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Solaranlage auf Garagendach
WEG-Beseitigungsanspruch
09.05.2023 (GE 6/2023, S. 275) Eine Solaranlage auf dem Garagendach („Balkonkraftwerk“) stellt jedenfalls dann keine optische Beeinträchtigung dar, wenn bereits die zur Garage zeigende Dachseite des Hauses mit Solarplatten bestückt ist. Fügt sich eine bauliche Veränderung somit in das Gesamtbild des Gebäudes ein, entfällt der sonst gegebene Beseitigungsanspruch.
Der Fall: Der klagende Wohnungseigentümer verlangt von dem Beklagten die Entfernung einer Solaranlage, die dieser auf einem Garagendach angebracht hat, und die nach seiner Meinung eine unzulässige, bauliche Veränderung darstellt. Das AG hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Hiergegen dessen Berufung.

Das Urteil: Die Berufung führt zur Abweisung der Klage. Die Aktivlegitimation des Klägers besteht auch nach der WEG-Reform 2020 weiter. Materiell gilt jedoch das neue WEG-Recht, zumal es entscheidend auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ankommt.
Ein Anspruch des Klägers aus § 1004 BGB (Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch bei Besitzstörung), den er auch allein geltend machen kann, besteht nicht, weil die Solaranlage auf dem Garagendach keinen Nachteil im Sinne des Gesetzes darstellt, so dass der Kläger nach § 20 Abs. 3 WEG n.F. einen Anspruch auf Gestattung der Maßnahme hat, was dem Beseitigungsanspruch entgegensteht. Entscheidend, ob ein Nachteil vorliegt, ist, ob sich nach der Verkehrsanschauung ein Wohnungseigentümer in der entsprechenden Lage verständlicherweise beeinträchtigt fühlen kann.
Eine bauliche Veränderung ist allerdings gegeben. Diese besteht auch bei einer sonstigen dauerhaften Änderung des äußeren Erscheinungsbildes der Wohnanlage. Eine erhebliche optische Veränderung des Gesamteindrucks der Wohnanlage ist hier aber nicht zu bejahen. Wie auf dem vorgelegten Bild erkennbar, ist nahezu das gesamte Dach auf der Seite, welche der Garage zugewandt ist, mit Solarplatten versehen. Die Ausgestaltung ist ähnlich; hinzu kommt, dass auf dieser Seite des Hauses auch nur ein Fenster vorhanden ist, so dass aus dem Haus die Veränderung nur wenig sichtbar ist.

Anmerkung: Die Rechtslage wird sich bei der erstmaligen Anbringung einer Solaranlage, etwa an Balkongittern oder auch an Dächern, anders darstellen, denn das äußere Erscheinungsbild einer Wohnanlage wird durch das WEG besonders geschützt (vgl. schon § 5 Abs. 1 WEG). Nach § 20 Abs. 3 WEG kann in diesen Fällen nur noch die Zustimmung zu einer baulichen Veränderung verlangt werden, wenn alle Wohnungseigentümer einverstanden sind. Ob das Nichtvorgehen bei an sich nicht zulässigen einseitigen baulichen Veränderungen durch eine Solaranlage einen Anspruch auf weitere Gestattungen verschaffen kann, wird die Rechtsprechung noch zu klären haben. Dabei wird es sich um Einzelfallentscheidungen handeln.

Den Wortlaut finden Sie in GE 2023, Seite 305 und in unserer Datenbank.
Autor: VRiKG a. D. Dr. Lothar Briesemeister


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