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Neue Wohnungsgemeinnützigkeit – Andrej Holm blitzt auch bei den Mietern ab
Namen & Nachrichten
14.06.2017 (GE 11/2017, S. 610) Was verkündet er uns als nächstes? Dass er über Wasser gehen kann? Mehr an Steigerung ist ja fast nicht denkbar, nachdem der Stadtsoziologe Andrej Holm kürzlich die Behauptung aufstellte, Neubauwohnungen könnten „ohne Abstriche bei technischen oder ökologischen Standards“ für eine Quadratmeter-Miete von unter 5 € errichtet werden, sogar 4,50 € seien erreichbar. Die Zeitungen druckten kommentarlos nach. Ich frage mich, ob sie das auch täten, wenn ein Stadtsoziologe ein „Gutachten“ vorlegte, wonach eine Herztransplantation auch minimalinvasiv und zur Hälfte der Kosten durchgeführt werden könne. Oder würde wenigstens dann die Frage gestellt, welche Ausbildung und Erfahrung einen Soziologen dazu befähigen, solche Thesen aufzustellen.
Dem Stadtsoziologen Holm, der für gemunkelt 9.000 € „Schmerzensgehalt“ im Monat (das entspricht in etwa dem Gehalt eines Staatssekretärs, der nach B7 [8.900 € brutto Grundgehalt mtl. plus Zuschläge] bezahlt wird) in Diensten der LINKEN-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus steht. Allen Ernstes behauptet Holm, eine Neubaumiete von unter 5 € sei durch eine Kombination von steuerlicher Entlastung, zinsfreien Darlehen, Erbbaupachtverträgen und festgeschriebenen Gewinnverzichten unter den Bedingungen einer „neuen Wohnungsgemeinnützigkeit“ zu erreichen. Dabei schreckt der „Wissenschaftler“ vor Taschenspielertricks ebenso wenig zurück wie vor Verwendung von falschen Zahlen. Bei seiner Kostenmietberechnung setzt er beispielsweise eine „gesetzlich gewährte Verwaltungskostenpauschale von zurzeit 230 € jährlich je Wohnung“ an, tatsächlich beträgt die Verwaltungskostenpauschale je Wohnung jährlich 284,63 € – Holms Ansatz galt letztmals für Kostenmietberechnungen des Jahres 2004, das ist 13 Jahre her. Der Wertverlust der Wohngebäude soll nur in Höhe von 2 % der Herstellungskosten berücksichtigt werden – angesichts der immer kürzeren Lebenszyklen der technischen Gebäudeausstattung hält ersichtlich kein Fachmann mehr eine derartige Abschreibungsquote für ausreichend. Geradezu grotesk ist Holms „Beweisführung“ für seine These, die Subventionen des Bundes für die Wohnungswirtschaft seien nach Beendigung der Wohnungsgemeinnützigkeit rasant gestiegen. Dazu stellt er auf Seite … seiner Studie eine Grafik, die in aller Deutlichkeit ein kräftiges Ansteigen der Subventionen nach 1990 (genauer: nach 1992) zeigen. Links der 1990er Linie findet sich ein Kästchen mit der Beschriftung „vor Abschaffung der Wohnungsgemeinnützigkeit“ und rechts der Linie ein Kästchen mit der Beschriftung „nach Abschaffung der Wohnungsgemeinnützigkeit“. Zutreffenderweise müsste im linken Kästchen stehen „vor Mauerfall“ und im rechten „nach Mauerfall.“ Der eilige Leser – und das sind wir heute alle, Journalisten und Politiker zuvörderst – wird Holms kleingedruckte Texterläuterung – „Ein Grund für den drastischen Anstieg der steuerlichen Förderungen für die Wohnungswirtschaft nach 1990 sind sicher die vereinigungsbedingten Entscheidungen, nach der Wiedervereinigung verstärkt Anreize für Investitionen zu setzen“ – schlicht überlesen. Aber die Subventionen für den gesamten maroden Gebäudebestand waren nicht „ein Grund“ (Holm), sie waren der einzige Grund für den drastischen Subventionsanstieg nach 1990. Ein Wissenschaftler würde niemals mit solchen bauernfängerischen Taschenspielertricks arbeiten – Andrej Holm braucht sie offenbar, um seine kruden Ideen unters Volk zu bringen. Abgeschafft hat die alte Bundesrepublik die Wohnungsgemeinnützigkeit übrigens vor allem auch deshalb, weil ihre Protagonisten sie in Gestalt von gewerkschaftseigenen Unternehmen wie Neue Heimat mit ihrem Unternehmenslenker Albert Vietor schlicht pervertiert hatten. Ob sich die LINKE mit diesem von ihr finanzierten ideologischen Machwerk einen Gefallen getan hat, ist zweifelhaft. Dass die Mieten so hoch und so kräftig gestiegen sind, weil das Wohnen immer noch nicht „der Verfügungsgewalt freier Marktkräfte“ entzogen ist, was Holm und seine Mitstreiterin, die Bausenatorin Katrin Lompscher, aber gerne hätten, glauben nicht einmal ihre ehemaligen Freunde von der Berliner MieterGemeinschaft – das sind die mit dem Miethai im Wappen. Sie zeigen sich im Gegenteil genervt. In ihrer Zeitschrift Mieterecho schießen diese eher unideologischen Linken gegen Lompscher, weil die nicht die Weichen für mehr Neubau stellt und ihre Äußerungen – zum Beispiel, dass man der Bevölkerungsentwicklung Berlins „niemals vollständig hinterherbauen“ könne – „Wasser auf die Mühlen jener Neubauverhinderer“ seien, „denen der Wohnungsmangel am Allerwertesten vorbeigeht, solange sie nicht selbst von Wohnungslosigkeit bedroht oder betroffen“ seien. Und in der Maiausgabe analysiert die MieterGemeinschaft die Gründe für den Mietanstieg so: „Die steigenden Mieten in der Stadt haben ihre Ursache in dem sich ständig vergrößernden Missverhältnis zwischen Angebot und Nachfrage. Die Spekulation kann erst auf dieser Grundlage erblühen. Sie ist ein Ergebnis der Wohnungsknappheit und nicht umgekehrt. In den 1990er Jahren wurde ausreichend gebaut, und keine ‚Partizipation‘ argumentierte dagegen mit Verschattung oder der Gefährdung einer Frischluftschneise. In diesen Jahren ließ sich der Wohnungsbedarf halbwegs angemessen decken und Umzüge wurden nicht zu einer Existenzfrage. In der gegenwärtigen Regierungskoalition sucht man ein Bewusstsein für diese einfachen Zusammenhänge vergeblich.“ Wir hätten es nicht besser sagen können. 


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