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Recht  →  Miet- & Zivilrecht


Verfahrenskosten bei einstweiliger Verfügung gegen Besitzstörer
Betreten des Grundstücks verboten!
12.10.2018 (GE 18/2018, S. 1106) § 91a der Zivilprozessordnung (ZPO) regelt, wer die Kosten trägt, wenn die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben. Hauptsache in diesem Zusammenhang ist bei einem einstweiligen Verfügungsverfahren nicht der zu sichernde materielle Verfügungsanspruch, sondern vielmehr die begehrte Rechtsfolge auf einstweilige Regelung oder Sicherung, mithin der Verfügungsgrund.
Der Fall: Ein Eigentümer beantragte, zwei Arbeitern das Betretens seines Grundstücks und die Durchführung von Maurerarbeiten an einer auf seinem Grundstück befindlichen Ziegelmauer per einstweiliger Verfügung zu untersagen. Im Laufe des Verfahrens erklärten die Parteien das einstweilige Verfügungsverfahren übereinstimmend für erledigt, so dass nur noch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden war.

Der Beschluss: Das AG Brandenburg a. d. Havel legte die Gerichtskosten dem Verfügungskläger und dem Verfügungsbeklagten zu 1. jeweils zu 50 % auf. Von den außergerichtlichen Kosten des Verfahrens hatte der Verfügungskläger die der Verfügungsbeklagten zu 2. in voller Höhe und die Hälfte seiner eigenen zu tragen. Der Verfügungsbeklagte zu 1. hatte seine eigenen außergerichtlichen Kosten in voller Höhe selbst sowie die außergerichtlichen Kosten des Verfügungsklägers hälftig zu tragen. Dem Verfügungskläger stehe grundsätzlich ein Anspruch auf Unterlassung des Betretens seines Grundstücks und auf Untersagung von Maurerarbeiten an einer auf dem Grundstück befindlichen Mauer gegenüber den Verfügungsbeklagten zu 1. und 2. zu. Es begeht nämlich grundsätzlich jede dritte Person eine verbotene Eigenmacht, die ohne Willen des Grundstückseigentümers dessen Grundstück betrete und dort dann sogar noch Maurerarbeiten an einer Mauer auf dessen Grundstück vornehme. Seien insofern aufgrund eines konkreten Anlasses auch noch künftige Störungen zu befürchten, so könne der Eigentümer vorbeugend deren Unterlassung auch im einstweiligen Verfügungsverfahren verlangen. Eine „Hauptsache“ eines einstweiligen Verfügungsverfahrens hätte hier aber nur dann vorgelegen, wenn der Verfügungskläger auch dringend der sofortigen Erfüllung des hier geltend gemachten Anspruchs auf Unterlassung bedurft hätte, die geschuldete Handlung also derartig kurzfristig hätte erbracht werden müssen, dass die Erwirkung eines Titels im ordentlichen Zivilverfahren nicht mehr möglich erschienen sei und die dem Kläger drohenden Nachteile derart schwer gewogen hätten, dass sie außer Verhältnis zu den Nachteilen gestanden hätten, die die Verfügungsbeklagten bei Erlass der einstweiligen Verfügung erlitten hätten. Ob insofern auch ein Verfügungsgrund als „Hauptsache“ des einstweiligen Verfügungsverfahrens vorgelegen habe, sei zwischen den Parteien streitig geblieben, jedoch sprächen gewichtige Gründe für das Vorliegen eines Verfügungsgrundes bezüglich des Verfügungsbeklagten zu 1., da dieser unstreitig ohne Einwilligung des Verfügungsklägers an der Mauer Arbeiten vorgenommen habe. Jedoch sprächen ebenso gewichtige Gründe dafür, dass hinsichtlich der Verfügungsbeklagten zu 2. ein derartiger Verfügungsgrund nicht gegeben gewesen sei, da diese – unstreitig – an der streitbefangenen Ziegelmauer gerade keine Maurerarbeiten vorgenommen habe. Bei einer summarischen Prüfung sprächen hier nur Gesichtspunkte dafür, dass dem Verfügungskläger bei Rechtshängigkeit des einstweiligen Verfügungsverfahrens sowohl ein Verfügungsanspruch als auch ein Verfügungsgrund nur gegenüber dem Verfügungsbeklagten zu 1. zugestanden habe.

Anmerkung: Nach §§ 916, 917, 935, 936 ZPO bedarf es zum Erlass einer einstweiligen Verfügung eines Verfügungsanspruchs und eines Verfügungsgrundes. Beide Merkmale sind gleichrangig; ist ein Merkmal – ob nun Anspruch oder Grund – nicht erfüllt, kann keine einstweilige Verfügung ergehen. Insofern ist die Gewichtung des Amtsgerichts, die Hauptsache sei bei einem einstweiligen Verfügungsverfahren nicht der Verfügungsanspruch, sondern vielmehr (nur) der Verfügungsgrund, obsolet und führt prozessrechtlich nicht weiter.

Den Wortlaut finden Sie in GE 2018, Seite 1155 und in unserer Datenbank.
Autor: Klaus Schach


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