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„Gaststube“: Zwischen Zweckbestimmungen und Funktionsbezeichnungen ist zu trennen
Gemischtes Wohn- und Teileigentum
03.12.2018 (GE 21/2018, S. 1319) Werden einzelne, zu einer Sondereigentumseinheit gehörende Räume in der Teilungserklärung mit ihrer Funktionsbezeichnung benannt („Gaststube“, „kleiner Gastraum“, „Vorratsraum“ usw.), und erfolgt dies erkennbar nur im Zusammenhang mit der räumlichen Abgrenzung des Sondereigentums, so handelt es sich um keine Zweckbestimmungen im Sinne von § 15 Abs. 1 WEG; Funktionsbezeichnungen in der Teilungserklärung erfolgen regelmäßig nur im Zusammenhang mit der räumlichen Abgrenzung des jeweiligen Sondereigentums.
Der Fall: Die Beklagten sind Sondereigentümer der im Aufteilungsplan mit der Nr. 3 bezeichneten Teileigentumseinheit. Diese ist beschrieben u. a. als Gewerberaumeinheit im EG und Keller, bestehend aus einer Gaststube, einem kleinen Gastraum, zwei Vorratsräumen, einem Kühlzellenraum, drei Lagerräumen, einem kleinen Vorflur, einem Treppenvorraum mit Treppe und Biereinwurf usw. In diesen Räumen wurde über mehrere Jahre eine Gaststätte betrieben. Ihr Betreiber verlegte die ursprünglich im Souterrain der Teileigentumseinheit Nr. 3 gelegene Küche in einen im 1. OG der Einheit gelegenen, im Aufteilungsplan als „kleiner Gastraum“ bezeichneten Raum. Der Gaststättenbetrieb wurde im Februar 2018 eingestellt. Die Einheit wird seitdem nicht genutzt.
Der Kläger, der sich durch den Küchenbetrieb und die damit verbundenen Geräuschemissionen gestört fühlt, hat erstinstanzlich erreichen wollen, dass der Beklagte die Küche wieder an den ursprünglichen Ort zurückverlegt oder hilfsweise die störenden Geräuschimmissionen zukünftig unterlässt. Das AG hat der Klage wegen des Hilfsantrags stattgegeben und sie wegen des Antrags auf Rückbau der Küche abgewiesen. Beide Seiten haben Berufung eingelegt.

Das Urteil: Das LG hat die Klage insgesamt abgewiesen. Dem Kläger steht gegen den Beklagten kein Anspruch auf Unterlassung von Geräuschemissionen zu, zumal gegenwärtig keine weiteren Störungen zu besorgen sind. Der Kläger kann auch von dem Beklagten weder verlangen, dass dieser jegliche Küchennutzung im Bereich seiner Teileigentumseinheit unterlässt, noch steht ihm ein Anspruch zu, die in das OG verlegte Küche zurückzubauen und an die ursprüngliche Stelle im Souterrain zu verlegen. Die maßgebliche Teilungserklärung enthält keine Beschränkung der Gebrauchsbefugnisse, die es dem Beklagten verbieten würde, eine Küche in seine Einheit einzubauen und auch zu verlegen.

Anmerkung: Beachtenswert sind auch die einleitenden Ausführungen des LG zur ordnungsmäßigen Einlegung der Berufung des Beklagten. Die Berufungsschrift und auch die Berufungsbegründung waren nicht ordnungsgemäß unterschrieben worden. Ein Schriftzug, der seinem äußeren Erscheinungsbild nach eine bewusste und gewollte Namensabkürzung darstellt, genügt den an eine eigenhändige Unterschrift zu stellenden Anforderungen nicht. Dem Beklagten ist aber auf seinen fristgerechten Antrag hin nach Maßgabe des § 233 ZPO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dem Beklagten bzw. seinem Prozessbevollmächtigten ist wegen der mangelhaften Unterschriften unter den Schriftsätzen kein Schuldvorwurf zu machen. Denn der Prozessbevollmächtigte des Beklagten hat auch die von ihm eingereichten Schriftsätze erster Instanz jeweils mit einem Schriftzug unterzeichnet, der nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Unterzeichnung bestimmender Schriftsätze genügt. Auch die dort angebrachten Unterschriften bestehen nur aus dem Anfangsbuchstaben seines Nachnamens und enthalten auch nicht wenigstens einen lediglich flüchtig angebrachten, kurzen und wellenförmigen Zusatz. Dies ist aber erstinstanzlich nicht beanstandet worden. Deshalb durfte der Beklagte darauf vertrauen, dass diese Art der Unterzeichnung den von der Rechtsprechung entwickelten Anforderungen genügte (BGH, NJW 2013,1966).

Den Wortlaut finden Sie in GE 2018, Seite 1405 und in unserer Datenbank.
Autor: VRiKG a. D. RA Dr. Lothar Briesemeister AKD Anwaltskanzlei Dittert


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