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JobCenter zahlte überhöhte Miete an den Vermieter: Rückzahlungsansprüche stehen nicht dem Mieter zu
Wer darf überzahlte Beträge geltend machen?
30.06.2023 (GE 11/2023, S. 527) Sittenwidrig überhöhte Mietzahlungen können zurückgefordert werden; das Gleiche gilt bei einem Verstoß gegen die Mietpreisbremse oder für zulässige Mietminderungen nach Eintritt eines Mangels. Wenn das JobCenter die Mieten übernommen hat, stehen die daraus entstehenden Rückzahlungsansprüche nicht dem Mieter zu, sondern wegen des gesetzlichen Forderungsübergangs nach § 33 SGB II nur dem Leistungsträger – in der Regel dem JobCenter.
Der Fall: Der Mieter machte eine Forderung in Höhe von über 11.000 € aus sittenwidrig überhöhter Miete und Verletzung der Mietpreisbremse für mehrere Jahre geltend; die vereinbarte Nettokaltmiete betrug 17,33 €/m2. Die Miete für die 49 m2 große Zweizimmerwohnung war vom JobCenter bezahlt worden. Das Amtsgericht verurteilte die Vermieterin zur Rückzahlung der mehr als 11.000 €; auf die Berufung der Vermieterin hin wies das Landgericht Berlin die Klage jedoch ab.

Das Urteil: Das Landgericht verneinte eine Aktivlegitimation des Klägers. Zwar bestehe grundsätzlich ein Rückzahlungsanspruch aus § 812 BGB, selbst wenn Leistungen des JobCenters direkt an die Vermieterin erbracht wurden. Da dies für den Mieter als Auftraggeber erfolge, sei dieser auch als Leistender anzusehen. Nach § 33 Abs. 1 Sozialgesetzbuch II (SGB II) sei der Rückzahlungsanspruch jedoch auf das JobCenter übergegangen; diese Vorschrift betreffe jegliche Forderung aus einem Mietverhältnis, die während des Bezugs von Sozialleistungen fällig wird, und die der Leistungsberechtigte im Falle ihrer Erfüllung zur Deckung seines Lebensbedarfs hätte verwenden müssen. Der Rechtsprechung des LG Hamburg zum gesetzlichen Forderungsübergang dieser Ansprüche sei zu folgen.
Unerheblich sei, dass bisher die JobCenter die Folge des § 22 SGB II nicht berücksichtigten, wonach die Rückzahlungsansprüche schon im Folgemonat für die Leistungen an den Vermieter zu einer Herabsetzung der Zahlungen führen müssten. Es gehöre zu den originären Aufgaben der JobCenter, sich auch um die Rückgewinnung materiell zu Unrecht ausgekehrter Leistungen zu kümmern.

Anmerkung: Das von der Kammer zitierte Landgericht Hamburg hatte die Revision – wohl zu Unrecht – nicht zugelassen, weil die Rechtsfragen für die Allgemeinheit nicht von besonderer Bedeutung seien. Zumindest für Berlin trifft das nicht zu. Die etwas verklausulierte Vorschrift des § 33 lautet: „Haben Personen, die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beziehen, für die Zeit, für die Leistungen erbracht werden, einen Anspruch gegen einen anderen, der nicht Leistungsträger ist, geht der Anspruch bis zur Höhe der geleisteten Aufwendungen auf die Träger der Leistungen nach diesem Buch über, wenn bei rechtzeitiger Leistung des anderen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht erbracht worden wären.“
Der andere im Sinne dieser Vorschrift ist der Vermieter, der zur Rückzahlung verpflichtet ist, weswegen der Leistungsanspruch des Mieters gegen das JobCenter herabzusetzen ist. § 22 Abs. 3 lautet: „Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift.“
Wenn auch diese Vorschriften bisher im Wesentlichen nur im Unterhaltsrecht eine Rolle spielten (vgl. etwa BGH, FamRZ 2011, 1386), ist weder aus dem Wortlaut noch aus dem Sinn der Regelungen abzuleiten, dass sie nicht auch im Mietrecht anzuwenden sind. Dass dies bisher übersehen wurde (vgl. etwa LG Berlin, GE 2015, 659), spricht nicht gegen die Auffassung der 64. Kammer.

Den Wortlaut finden Sie in GE 2023, Seite 550 und in unserer Datenbank.
Autor: Rudolf Beuermann


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