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Haftung der anderen Wohnungseigentümer?
Aufwendungsersatzansprüche eines Wohnungseigentümers
19.07.2019 (GE 12/2019, S. 774) Sozialverbindlichkeiten (Ansprüche anderer Wohnungseigentümer aus dem Gemeinschaftsverhältnis) können nur über Wirtschaftspläne, Jahresabrechnungen und Sonderumlagen zahlbar gemacht werden.
Der Fall: Der Kläger ist Inhaber eines ME von 8/100, verbunden mit dem Sondereigentum an der Dachwohnung. Eigentümerin der weiteren Teil- und Wohnungseigentumseinheiten ist eine GbR. Die WEG verfügte über kein eigenes Konto. Die laufenden Kosten wurden im Wesentlichen von dem Geschäftskonto der GbR beglichen. Von 2009 bis Anfang 2012 gab es keinen Verwalter, keine Eigentümerversammlungen, keine Wirtschaftspläne und keine Jahresabrechnungen. Im Herbst 2009 wurde die Prämie für die Gebäudeversicherung nicht gezahlt. Zum Erhalt des Versicherungsschutzes sprang der Kläger mit 3.703,92 € ein. Er verlangt von den Beklagten als Gesellschaftern der GbR unter Anrechnung seines Miteigentumsanteils restliche 92 % seiner Aufwendungen zugunsten der WEG. Das AG hat die Klage abgewiesen. Berufung und zugelassene Revision waren erfolglos.

Das Urteil: Der BGH prüft lang und breit die Anspruchsgrundlage aus § 10 Abs. 8 Satz 1 WEG und beschränkt diese auf eine nur im Außenverhältnis anwendbare Regelung. Die Willensbildung der Gemeinschaft über die Finanzausstattung und die Deckung von Finanzierungslücken würde gestört, könnte ein Wohnungseigentümer die anderen wegen seiner im Gemeinschaftsverhältnis wurzelnden Ansprüche ohne Einhaltung des im WEG vorgesehenen Verfahrens unmittelbar (insbesondere ohne Beschlussfassungen über einen Wirtschaftsplan und eine Jahresabrechnung) in Anspruch nehmen, und sei es auch nur anteilig. Diese Verpflichtungen sind als „Sozialverbindlichkeiten“ zu bezeichnen, wie etwa der Anspruch auf Auskehrung eines Abrechnungsguthabens aus einer Jahresabrechnung. Entsprechendes gilt für Aufwendungsersatzansprüche des Wohnungseigentümers, die ihm wegen der Begleichung von Verbindlichkeiten des Verbands gegen diesen zustehen.

Anmerkung: Selbst wenn eine Zahlung des Wohnungseigentümers zu einem Forderungsübergang auf ihn führen sollte, handelt es sich nicht um eine normale Drittgläubigerforderung, für die § 10 Abs. 8 Satz 1 WEG gilt; wegen der vorrangigen Regeln des Innenverhältnisses kann er sich nicht darauf berufen. Dies gilt auch (wie hier) für eine Notgeschäftsführung. Ein Durchgriff gegen die anderen Wohnungseigentümer ungeachtet der Innenverhältnisregelungen kommt bei einer Sozialverbindlichkeit auch dann nicht in Betracht, wenn das Verbandsvermögen nicht ausreicht, den Aufwendungsersatzanspruch des leistenden Wohnungseigentümers zu erfüllen. In einem solchen Fall muss der Wohnungseigentümer eine Beschlussfassung herbeiführen, notfalls über eine Beschlussersetzungsklage. Ob für zerstrittene Zweier-WEGen etwas anderes gilt, wird nicht entschieden, weil es nach den Feststellungen des LG nicht zu einem Patt wg. Stimmengleichheit kommen kann. Nicht entschieden ist ebenfalls die Rechtsfrage, wenn der zahlende Wohnungseigentümer inzwischen aus der Gemeinschaft ausgeschieden ist. Es stellt sich dann die Frage, ob neben dem Rechtsinstitut des werdenden Wohnungseigentümers, auf den schon die Regeln des WEG anwendbar sind, nach dem Ausscheiden spiegelbildlich auch ein ausscheidender Wohnungseigentümer anzunehmen ist, dem gegenüber dem Verband noch nachwirkende prozessuale und auch materielle Rechte zustehen. Das ist etwa zu bejahen, wenn die Anfechtungsfrist gegen den Eigentümerbeschluss noch läuft und erst zu diesem Zeitpunkt der Wohnungseigentümer durch Umschreibung im Grundbuch aus der Gemeinschaft ausscheidet.

Den Wortlaut finden Sie in GE 2019, Seite 803 und in unserer Datenbank.
Autor: VRiKG a. D. RA Dr. Lothar Briesemeister AKD Anwaltskanzlei Dittert


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