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Ausnutzung einer Zwangslage bei der Schenkung
Fast 100-Jähriger von der Familie unter Druck gesetzt
15.05.2023 (GE 7/2023, S. 331) Ist der Schenker aufgrund einer objektiven oder subjektiven Zwangslage zur Schenkung veranlasst worden, kann der Vorwurf der Sittenwidrigkeit nicht nur solche Personen treffen, die diese Zwangslage herbeigeführt haben. Vielmehr kann es ausreichen, wenn der Zuwendungsempfänger sich eine bestehende Zwangslage bewusst zunutze macht.
Der Fall: Der 97jährige Kläger übertrug seinen beiden Enkeln (Beklagte) Wertpapiere von je 200.000 € und seinem Sohn mit Vertrag vom selben Tag ein Mietshaus. Sohn und Enkel hatten den Vater/Großvater monatelang intensiv überwacht und weitgehend isoliert.
Am Abend vor der Beurkundung der Schenkungsverträge hatte der Vater der Beklagten seinen Vater über längere Zeit hinweg „bearbeitet“ und ihn am nächsten Morgen in Begleitung der Beklagten zum Notar gefahren, wo ihm erstmals der Inhalt der Verträge mitgeteilt wurde.
Unmittelbar nach dem Notartermin hatte der Kläger verhindert, dass die Bank den Enkeln die Wertpapiere übertrug. Rund einen Monat später erklärte der Kläger Anfechtung des Wertpapier-Schenkungsvertrags. LG und OLG wiesen die Klage ab, die Revision des Klägers war erfolgreich.

Das Urteil: Ist der Schenker aufgrund einer objektiven oder subjektiven Zwangslage zur Schenkung veranlasst worden, kann der Vorwurf der Sittenwidrigkeit nicht nur solche Personen treffen, die diese Zwangslage herbeigeführt haben. Vielmehr kann es ausreichen, wenn der Beschenkte sich eine bestehende Zwangslage bewusst zunutze macht. Dies kann auch der Fall sein, wenn der Beschenkte den Schenkungsvertrag abschließt, obwohl er weiß, dass der Schenker
aufgrund einer solchen Zwangslage gehandelt hat.

Den Wortlaut finden Sie in GE 2023, Seite 349 und in unserer Datenbank.


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