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Keine Anwendung der Mietpreisbremse nach Wohnungstausch auf Wunsch des Mieters
Bei vor Inkrafttreten abgeschlossenen Mietverträgen
30.10.2023 (GE 17/2023, S. 828) Die Vorschriften über die Mietpreisbremse sind auf ein vor deren Inkrafttreten begründetes Vertragsverhältnis nicht anwendbar, wenn auf Wunsch des Mieters ein Austausch des Mietobjektes stattgefunden hat; der Umstand, dass neben dem Austausch des Mietobjektes eine – der Ausstattung und Größe geschuldete – Anpassung der Miete vereinbart wurde, steht der Annahme einer einvernehmlichen Vertragsänderung nicht entgegen.
Der Fall: Mieter und Vermieter hatten zum 1. Mai 2012 einen Mietvertrag geschlossen. Auf Wunsch des Mieters erfolgte ein Tausch der 2-Zimmer-Wohnung in eine 4-Zimmer-Wohnung, was in einem Nachtrag zum Mietvertrag festgelegt wurde. Später machte der Mieter über einen Rechtsdienstleister Auskunfts- und Rückzahlungsansprüche geltend – beim AG zunächst mit Erfolg. Die Berufung des Vermieters war erfolgreich.

Das Urteil: Die Klägerin hat gegen den Beklagten keine Auskunfts- und Rückzahlungsansprüche. Die Vorschriften über die Mietpreisbremse sind auf vor Inkrafttreten der Mietpreisbremse abgeschlossene Mietverhältnisse nicht anwendbar. Hier ist aufgrund des vom Mieter gewünschten Wohnungstauschs kein neuer Mietvertrag zustande gekommen
Bei der Abgrenzung zwischen einer Vertragsänderung – die auch die Hauptleistungspflichten, z. B. den Austausch des Mietobjekts betreffen kann – und einem Neuabschluss eines Mietvertrages ist durch Auslegung zu ermitteln, was die Parteien im Einzelfall gewollt haben. Einen (übereinstimmend) auf Aufhebung des bisherigen Mietvertrages und Abschluss eines neuen Mietvertrages gerichteten Parteiwillen hat das AG nicht festgestellt. Dies zugrunde gelegt, ist das Vertragsverhältnis mit dem „1. Nachtrag zum Mietvertrag“ fortgesetzt, nicht aber ein neues begründet worden. Das AG hat dem Beklagten ohne jede sachlich tragfähige Begründung das Motiv unterstellt, die Mietpreisbremse umgehen zu wollen. Der Wortlaut des Nachtrags bringt unmissverständlich zum Ausdruck, dass das 2012 zwischen dem Mieter und dem Beklagten begründete Mietverhältnis fortgesetzt werden und auf Wunsch des Mieters ein Wohnungswechsel stattfinden soll. Die Vereinbarung kam auf Betreiben und Wunsch des Mieters zustande. Der hat
die Arbeiten in der Nachbarwohnung wahrgenommen und gegenüber dem Beklagten sein Interesse an der deutlich größeren 4-Zimmer-Wohnung wegen der Geburt seines Sohnes bekundet. Diesem Wunsch ist der Beklagte nachgekommen. Den Parteien stand es frei, den Wunsch des Mieters im Wege der Vertragsänderung oder – alternativ – im Wege der Beendigung des bisherigen und des Abschlusses eines neuen Mietvertrages über die größere Nachbarwohnung umzusetzen.
Der Mieter befand sich hier auch nicht etwa in der Neuvermietungssituation, die den Regelungen der Mietpreisbremse zugrunde liegt. Das Vorgehen im Wege der Vertragsänderung lag im Interesse des Mieters. So musste er – da das alte Mietverhältnis nicht beendet, sondern fortgesetzt werden sollte – nicht zunächst das alte Mietverhältnis unter Einhaltung der Kündigungsfrist kündigen, verbunden mit dem Risiko doppelter Mietzahlungen über den Zeitraum bis zum Ablauf der Kündigungsfrist. Hinzu kommt, dass er – für den Fall einer vermieterseitigen Kündigung wegen der Vertragsänderung von deutlich längeren Kündigungsfristen profitiert. Die für die bisherige Wohnung gezahlte Mietkaution wurde direkt auf das neue Mietverhältnis übertragen und lediglich aufgestockt. Bei einem Neuvertragsabschluss hätte der Vermieter die Kaution für die bisherige Wohnung zurückhalten können, bis geklärt ist, ob sich Ansprüche gegen ihn aus dem beendeten Mietverhältnis ergeben; parallel hätte der Vermieter vom Mieter eine Kaution für die neue Wohnung verlangen können. Voraussetzungen für die Annahme eines Umgehungsgeschäfts lägen nicht einmal ansatzweise vor. Hier hätten die Parteien einvernehmlich eine einfache, pragmatische Lösung für den erhöhten Wohnbedarf der jungen Familie des Mieters gefunden. Es ergäben sich noch nicht einmal belastbare Anhaltspunkte dafür, dass die Nettokaltmiete für die nunmehr um ca. 30 m2 größere Wohnung nennenswert die höchstzulässige Miete übersteigt.

Den Wortlaut finden Sie in GE 2023, Seite 853 und in unserer Datenbank.


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