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66. Kammer des LG Berlin stellt sich erneut gegen den Bundesgerichtshof
Zahlungsverzug und Kündigung
12.12.2022 (GE 21/2022, S. 1093) Nicht nur die 67. Kammer des LG Berlin folgt dem VIII. Senat des BGH nicht (Inkassotätigkeit für wenigermiete.de), sondern auch die 66. Kammer verweigert dem BGH die Gefolgschaft. Entgegen der gefestigten Rechtsprechung des BGH vertritt die Kammer weiterhin die Auffassung, dass die Schonfristzahlung auch eine fristgerechte Kündigung zu Fall bringt.
Der Fall: Der Vermieter hatte wegen Zahlungsrückständen fristlos, hilfsweise fristgerecht gekündigt. Nach Schonfristzahlung wies das Amtsgericht die Räumungsklage ab, weil auch die fristgerechte Kündigung unwirksam geworden sei. Die Entscheidung der Kammer vom 30. März 2020 (GE 2020, 604) sei überzeugend. Der Vermieter begründete seine Berufung u. a. damit, dass der Bundesgerichtshof jenes Urteil vom 30. März 2020 aufgehoben und entgegengesetzt entschieden hat (GE 2021, 1541).

Das Urteil: Das Landgericht Berlin setzt sich mit deutlichen Worten, die auch in den amtlichen Leitsätzen Ausdruck finden, von der Rechtsprechung des BGH ab. Die Richter des Landgerichts seien ebenso in der Entscheidung unabhängig wie die des BGH. Nicht akzeptabel sei es, wenn der BGH die Vertreter abweichender Auffassungen in die Nähe eines Verfassungsbruchs rückten durch Formulierungen wie im Revisionsurteil vom 13. Oktober 2021, wo es hieß, dass der Richter nicht aufgrund eigener rechtspolitischer Vorstellungen die Entscheidungen des Gesetzgebers verändern dürfe. Eine dahingehende Beurteilung sei allein dem Bundesverfassungsgericht vorbehalten.
Die Kammer legt ausführlich dar, dass die Schonfristzahlung auch die fristgerechte Kündigung erfasse. Die abweichende Argumentation des BGH sei ein Zirkelschluss; die Wertungswidersprüche ergäben sich nicht aus der gesetzlichen Regelung, sondern aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung.

Anmerkung: Die Kammer hat wegen der Abweichung von der Rechtsprechung des BGH die Revision zugelassen, die wiederum erfolgreich sein wird. Ob den Interessen der Parteien mit einer solchen „eigenständigen Rechtsprechung“ gedient ist, kann man getrost bezweifeln.

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