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Schweigen des Vermieters auf Bitte des Mieters um Einsicht in Betriebskostenbelege keine Verweigerung
Geschäftssitz bei Zweigniederlassungen
16.04.2020 (GE 7/2020, S. 441) Das bloße Schweigen des Vermieters auf eine Terminsanfrage des Mieters zur Einsicht in die Belege für die Betriebskostenabrechnung stellt für sich noch keine Verweigerung der Belegeinsicht dar.
Der Fall: Ein Mieter hatte, weil die Vermieterin – ein nicht mit Hauptsitz, sondern einer Zweigniederlassung in Berlin vertretenes größeres Wohnungsunternehmen – auf Bitte nach einem Termin zur Belegseinsicht in die Betriebskostenabrechnungsunterlagen nicht reagiert hatte, Miete zurückbehalten, welche die Vermieterin einklagte – mit Erfolg.

Das Urteil: Dem Mieter habe kein Zurückbehaltungsrecht wegen durch die Klägerin verweigerter Belegeinsicht zugestanden, denn die Klägerin habe die Belegeinsicht nicht verweigert. Es treffe zu und entspreche der einhelligen Auffassung in Rechtsprechung und Literatur, dass der Mieter, wenn der Vermieter seinen Sitz – wie hier – an einem anderen Ort habe, sein Einsichtsrecht am Ort der Mietsache ausüben dürfe.
Allerdings liege im bloßen Schweigen des Vermieters auf eine Terminsanfrage des Mieters noch keine Verweigerung der Belegeinsicht.
Grundsätzlich müsse der Vermieter aufgrund eines Terminanfrage-Schreibens nicht von sich aus tätig werden, denn bei der Belegeinsicht handele es sich nicht um eine Bringschuld. Komme keine Vereinbarung eines Einsichtstermins zustande, sei es Sache des Mieters, nach einer entsprechenden Ankündigung beim Vermieter zu den üblichen Geschäftszeiten zu erscheinen. Nur wenn dann die Unterlagen nicht am Geschäftssitz vorgelegt werden, könne eine Verweigerung der dem Vermieter obliegenden Gewährung einer Einsicht in die Abrechnungsunterlagen angenommen werden.
Der vorliegende Fall rechtfertige nicht deshalb eine andere Beurteilung, weil der Beklagte meine, keine Kenntnis von einer Niederlassung der Klägerin in Berlin gehabt zu haben.
Die Belege sind beim Vermieter oder in den Räumen eines seiner Bevollmächtigten einzusehen. Rechtsdogmatischer Ansatzpunkt für den Erfüllungsort sei nicht § 811 BGB, sondern der Leistungsort des § 269 BGB und somit der Wohnsitz des Schuldners (der Rechnungslegung). Befindet sich der Sitz des Vermieters allerdings nicht am Ort des Mietobjekts, könne der Mieter verlangen, dass ihm die Belege am Ort des Mietobjekts vorgelegt werden.
Der Beklagte habe jedoch sehr wohl Kenntnis von der Berliner Niederlassung der Klägerin als deren Bevollmächtigte gehabt, denn die Prozessbevollmächtigten des Beklagten hätten in den vorangegangenen Jahren stets in der Berliner Niederlassung Einsicht in die Belege genommen und innerhalb der Einwendungsfrist der streitigen Betriebskostenabrechnung mit der Berliner Niederlassung wegen eines Mietkontoauszugs, der das Mietverhältnis betraf, sogar noch korrespondiert. Damit könne sich der Beklagte nicht darauf hinausreden, er habe nicht gewusst, ob die Zweigniederlassung der Klägerin noch existiere.

Den Wortlaut finden Sie in GE 2020, Seite 473 und in unserer Datenbank.


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