Grundeigentum-Verlag GmbH
grundeigentum-verlag
Verlag für private und unternehmerische Immobilien
Anzeige

Recht  →  Miet- & Zivilrecht


Insolvenzverwalter: Von zwei Sozialwohnungen darf er eine kündigen
Mieter pleite
21.08.2019 In München herrscht Wohnungsknappheit. Da ist es unverständlich, dass es einem Mieter gelingt, zwei Sozialwohnungen zu mieten – und tatsächlich in Berlin zu wohnen. Ans Tageslicht kam alles, weil der Mieter Privatinsolvenz anmelden musste. Der Insolvenzverwalter kündigte eine der vom insolventen Mieter(Beklagter) nicht selbst bewohnte Wohnung. Und das durfte er.
Der Fall: Die auf Räumung und Herausgabe klagende Vermieterin trägt vor, beim Beklagten handle es sich um einen amtsbekannten Mieter diverser Sozialwohnungen, die er unbefugt an Dritte, insbesondere an sog. Medizintouristen, für teures Geld weitervermiete. Schon bei einem Polizeieinsatz 2016 sei festgestellt worden, dass der Beklagte die Streitwohnung nicht selbst bewohnt habe, weshalb die Klägerin am 16. Mai 2018 amtlich aufgefordert worden sei, dem Beklagten zum nächstmöglichen Zeitpunkt zu kündigen. Bevor die Klägerin reagieren konnte, kündigte der zwischenzeitlich für das Vermögen des Beklagten bestellte Insolvenzverwalter am 22. Mai 2018 die Wohnung. Der Beklagte hatte Ende 2018 in einem anderen Räumungsverfahren wg. einer von ihm gemieteten weiteren Sozialwohnung vorgetragen, jene Wohnung nicht nur zu bewohnen, sondern auf sie auch zur Berufsausübung als Chauffeur angewiesen zu sein, da sie nur drei Gehminuten von der Garage seines Arbeitgebers entfernt sei. In jener Verhandlung gab sein Anwalt an, der Beklagte wohne tatsächlich aber derzeit in Berlin. Damit vorliegend konfrontiert erklärte der Beklagte, eben zwei Wohnungen zu bewohnen. Nach Berlin habe er sich nur pro forma ummelden müssen. Die Verwertung des anderen Räumungsverfahrens sei unzulässig.

Das Urteil: Das AG München verurteilte zu Räumung und Herausgabe. Für das Gericht stehe fest, dass es sich bei der Streitwohnung gerade nicht um die vom Beklagten selbstgenutzte Wohnung handele, sondern dass der Beklagte jedenfalls seit dem 31. Juli 2018 in Berlin gemeldet sei und im (Parallel-)Verfahren am 4. Dezember 2018 unstreitig gestellt habe, dass es sich dabei um seine Wohnsitzadresse handelt.
Es sei schlicht nicht vorstellbar, dass er aus seiner Wohnung in München-Am Hart kurzfristig 9 km in die Wohnung in München-Arabellapark fahre, um dort in 3 Gehminuten die Garage seines Arbeitgebers erreichen zu können.
Zudem bleibe der Beklagte eine Erklärung schuldig, warum er Anspruch auf zwei Sozialwohnungen haben sollte. In München herrsche massive Wohnungsnot. Es gebe mindestens 10.000 Wohnungssuchende auf Rangstufe 1 in München, die dringend auf eine geförderte Wohnung angewiesen seien. Deswegen sei es geradezu skandalös, dass der Beklagte hier eine Neuvermietung staatlich geförderten Wohnraums mit derartigen Mitteln torpediere und verhindere.

Anmerkung: Nach Zurückweisung der Berufung vom 18. April 2019 rechtskräftig.

AG München, Urteil vom 20. Dezember 2018 - 473 C 17391/18


Links: