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Erweiterung des „werdenden Wohnungseigentümers“
Erwerb von Wohnungseigentum
21.06.2021 (GE 10/2021, S. 606) Auch in Altfällen kann ein Wohnungseigentümer, dessen Objekt durch Teilungsvertrag nach § 3 WEG a. F. begründet wurde, nach Erlangung einer gesicherten Rechtsstellung als werdender Wohnungseigentümer im Sinne des früheren Rechts behandelt werden.
Der Fall: Die Klägerin, eine GmbH, und eine Schwestergesellschaft mit dem selben Geschäftsführer erwarben im Jahr 2013 gemeinsam ein Grundstück zum Zwecke der Bebauung. Die Klägerin sollte dort insgesamt 43 Wohneinheiten, 52 Tiefgaragenplätze, zwei Kellerräume sowie eine Gewerbeeinheit errichten. Mit notariellem Vertrag vom 20. November 2015 wurde das Grundstück gemäß § 3 WEG in der bis zum 30. November 2020 geltenden Fassung aufgeteilt, wobei die Schwestergesellschaft die Gewerbeeinheit und die Klägerin die übrigen Einheiten erhielt. Nach Vollzug im Grundbuch errichtete die Klägerin das Gebäude, veräußerte sämtliche ihr gehörenden Einheiten und übergab jeweils den Besitz an die Erwerber, während die Schwestergesellschaft weiterhin Eigentümerin der Gewerbeeinheit blieb. Am 11. Dezember 2018 fand eine Eigentümerversammlung statt. Zu diesem Zeitpunkt waren einzelne Erwerber als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen, während die Übereignungsansprüche der übrigen Erwerber durch Auflassungsvormerkungen gesichert waren. Zu der Versammlung eingeladen waren sowohl die Erwerber als auch die Klägerin und die Schwestergesellschaft. Unter Mitwirkung der Erwerber wurden sieben Beschlüsse gefasst (TOP 1 bis 7). Die Klägerin ist der Ansicht, dass den noch nicht in das Grundbuch eingetragenen Erwerbern kein Stimmrecht zugestanden hat und die Beschlüsse daher nichtig, jedenfalls aber anfechtbar seien. Die darauf gestützte Beschlussmängelklage hat das AG als unbegründet abgewiesen. Das LG hat die Berufung zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass die Klage als unzulässig abgewiesen, jedoch die Revision zugelassen wird.

Das Urteil: Die Revision ist zurückzuweisen. Regelmäßig sind nach dem früheren WEG nur bei einer einseitigen Aufteilung nach § 8 WEG a. F. sog. werdende Wohnungseigentümer, die bereits im Besitz ihrer Wohnungen waren, mit Auflassungsvormerkung bereits vor Umschreibung in den Wohnungsgrundbüchern anerkannt worden. Bei Begründung von Wohnungseigentum durch Aufteilungsvertrag nach § 3 WEG a. F. wurde die Möglichkeit als werdende Wohnungseigentümer vor Umschreibung abgelehnt, Käufer also als Zweiterwerber angesehen, die erst mit Umschreibung im Wohnungsgrundbuch Wohnungseigentümer werden. Im vorliegenden Fall ist aber nach den gesamten Umständen ein Unterschied zu einer Teilung nach § 8 WEG a. F. durch Bauträger aus der Erwerbersicht nicht erkennbar. Die Vergleichbarkeit mit § 8 WEG a. F. besteht darin, dass sich die Voraussetzungen für die Umschreibung im Grundbuch verzögern können, weil etwa die Erwerber den Kaufpreis unter Berufung auf Mängel zurückhalten, die Eigentumsumschreibung aber erst nach vollständiger Kaufpreiszahlung geschuldet wird.

Anmerkung: Nach dem Gesamtbild ist im vorliegenden Fall ein Unterschied der hier vorliegenden Teilung nach § 3 gegenüber einer Teilung nach § 8 WEG a. F. nicht erkennbar. Seit dem 1. Dezember 2020 ist die Unterscheidung von Wohnungseigentümer und nur werdendem Wohnungseigentümer ohnehin obsolet. § 8 Abs. 3 WEG n. F. lautet nunmehr generell: Wer einen Anspruch auf Übertragung von Wohnungseigentum gegen den teilenden Eigentümer hat, der durch Vormerkung im Grundbuch gesichert ist, gilt gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und den anderen Wohnungseigentümern anstelle des teilenden Eigentümers als Wohnungseigentümer, sobald ihm der Besitz an den zum Sondereigentum gehörenden Räumen übergeben wurde.

Den Wortlaut finden Sie in GE 2020, Seite 641 und in unserer Datenbank.
Autor: VRiKG a. D. Dr. Lothar Briesemeister


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