Grundeigentum-Verlag GmbH
grundeigentum-verlag
Verlag für private und unternehmerische Immobilien
Anzeige

Archiv / Suche


Mieter hat Anspruch auf Einsicht in Originalbelege
Überprüfung der Betriebskostenabrechnung
07.03.2022 (GE 3/2022, S. 184) Für die Belegeinsicht zu einer Betriebskostenabrechnung muss sich der Mieter in die Geschäftsräume des Vermieters begeben; nur bei Unzumutbarkeit kann er Übersendung von Fotokopien verlangen. Andererseits darf der Vermieter nicht unter Hinweis auf übersandte Kopien Einsicht in die Originalbelege verweigern, so jetzt ausdrücklich der BGH.
Der Fall: Die Mieter verlangten Einsicht in Unterlagen der Betriebskostenabrechnung; die Vermieterin hatte stattdessen Belegkopien übersandt. Das LG meinte, das reiche aus, denn nur bei besonderem Interesse des Mieters an den Originalbelegen oder dem Verdacht von Manipulationen reiche die Übersendung von Kopien nicht aus. Die Revision war erfolgreich.

Das Urteil: Der BGH zitierte die „durchgängige Auffassung in der Instanzrechtsprechung und im Schrifttum“, dass der Mieter grundsätzlich Anspruch auf Einsicht in die Originalbelege habe. Das könnten Belege in Papierform, aber auch in digitaler Form sein; vom Vermieter gefertigte Kopien seien dem nicht gleichzustellen. Eines besonderen Interesses des Mieters an der Einsicht in die Originalunterlagen bedürfe es nicht. Nur ausnahmsweise komme es nach Treu und Glauben in Betracht, dass sich der Anspruch des Mieters auf Kopien oder Scanprodukte beschränke, was vom „Tatrichter“ zu entscheiden sei, etwa wenn der Vermieter von seinem Dienstleister Belege nur in digitaler Form erhalten habe oder die Originalbelege nicht mehr existierten.

Anmerkung: Ob das Urteil den Praxisanforderungen von Vermietern entspricht, die ein papierloses Büro führen (siehe dazu Lützenkirchen NZM 2018, 266), kann bezweifelt werden (siehe dazu ausführlich Lindner ZMR 2021, 357, der vom BGH nicht zitiert wird). Die Entscheidung ist von bemerkenswerter Unschärfe, wenn (Rn. 14) ausgeführt wird, Originalbelege seien auch solche, die dem Vermieter von seinen Dienstleistern ausschließlich in digitaler Form übermittelt worden sind, während es andererseits (Rn. 27) heißt, in einem solchen Fall schulde der Vermieter nicht Einsichtnahme in die Originalbelege. In Zeiten von digitaler Kommunikation mit dem Finanzamt (Elster) kann der Vermieter den Nachweis der Grundsteuerzahlung nur durch Ausdruck einer Kopie führen. Ebenso ist es, wenn nicht Papier in zahllosen Leitzordnern aufbewahrt wird, sondern die Belege digital gescannt sind.
Klarer und praxisgerecht ist daher folgende Auffassung von Lehmann-Richter (Schmidt-Futterer, Rn. 511 zu § 556 BGB): „Im Ergebnis ist zu unterscheiden: Ist der Vermieter im Besitz von Originalbelegen, erstreckt sich das Einsichtsrecht des Mieters auf die Originaldokumente. Das gebietet sein Zweck, dem Mieter eine möglichst genaue Kontrolle der Abrechnung zu ermöglichen. Ist der Vermieter hingegen nur noch im Besitz von Fotokopien, kann es naturgemäß keinen Anspruch auf Einsicht in Originalbelege geben (§ 275 BGB). Der Anspruch des Mieters beschränkt sich dann auf die Fotokopien, und zwar in der Form, in der sie beim Vermieter vorgehalten werden (physisch oder digital). Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass keine Originalbelege vorhanden sind, trifft den Vermieter.“

Den Wortlaut finden Sie in GE 2022, Seite 193 und in unserer Datenbank.
Autor: Rudolf Beuermann


Links: