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Vorwärts nimmer, rückwärts immer!
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03.05.2017 (GE 08/2017, S. 438) Ich gebe zu, Berlins Stadtentwicklungs- und Wohnungssenatorin Katrin Lompscher gibt mir zur Zeit ein paar Rätsel auf. Als sie kürzlich zusammen mit der Investitionsbank Berlin (IBB) deren traditionellen Wohnungsmarktbericht vorlegte und von Journalisten gefragt wurde, was die Wohnungspolitik für den immer wieder gern zitierten mit einer Krankenschwester verheirateten Polizisten tue, ließ Lompscher durchblicken, dass sie eine Erhöhung der WBS-relevanten Einkommensgrenzen von 140 % auf 160 % erwäge.
Damit hätten – statt wie bisher knapp 50 % – künftig 63 % der Berliner (rund 1,25 Millionen Haushalte statt 1 Million) Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein für die (Stand 28. Februar 2017) verbliebenen 105.687 Sozialwohnungen, von denen jährlich aber kaum mehr als 2.500 neu vermietet werden. Ich kann verstehen, wenn die meisten jetzt denken: Was für eine bekiffte Idee, die Zahl der WBS-Berechtigten auch noch auszudehnen, wenn man auch nicht im entferntesten eine Chance hat, die schon bisher Berechtigten in Sozialwohnungen unterzubringen, statt ihre Zahl einzuschränken durch eine Senkung der Einkommensgrenzen zum Wohl der wirklich Bedürftigen. Und wenn man dann noch weiter überlegt, dass höhere Einkommensgrenzen die Konkurrenz zu Lasten der Ärmsten noch drastisch weiter verschärfen, weil die bisherigen Berechtigten es künftig zusätzlich mit etwa einer Viertelmillion besserverdienender Haushalte als Mitbewerbern zu tun haben, werden sicherlich viele am Verstand der Senatorin zweifeln. Aber damit täte man ihr bitter Unrecht. Die Frau hat einen völlig anderen Plan im Kopf. Welchen, das hat sie kürzlich in einem Interview mit dem Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) durchblicken lassen. Dort antwortete sie auf die Frage nach ihrer Vision für ein soziales Berlin mit diesem Satz: „Eine politische Strategie muss das Wohnen Stück für Stück der Verfügungsgewalt freier Marktkräfte entziehen und zu einem Projekt öffentlicher Daseinsvorsorge umgestalten.“ Vor diesem Hintergrund ist der Zwischenschritt, erst einmal die Einkommensgrenzen immer weiter zu erhöhen, bis am Ende jeder Berliner Haushalt wohnberechtigt ist, völlig rational, weil dann der Staat gar nicht umhin käme, als der große Problemlöser das preisfreie Wohnen für alle zu gewährleisten – herrschen durch Betreuen. Die DDR, in der Katrin Lompscher sozialisiert wurde, hat ja – wie alle sozialistischen und/oder kommunistischen Systeme rund um den Globus – bereits glänzend bewiesen, wie gut dieses Schlaraffenland funktioniert. Und im Westen wie im Osten hat man längst vergessen, dass in der DDR vor allem die Zahl der Wohnberechtigungen und die Zahl der unbewohnbaren Altbauten gewachsen sind. Der Sozialismus hat einen Lauf, Esel gibt‘s scheinbar immer zuhauf! Erich Honecker lässt grüßen: Vorwärts nimmer, rückwärts immer!
Autor: Dieter Blümmel


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