Grundeigentum-Verlag GmbH
grundeigentum-verlag
Verlag für private und unternehmerische Immobilien
Anzeige

Archiv / Suche


Ein Jahr nach der Scheidung ist Schluss
Grenze des Anspruchs auf nachehezeitliche Überlassung der Ehewohnung
03.05.2021 (GE 6/2021, S. 349) Ein Ehegatte kann verlangen, dass ihm der andere Ehegatte anlässlich der Scheidung die Ehewohnung überlässt, wenn er auf deren Nutzung unter Berücksichtigung des Wohls der im Haushalt lebenden Kinder und der Lebensverhältnisse der Ehegatten in stärkerem Maße angewiesen ist als der andere Ehegatte (§ 1568a BGB). Wie lange nach Rechtskraft der Scheidung kann dieses Recht ausgeübt werden, zumal dann, wenn die Ehewohnung im Alleineigentum des anderen Ehegatten steht? Der BGH meint: Nach einem Jahr ist im Regelfall Schluss.
Der Fall: Die Beteiligten bewohnten während ihrer Ehe gemeinsam eine Wohnung, die im Alleineigentum des Antragstellers steht. Seit der Trennung 2014 und auch über die seit Dezember 2015 rechtskräftige Scheidung hinaus nutzt die Antragsgegnerin die Wohnung allein. Die Antragsgegnerin war ursprünglich Alleineigentümerin einer anderen, im selben Haus gelegenen Wohnung, die sie 2016 ihrem Sohn schenkte. Sie zahlt an den Antragsteller weder Miete oder Nutzungsentschädigung noch trägt sie die verbrauchsabhängigen Kosten. Zahlungsaufforderungen wie ein Herausgabeverlangen des Antragstellers blieben erfolglos. Er hat beim AG einen auf § 985 BGB (auf Eigentum) gestützten Räumungs- und Herausgabeantrag gestellt, dem das AG entsprochen hat. Die Beschwerde der Antragsgegnerin hat das OLG, der BGH die von der Antragsgegnerin eingelegte Rechtsbeschwerde zurückgewiesen.

Der Beschluss: Zwar ist der aus dem Eigentum folgende Herausgabeanspruch eines Ehegatten auch nach Rechtskraft der Scheidung nicht durchsetzbar, solange der Anwendungsbereich des § 1568a BGB und damit das Ehewohnungsverfahren eröffnet ist. Ob es sich (noch) um eine Ehewohnung im Sinne des § 1568a BGB handelt, ist dabei nach der Situation im Zeitpunkt der Rechtskraft der Ehescheidung zu beurteilen, so dass der Anwendungsbereich des § 1568a BGB immer dann eröffnet ist, wenn es sich bei den Räumen auch während des Getrenntlebens in rechtlicher Hinsicht um die Ehewohnung gehandelt hat.
Diese Sperrwirkung ist im Ergebnis aber durch § 1568a Abs. 6 BGB zeitlich begrenzt. Denn ein Jahr nach Rechtskraft der Ehescheidung erlöschen nicht nur die Ansprüche auf Eintritt in ein Mietverhältnis oder auf seine Begründung, sondern auch diejenigen auf Überlassung der Ehewohnung, wenn sie nicht vorher rechtshängig gemacht worden sind. Zwar trifft § 1568a Abs. 6 BGB seinem Wortlaut nach keine Regelung für die Ansprüche des Ehegatten auf Überlassung der Ehewohnung nach § 1568a Abs. 1 und 2 BGB. Gleichwohl führt das Erlöschen der auf die Begründung eines Mietverhältnisses bezogenen Ansprüche aus § 1568a Abs. 3 und 5 BGB nach Ablauf der Jahresfrist in Anbetracht von Sinn und Zweck der Regelung und des systematischen Gesamtzusammenhangs dazu, dass dann auch der aus § 1568a Abs. 1 oder 2 BGB folgende Überlassungsanspruch nicht mehr geltend gemacht werden kann. Im vorliegenden Fall ist die Jahresfrist längst abgelaufen, ohne dass die Antragsgegnerin Ansprüche aus § 1568a BGB gerichtlich geltend gemacht hat.

Den Wortlaut finden Sie in unserer Datenbank. 


Links: