Grundeigentum-Verlag GmbH
grundeigentum-verlag
Verlag für private und unternehmerische Immobilien
Anzeige

Archiv / Suche


Einbeziehung von mitvermieteten Hobbyräumen außerhalb der Wohnung in die Wohnfläche
Mieterhöhungsverlangen vor dem Stichtag des Mietendeckels
29.07.2020 (GE 13/2020, S. 839) Außerhalb der Wohnung gelegene Räume im Untergeschoss (Keller) können, auch wenn sie nach bauordnungsrechtlichen Vorschriften nicht als Wohnräume genehmigungsfähig wären, bei der Wohnflächenermittlung zu berücksichtigen sein, wenn sie durch ausdrücklich im Mietvertrag getroffene Vereinbarung als Hobbyräume mitvermietet und ihre Flächen in die Berechnung der Wohnfläche einbezogen worden sind. Für „deutlich“ (?) vor dem Senatsbeschluss vom 18. Juni 2019 (Stichtag des Berliner Mietendeckels) zugegangene Mieterhöhungsverlangen ist für die Beantwortung der Frage, ob sie in den Anwendungsbereich des § 3 Abs. 1 Satz 1 MietenWoG fallen oder nicht, nicht danach zu differenzieren, ob die Vertragsänderung durch Zustimmung des Mieters oder durch Verurteilung zur Zustimmung zustande kommt, so das LG Berlin (ZK 65).
Der Fall: Das AG hat die Beklagten auf Basis eines den Beklagten spätestens am 31. Januar 2019 zugegangenen Mieterhöhungsverlangens der Klägerin vom 30. Januar 2019 mit Urteil vom 26. September 2019 verurteilt, der von der Klägerin verlangten Erhöhung der Nettokaltmiete von bisher 990 € um 70 € auf nunmehr 1.060 € ab dem 1. April 2019 zuzustimmen. Die Beklagten sind der Ansicht, dass die mitgemieteten Hobbyräume als Kellerräume nicht zur Wohnfläche zählen, und sie machen geltend, dass die Zustimmung zur Mieterhöhung (auch) wegen § 3 Abs. 1 MietenWoG nicht verlangt werden könne.

Das Urteil: Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg. Die Klägerin hat den vom AG zuerkannten Anspruch auf Mieterhöhung mit Wirkung ab 1. April 2019.
Bei den Hobbyräumen im Untergeschoss handelt es sich nicht um außerhalb der Wohnung gelegene Kellerräume; nur in diesem Falle kämen sie für eine Berücksichtigung der Wohnfläche nicht in Betracht. Soweit es die Einwendungen gegen den Flächenansatz betrifft, geht es nicht um die Frage, wie die Fläche bestimmter besonderer Räumlichkeiten einer Wohnung ermittelt wird, sondern darum, ob zu Wohnzwecken vermietete Räume, obgleich sie nach bauordnungsrechtlichen Vorschriften nicht als Wohnräume genehmigungsfähig wären, bei der Wohnflächenermittlung zu berücksichtigen sind. Nach der Rechtsprechung des BGH ist eine – wie hier ausdrücklich getroffene – Vereinbarung der Parteien darüber, welche Flächen in die Berechnung der Wohnfläche einzubeziehen sind, vorrangig zu berücksichtigen; auf der Grundlage dieser Vereinbarung ist sodann die Wohnfläche – hier nach den Regelungen der Wohnflächenverordnung – zu berechnen.
Inwieweit sich die Lage der Hobbyräume, ihre lichte Höhe oder ihre Ausstattung wohnwertmindernd auswirken, ist im Rahmen der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete zu bewerten.
§ 3 Abs. 1 MietenWoG Bln steht dem Anspruch der Klägerin nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift ist eine Miete verboten, welche die am 18. Juni 2019 (Stichtag) wirksam vereinbarte Miete überschreitet.
Das Mieterhöhungsverlangen der Klägerin datiert vom 30. Januar 2019 und ist den Beklagten spätestens am 31. Januar 2019 zugegangen. Die begehrte Vertragsänderung tritt mit Beginn des dritten Kalendermonats nach Zugang ein (also am 1. April 2019). Für den Fall, dass der Mieter der Erhöhung nicht zustimmt, tritt die Mieterhöhung mit der rechtskräftigen Verurteilung (rückwirkend) zum selben Zeitpunkt ein.
Ob das MietenWoG Bln verfassungskonform ist, ist vorliegend nicht entscheidungserheblich, weil § 3 Abs. 1 Satz 1 MietenWoG Bln bei gebotener verfassungskonformer Auslegung Mieterhöhungen, deren Wirkungszeitpunkt vor dem Stichtag liegt, nicht erfasst. Der in § 3 Abs. 1 Satz 1 MietenWoG Bln definierte Stichtag soll verhindern, dass die Umsetzung der (geplanten) Vorschrift bereits vor ihrem Inkrafttreten „durch Ausnutzung der bisherigen Rechtslage vereitelt wird“, so das LG. Es bestünde die Gefahr, dass Vermieter die lange Dauer der politischen Diskussion und des sich anschließenden Gesetzgebungsverfahrens nutzten, um noch vor Inkrafttreten des Gesetzes eine Mieterhöhung zu erwirken.
Ein Mieterhöhungsverlangen, das „deutlich“ vor dem Senatsbeschluss vom 18. Juni 2019 zugegangen sei, begründe diese Gefahr nicht, denn es sei „in Unkenntnis des Senatsbeschlusses“ an den Mieter gerichtet worden. Das gelte erst recht, wenn sogar der Wirkungszeitpunkt vor dem Stichtag liege.
Es gebe weder rechtliche noch sachliche Gründe, danach zu differenzieren, ob die Mieterhöhung aufgrund freiwilliger Zustimmung des Mieters oder durch die gerichtliche Verurteilung zur Zustimmung erfolge.

Den Wortlaut finden Sie in GE 2020, Seite 875 und in unserer Datenbank.


Links: