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Schweigen ist Gold
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19.11.2020 (GE 21/2020, S. 1335) Maulkorb für Dr. Eric Schweitzer, den Präsidenten des Deutschen Industrie- und Handelskammertags e.V. (DIHK), seinen machtbewussten Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben und im Grunde für alle Präsidenten und Geschäftsführer von Industrie- und Handelskammern, also auch für die lustvoll politisierenden Berliner Vertreter (Hauptgeschäftsführer Jan Eder und die Präsidentin Beatrice Kramm). Verpasst wurde der Maulkorb faktisch vom Bundesverwaltungsgericht. Das hatte nämlich durch Urteil vom 14. Oktober 2020 - BVerwG 8 C 23.19 - entschieden, dass das Mitglied einer Industrie- und Handelskammer (IHK) den Austritt seiner Kammer aus dem DIHK verlangen kann, wenn diese mehrfach und nicht nur in atypischen Ausreißerfällen die gesetzlichen Kompetenzgrenzen der Kammern überschritten hat und keine hinreichenden Vorkehrungen bestehen, um die Wiederholung von Kompetenzverstößen zuverlässig zu verhindern.
Geklagt hatte Thomas Siepelmeyer, Chef der Windenergie-Firma Davertwind in Münster-Hiltrup. Er hatte sich darüber geärgert, dass der DIHK ständig gegen den Ausbau erneuerbarer Energien stichelte und er gleichzeitig von Gesetzes wegen IHK-Mitglied sein muss. Das Bundesverwaltungsgericht hatte in einem ersten Revisionsurteil vom 23. März 2016 - BVerwG 10 C 4.15 - entschieden, dass ein grundrechtlicher Anspruch auf Austritt der Kammer aus dem Dachverband besteht, wenn dieser – wie der DIHK – in der Vergangenheit mehrfach und nicht nur in atypischen Ausreißerfällen gegen die Kompetenzgrenzen seiner Mitgliedskammern verstoßen hat, und wenn mit einer erneuten Missachtung der Kompetenzgrenzen zu rechnen ist. Das Bundesverwaltungsgericht hatte den Rechtsstreit an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen, das aber einen Austrittsanspruch von Siepelmeyers Unternehmen erneut verneinte. Zwar hätten auch zahlreiche Äußerungen des DIHK seit 2016 die Kompetenzgrenzen seiner Mitgliedskammern überschritten. Auch fehle dem Verband die Einsicht in vergangene Aufgabenüberschreitungen und ein ausreichendes Bewusstsein für die vom Bundesverwaltungsgericht verdeutlichten Grenzen seiner Öffentlichkeitsarbeit. Er habe den Kammermitgliedern in seiner Satzung mittlerweile jedoch einen klagefähigen Anspruch auf Unterlassung weiterer Überschreitungen eingeräumt. Dies rechtfertige trotz des Mangels an Einsicht die Annahme, dass zukünftig weitere Verstöße verhindert werden könnten. Auf die erneute Revision Siepelmeyers hat das Bundesverwaltungsgericht die beklagte Kammer (IHK Nord Westfalen) verurteilt, ihren Austritt aus dem DIHK zu erklären. Für Schweitzer & Co. bedeutet das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, dass sie sich nur noch äußern dürfen, nachdem die Hausjuristen jede geplante Äußerung mit Leipziger Kernseife weichgespült haben und künftig einen weiten Bogen um Live-Interviews, Pressekonferenzen, Pressemitteilungen, Pressegespräche und Podiumsdiskussionen machen müssen. Keine schöne Aussicht für Journalisten, aber gute Aussichten für Kammerrebellen, sich aus der ungeliebten Mitgliedschaft in den IHK zu lösen, denn der Anspruch eines Mitglieds gegenüber seiner zuständigen Kammer, bei Kompetenzverstößen des DIHK aus diesem austreten zu müssen, folgt logischerweise auch dem Anspruch eines IHK-Mitglieds, aus seiner örtlichen IHK austreten zu dürfen, wenn die gegen ihre Kompetenzen verstößt.
Autor: Dieter Blümmel


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