Grundeigentum-Verlag GmbH
grundeigentum-verlag
Verlag für private und unternehmerische Immobilien
Anzeige

Archiv / Suche


Bei Rechtsmissbrauch nicht frei kündbar
Separater Stellplatzmietvertrag
21.06.2023 (GE 10/2023, S. 479) Wird ein Stellplatzmietvertrag zusammen mit einem Wohnraummietvertrag geschlossen, gilt Wohnraummietrecht mit der Folge, dass der Mietvertrag über den Stellplatz nicht separat gekündigt werden kann, sofern sich aus den Umständen nicht doch der Abschluss von zwei getrennten Mietverträgen ergibt. Aber auch dann kann die Kündigung gegen Treu und Glauben verstoßen und deshalb unwirksam sein.
Der Fall: Der Mietvertrag über die Wohnung und den Stellplatz wurden am selben Tag abgeschlossen; für die Stellplatzmiete wurde eine besondere Kündigungsfrist vereinbart mit dem Zusatz, dass der Vertrag von einem Wohnraummietvertrag unabhängig sein sollte. Nach einer Kündigung des Stellplatzes durch den Vermieter wies das AG Charlottenburg die Räumungsklage ab und das Landgericht die Berufung zurück. Später kündigte der Vermieter den Stellplatz erneut und bot einen Folgemietvertrag mit einer höheren Miete an. Nach Schriftwechsel der Parteien kündigte der Kläger erneut, danach auch in der Räumungsklage.

Das Urteil: Das AG wies die Klage ab, weil die Kündigung rechtsmissbräuchlich sei. Zwar ergebe sich aus den Umständen, dass es sich nicht um ein einheitliches Wohnraummietverhältnis handele, sondern der Stellplatzmietvertrag unabhängig davon sei und auch gesondert gekündigt werden könne. Die erste Kündigung sei jedoch kurz nach dem verlorenen Räumungsprozess erfolgt; eine mögliche Mieterhöhung sei vorher nicht im Gespräch gewesen. Auch die weitere Kündigung sei ohne sachlichen Grund mit dem Scheinangebot eines neuen Mietvertrages ausgesprochen worden. Alle weiteren Kündigungen stellten ebenfalls nur eine Wiederholung der rechtsmissbräuchlichen Kündigung dar.

Anmerkung: Das (noch nicht rechtskräftige) Urteil verdient in zwei Punkten Beachtung. Es gibt einen guten Überblick über die Rechtsprechung des BGH, wann in diesen Fällen zwei separate Verträge vorliegen. Von Interesse sind auch die Ausführungen zur Kündigung in prozessualen Schriftsätzen. Diese sind seit dem 1. Januar 2022 nach § 130d ZPO in elektronischer Form einzureichen, in der Regel also durch das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) nach § 130a ZPO. Das hat Auswirkungen auf die Schriftform, die bei der Kündigung von Wohnraummietverhältnissen nach § 568 BGB vorgeschrieben ist. Die Ausführungen des AG dazu sind zwar überflüssig, weil § 568 BGB für die Kündigung eines Stellplatzmietvertrages gerade nicht gilt, in allen anderen Räumungsprozessen es aber üblich (und empfehlenswert) ist, die Kündigung des Wohnraummietverhältnisses vorsorglich zu wiederholen. Das ist durch einen prozessualen Schriftsatz nicht mehr möglich, zumindest sehr riskant. Bei Bub/Treier (5. Aufl. 2019, Rn. IV 40) heißt es: „Wird die Kündigung durch Schriftsatz in elektronischer Form erklärt (beA), so genügt dies zwar ggf. der Form des § 126a ZPO. Allerdings werden die Abschriften an den Gegner durch das Gericht und nicht den Prozessbevollmächtigten des Kündigenden beglaubigt. Mangels Unterschriftsleistung dürfte es in diesen Fällen an der Einhaltung der Schriftform fehlen. Es empfiehlt sich daher bis zur Klärung dieser Rechtsfrage, immer auch gesondert eine unterschriebene Abschrift des Schriftsatzes direkt zuzustellen.“

Den Wortlaut finden Sie in GE 2023, Seite 501 und in unserer Datenbank.
Autor: Rudolf Beuermann


Links: