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WEG-Versammlung: Ausschluss von der Teilnahme führt zur Ungültigkeit von Beschlüssen
Beeinträchtigung der Mitwirkungsrechte
14.12.2022 (GE 21/2022, S. 1094) Wird aufgrund der begrenzten Größe des Versammlungsortes einem Wohnungseigentümer die Teilnahme an der Versammlung verwehrt, ist hierdurch das Teilnahme- und Mitwirkungsrecht des Wohnungseigentümers in gravierender Weise beeinträchtigt, so dass die gefassten Beschlüsse, ohne dass es auf eine Kausalität ankommt, für ungültig zu erklären sind.
Der Fall: Die GdWE besteht aus vier Parteien. Die Klägerin zu 1) hatte ihrer Tochter Vollmacht zu der Versammlung erteilt. Nach den Feststellungen des AG teilte der Verwalter der Tochter mit, diese können nicht an der Versammlung teilnehmen, da die Teilnehmerzahl angesichts der Raumgröße auf fünf beschränkt sei. Neben dem Verwalter war eine Mitarbeiterin vor Ort sowie drei Eigentümer. Nach Protest erteilte die Tochter dem Kläger zu 2 Vollmacht und verließ den Raum. Angefochten sind Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 2. Juli 2021. Das AG hat die angefochtenen Beschlüsse für ungültig erklärt. Hiergegen die Berufung der GdWE.

Die Entscheidung: Das LG erlässt einen Hinweisbeschluss, aufgrund dessen die Berufung zurückgenommen wurde: Das AG hat die Rechtslage zutreffend beurteilt. Auch in Zeiten der Corona-Pandemie besteht ein Anspruch der Eigentümer auf persönliche Teilnahme an den Eigentümerversammlungen. Deshalb darf die Möglichkeit der Teilnahme nicht von vornherein beschränkt werden.
Abgesehen davon, dass die Eigentümer das Recht haben, ihren Willen durch Abstimmungsverhalten auszudrücken, können sie auch durch Wortmeldungen auf der Versammlung die Mehrheit in Richtung der von ihnen gewünschten Willensbildung beeinflussen.
Die Teilnahme an einer Versammlung gehört zu den elementaren Kernrechten der Eigentümer. Versammlungsort und Versammlungssaal müssen dabei so beschaffen sein, dass eine ordnungsgemäße Durchführung gewährleistet und allen Wohnungseigentümern die Teilnahme möglich ist. Dies war hier unstreitig nicht der Fall. Der Verwalter hätte einen ausreichend großen Raum organisieren können. Die Abweisung der Tochter der Klägerin zu 1 steht deren eigenem Ausschluss gleich.
Unerheblich ist, dass die Tochter der Klägerin zu 1 dem Kläger zu 2 schließlich eine Untervollmacht erteilt hat. Dies erfolgte nicht freiwillig und nur unter Protest. Auch dieses Vorgehen stellt einen Eingriff in das Teilnahmerecht der Klägerin zu 1 dar.
Die Verletzung der Teilnahmerechte stellt einen schwerwiegenden Verstoß dar, bei dem es nicht darauf ankommt, ob die gefassten Beschlüsse auch bei Mitwirkung des ausgeschlossenen Mitgliedes die erforderliche Mehrheit gefunden hätten.

Anmerkung: Verwalter müssen grundsätzlich darauf achten, dass die Teilnahmemöglichkeiten für Wohnungseigentümer in jedem Fall gewahrt bleiben.

Den Wortlaut finden Sie in GE 2022, Seite 1164 und in unserer Datenbank.


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