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Fensteraustausch im Gemeinschaftseigentum Kostenbelastung nur eines einzelnen Eigentümers
Abänderung der Kostenverteilung: Gleichbehandlungsgebot ist zu beachten
28.07.2023 (GE 12/2023, S. 584) Ein Beschluss über die Abänderung des Kostenverteilungsschlüssels muss dem Gleichbehandlungsgebot entsprechen, so dass vergleichbare in Zukunft auftretende Fälle gleichzubehandeln sind. Bei einer Änderung eines Kostenverteilungsschlüssels im Einzelfall ist es jedoch nicht erforderlich, dass bereits dieser Beschluss regelt, dass in künftigen gleichgelagerten Austauschsfällen ein identischer Kostenverteilungsschlüssel angewandt werden wird.
Der Fall: Die Parteien streiten um die Anfechtung eines Beschlusses, mit welchem dem Kläger die Kostentragungspflicht für den Austausch „seiner“ Fenster auferlegt wird. Bereits in Vorprozessen hatten die Parteien um die Erneuerung von Dachflächenfenstern in der Wohnung des Klägers gestritten. Am 16. August 2021 wurden die Beschlüsse gefasst, diese Dachflächenfenster auszutauschen und eine Firma gem. vorliegendem Angebot zu beauftragen. Gegenstand der Anfechtungsklage ist TOP 4 über die Kostenverteilung. Insoweit standen drei Varianten hinsichtlich der Finanzierung zur Auswahl, nämlich a) die Erhebung einer Sonderumlage, b) die Finanzierung aus der Instandhaltungsrücklage oder c) die Kostentragung durch den Eigentümer der Wohnung 5, den Kläger. Die Eigentümer beschlossen mehrheitlich die Alternative c). Der Kläger rügt, dass der Grundsatz der Maßstabskontinuität verletzt sei, weil keinesfalls sichergestellt sei, dass bei einem weiteren Fensteraustausch in anderen Wohnungen ebenfalls die Eigentümer die Kosten zu tragen haben. Dies müsste durch einen entsprechenden Grundlagenbeschluss für die Zukunft sichergestellt sein. Hiergegen die Berufung.

Das Urteil: Ohne Erfolg. Der Beschluss, mit dem lediglich dem Kläger die Kosten für die Erneuerung der Dachflächenfenster in seiner Wohnung auferlegt worden sind, ist ordnungsgemäß. Es kommt nicht darauf an, dass bereits zu diesem Zusammenhang eine entsprechende Regelung für künftige Fensterreparaturen getroffen worden ist. Nach dem modernisierten Wohnungseigentumsrecht haben die Wohnungseigentümer ein weites Ermessen, inwieweit sie im Einzelfall oder aber auch generell von dem Kostenschlüssel des § 16 Abs. 2 WEG oder einem vereinbarten Kostenschlüssel abweichen wollen. Inhaltliche Vorgaben sieht das Gesetz ausdrücklich nicht vor, um den Wohnungseigentümern an dieser Stelle aufgrund ihres Selbstorganisationsrechts größtmögliche Flexibilität zu ermöglichen. Allerdings ist der Einwand des Klägers insoweit zutreffend, als noch nicht im Vorhinein festgelegt wird, dass für alle gleichgelagerten Instandsetzungsmaßnahmen künftig der gleiche Kostenverteilungsschlüssel gelten muss. Dies führt aber im vorliegenden Fall nicht dazu, dass der konkrete Kostenverteilungsbeschluss ordnungsgemäßer Verwaltung widerspricht. Es ist also nicht erforderlich, dass die Wohnungseigentümer jeweils zugleich beschließen, dass in künftigen gleichgelagerten Fällen ein identischer Kostenverteilungsschlüssel angewandt würde. Denn damit wäre es faktisch unmöglich, Kostenentscheidungen für den Einzelfall zu treffen, die sich gerade dadurch auszeichnen, dass sie zukünftige Fälle nicht mitregeln. Treten später gleichgelagerte weitere Fälle auf, würde ein Beschluss mit einer anderen Kostenverteilung aber nicht ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen. Die erforderliche Prüfung muss dann allerdings durch Anfechtung dieses Beschlusses in dem weiteren Fall erfolgen.

Anmerkung: Früher mussten derartige spezielle Kostenregelungen nur zu Lasten eines einzelnen Wohnungseigentümers zu ihrer Wirksamkeit bereits in der Teilungserklärung festgeschrieben worden sein. Es bleibt eine nicht zu leugnende Unsicherheit, dass die Eigentümergemeinschaft in vergleichbaren späteren Fällen zwingend genauso entscheidet bzw. muss dann eine anderslautende Kostenregelung in einem neuen Anfechtungsverfahren geltend gemacht werden. Auch für Verwalter ergeben sich insoweit besondere Sorgfaltspflichten, dass er nämlich bei der Vorbereitung späterer Kostenbelastungen nur auf einzelne Wohnungseigentümer auf die gleichförmige Beschlussfassung achtet, um unnötige Anfechtungsverfahren zu vermeiden. Für später in die Gemeinschaft eintretende Wohnungseigentümer werden sich Schwierigkeiten ergeben, solche Sonderregelungen auch für zukünftige Instandsetzungsmaßnahmen zu Lasten nur eines Wohnungseigentümers überhaupt zu erkennen und wirksam dagegen vorzugehen.

Den Wortlaut finden Sie in GE 2022, Seite 605 und in unserer Datenbank.


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