfach wegen Zahlungsverzugs gekündigt worden, außerdem hatten sich zahlreiche Bewohner eines Nachbarhauses über die von dem Beklagten ausgehende Lärmbelästigung in Form von lauter Musik beklagt. Im Rahmen dieses Kleinkriegs äußerte sich der Beklagte auf seinem Facebook-Profil in mehreren Beiträgen über mehrere Wochen öffentlich so:
1. „Toll… habe Querulanten als Nachbarn, Wohnen aber im Nachbarhaus eine Etage drunter… Wie können die dann meine Musik hören??? Geht eigentlich gar nicht. Vermieter war eben bei mir und droht mit Kündigung [vier lachende Smileys]. Dieser Huso kann mich mal, wie geht das in den Städten weiter? Anscheinend will dieses Land Bürgerkriege.“
2. „WAS ERWARTEN DIE???! Was erwarten Menschen von anderen Menschen wenn man Löwen in Käfige sperrt und sie in die Enge treibt? Yorlin????*) Das sie dein Schwanz lecken anstatt zu beißen? Dieser Vermieter geht zu weit das hat jetzt nach 11 Strafanzeigen ein Ende. Regel das jetzt selbst.“ [Rechtschreib- und Grammatikfehler im Original].
3. „Schon wieder fristlose Kündigung Mietvertrag bekommen, wollen die das sich durchdrehe???“ (dieser Beitrag war mit Kot-Smileys hinterlegt [Rechtschreib- und Grammatikfehler im Original]).
Daraufhin kündigte der Kläger fristlos, weil der Beklagte ihn beleidigt und bedroht habe.

Das Urteil: Dem Kläger steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Räumung und Herausgabe zu sowie die vorgerichtlichen Anwaltskosten.
Gründe für eine fristlose Beendigung des Mietverhältnisses liegen vor. Grobe und/oder öffentliche formale Beleidigungen einer Vertragspartei können zur außerordentlichen Kündigung berechtigen, ebenso tätliche Angriffe des Mieters auf den Vermieter sowie diesbezügliche Bedrohungen von Leib und Leben des Vermieters.
Der gepostete Beitrag „Schon wieder fristlose Kündigung Mietvertrag bekommen, wollen die das sich durchdrehe???“ stellt eine Drohung gegenüber dem Kläger dar. Der Inhalt einer Erklärung ist regelmäßig durch eine am objektiven Empfängerhorizont orientierte Auslegung gemäß zu ermitteln. Die rhetorische Frage, ob „die wollen, dass er durchdrehe“, enthalte einen bedrohenden Charakter, denn im allgemeinen Sprachgebrauch werde in einem solchen Zusammenhang „durchdrehen“ mit einem Angriff auf die körperliche Unversehrtheit und/oder die Ehre verbunden.
Auch seine Äußerung, dass „der Vermieter zu weit gehe“, er „regel[e] das jetzt selbst“, und dass er davor von Löwen geschrieben habe, die in Käfige gesperrt und in die Enge getrieben werden, sei bei verständiger Auslegung nur als Drohung in Bezug auf den Kläger zu verstehen.
Die Kündigung sei gleichfalls aufgrund der erfolgten Beleidigung des Beklagten gegenüber dem Kläger gerechtfertigt. Mit der Bezeichnung „Huso“ sei zweifelsfrei der Vermieter gemeint gewesen. Die Bezeichnung „Huso“ werde – was gerichtsbekannt sei – allgemein als Abkürzung für das Wort „Hurensohn“ benutzt und habe einen beleidigenden Charakter in vielen Ländern der westlichen Welt, so beispielsweise im englischsprachigen Raum mit der Bezeichnung „son of a bitch“ oder in der französischen Sprache mit der Bezeichnung „fils de pute“. Der Einwand des Beklagten, mit der Bezeichnung könne beispielsweise auch „Hundesohn“ gemeint sein, sei einerseits aufgrund des allgemeinen Sprachgebrauchs fernliegend und andererseits stelle auch dies eine Beleidigung dar. Dem Kläger werde als Sohn eines Hundes das Menschsein abgesprochen. Der Beklagte habe den Kläger daher in dem unmittelbaren Kern seines Menschseins und damit in seiner Würde angegriffen.
Es sei einem Vermieter nicht zuzumuten, sich von einem Mieter dergestalt bezeichnen zu lassen. Dabei sei im Rahmen der vorzunehmenden Interessensabwägung insbesondere zu berücksichtigen, dass der Beklagte die Äußerung nicht in einem privaten Rahmen getätigt habe, sondern öffentlich. Auch sei die Äußerung nicht im Rahmen der Wahrnehmung berechtigter Interessen erfolgt.
Sofern der Beklagte in Abrede stelle, dass er die Beiträge öffentlich eingestellt habe, sei das Bestreiten unsubstantiiert. Der Beklagte habe nicht in Abrede gestellt, dass es sich bei den streitgegenständlichen Beiträgen um Ausdrucke von seinem Facebook-Profil handele. Dieses sei – was gerichtsbekannt ist – passwortgeschützt, so dass lediglich solche Personen einen Beitrag verfassen könnten, die über ein Passwort verfügten. Dies treffe zunächst regelmäßig auf den Inhaber des Profils zu, mithin auf den Beklagten. Sofern der Beklagte daher in Abrede stelle, den Beitrag verfasst zu haben, habe es eines substantiierten Vortrages bedurft, worauf der Beklagte ausdrücklich hingewiesen worden sei.

*) Yorlin Gonzales ist ein Düsseldorfer Fitnesstrainer. Motto: „Alles soll leicht, elegant und von Freude sein.“

Den Wortlaut finden Sie in GE 2019, Seite 1313 und in unserer Datenbank.


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