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Unzulässige Untersagung des Abstellens von E-Autos in der Tiefgarage
Verstoß gegen ein Gesetzgebungsziel
08.06.2022 (GE 9/2022, S. 453) Ein Beschluss, der das Abstellen von E-Autos in der Tiefgarage untersagt, macht den individuellen Rechtsanspruch des § 20 Abs. 2 Nr. 2 WEG zunichte und verstößt damit gegen ein wesentliches gesetzgeberisches Ziel der WEG-Reform und gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung, auch wenn man zugunsten der Wohnungseigentümergemeinschaft unterstellt, dass die Brandgefahr bei Elektrofahrzeugen größer ist als bei Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor.
Der Fall: Die Beklagte ist eine WEG. Die Klägerin ist Eigentümerin eines zum Zeitpunkt der Klageerhebung vermieteten Sondereigentums, verbunden mit dem Sondernutzungsrecht an einem Tiefgaragenstellplatz. Der Mieter nutzte ein Hybrid-Fahrzeug, das er auf dem angemieteten Stellplatz in der Tiefgarage abstellte. Das Mietverhältnis ist zwischenzeitlich beendet. Die Wohnungseigentümer beschlossen mehrheitlich, dass das Abstellen von E-Autos in der Tiefgarage bis auf Weiteres untersagt wird. Dieser Beschluss wird von der Klägerin angefochten. Die Beklagten verneinen ein Rechtsschutzbedürfnis, da das Mietverhältnis beendet ist. Die Beklagte behauptet, es bestehe die Gefahr, dass sich die Lithium-Ionen-Batterien, mit denen Elektrofahrzeuge betrieben werden, entzünden. Nach Lage der Dinge müsste in einem Brandfall das Elektroauto in der Tiefgarage ausbrennen, was eine nicht hinzunehmende Gefahr für das Gemeinschaftseigentum darstelle.

Das Urteil: Das AG bejaht ein Rechtsschutzbedürfnis, weil das Anfechtungsrecht dem Interesse aller Wohnungseigentümer auf ordnungsgemäße Verwaltung diene. Die Klage ist auch begründet.
Zwar sei der angegriffene Beschluss nicht mangels Beschlusskompetenz nichtig, denn die Wohnungseigentümer hätten die Beschlusskompetenz für Nutzungsregelungen hinsichtlich des Gemeinschafts- und des Sondereigentums. Der angegriffene Beschluss verstoße jedoch gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung. Mit der Reform des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes habe der Gesetzgeber jedem einzelnen Wohnungseigentümer ein individuelles Recht auf die Gestattung baulicher Maßnahmen, die dem Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge dienten, gegeben. Dieser individuelle Anspruch sei nicht abdingbar und würde durch den angegriffenen Beschluss ins Leere laufen. Der einzelne Wohnungseigentümer könnte zwar die Installation einer Lademöglichkeit erzwingen, könnte sie jedoch anschließend nicht nutzen. Damit verstoße der angegriffene Beschluss gegen ein wesentliches gesetzgeberisches Ziel der WEG-Reform, da die Schaffung von Ladeinfrastruktur die „Triebfeder“ der WEG-Reform gewesen sei. Daher verstoße der angegriffene Beschluss gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung, selbst wenn man zugunsten der Beklagten die behauptete besondere Brandgefahr von Elektrofahrzeugen als zutreffend unterstelle.

Den Wortlaut finden Sie in GE 2022, Seite 484 und in unserer Datenbank.


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