Recht → Wohnungseigentumsrecht
Anspruch des Wohnungseigentümers auf Einsichtnahme in die Verwaltungsunterlagen
Umfang und Gegenstand
19.03.2025 (GE 4/2025, S. 174) § 18 Abs. 4 WEG gibt einem Wohnungseigentümer einen Anspruch auf Einsichtnahme in sämtliche Verwaltungsunterlagen. Zu den Verwaltungsunterlagen gehören u. a. die Niederschriften der Versammlungen der Verwaltungsbeiräte, aber auch Verwaltungsunterlagen, die sich bei Dritten, etwa bei einem beauftragten Steuerberater befinden; insoweit muss die Wohnungseigentümergemeinschaft notfalls die Unterlagen zur Ermöglichung der Einsicht zurückfordern.
Der Fall: Wohnungseigentümer K. klagt auf Einsichtnahme in die Verwaltungsunterlagen. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ist dazu vor allem aus drei Gründen nicht bereit: Erstens habe sie K. bereits Kopien von den Verwaltungsunterlagen übersandt (es ist allerdings streitig, ob das Kopien von sämtlichen Verwaltungsunterlagen waren). Zweitens befinde sich ein Teil der Verwaltungsunterlagen, die K. sehen wolle, beim Steuerberater. Und drittens gehörten die Niederschriften der Versammlungen der Verwaltungsbeiräte, die K. auch sehen wolle, nicht zu den Verwaltungsunterlagen.
Das Urteil: Die Klage hat Erfolg! Durch die Übersendung der Kopien sei keine Erfüllung (§ 362 Abs. 1 BGB) eingetreten. Denn K. habe einen Anspruch auf Einsicht in die Originale der Verwaltungsunterlagen, soweit diese in Papier vorhanden seien. Wäre es nicht so, habe er ein Recht auf eine Einsichtnahme in die digitalisierten Daten. Die Einsichtnahme könne „im Regelfall“ im Büro des Verwalters ausgeübt werden. Sollten sich Verwaltungsunterlagen beim Steuerberater befinden, seien diese von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu beschaffen. Es sei im Fall auch klar, um welche Unterlagen es sich handele. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer schulde schließlich auch eine Einsichtnahme in die Niederschriften der Versammlungen der Verwaltungsbeiräte. Denn diese seien, anders als private Mitschriften, Verwaltungsunterlagen, die sich die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer notfalls beschaffen müsse. Soweit sie einwende, es sei unklar, ob derartige Niederschriften überhaupt vorhanden seien, sei dies nicht ausreichend. Der Verwaltungsbeirat sei Organ der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer.
Anmerkung: Jeder Wohnungseigentümer kann nach § 18 Abs. 4 WEG von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer Einsicht in die Verwaltungsunterlagen verlangen. Welche Unterlagen das sind, darüber sagt die Vorschrift allerdings nichts. Ferner sagt sie nichts dazu, ob ein Wohnungseigentümer eine Einsichtnahme in die Originale verlangen kann, oder ob sein Anspruch auch durch eine Einsichtnahme in Kopien erfüllt ist. Und schließlich schweigt das Gesetz zur Frage, wo die Verwaltungsunterlagen eingesehen werden können.
Was die „Verwaltungsunterlagen“ i.S.v. § 18 Abs. 4 WEG sind, muss durch Auslegung geklärt werden. Danach sind es die schriftlichen oder digitalen Unterlagen in Bezug auf das gemeinschaftliche Eigentum und in Bezug auf das Gemeinschaftsvermögen. Zu den Verwaltungsunterlagen gehören sämtliche originären Unterlagen in Bezug auf die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums sowie sämtliche Unterlagen, die später entstanden sind, beispielsweise aus der Geschäftsbesorgung des Verwalters (Hügel/Elzer, 4. Aufl. 2025, WEG § 18 Rn. 154). Dass, wie es das LG auch entscheidet, Unterlagen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, die sich bei Dritten befinden, z. B. bei einem Rechtsanwalt, Sachverständigen oder Steuerberater, zu den Verwaltungsunterlagen gehören, kann keinem Zweifel unterliegen. Für die Niederschriften der Versammlungen der Verwaltungsbeiräte kann auch nichts anderes gelten. Denn, hier ist dem LG wenigstens im Ergebnis zu folgen, zwar ist nicht der Verwaltungsbeirat, aber sind die Verwaltungsbeiräte grundsätzlich als Organe der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer anzusehen. Führen die Verwaltungsbeiräte entsprechend § 24 Abs. 6 WEG über ihre Sitzungen Niederschriften, was möglich, aber nicht zwingend ist, gehören diese Niederschriften daher selbstverständlich zu den Verwaltungsunterlagen und sind kein privatim.
Mit dem LG ist weiter anzunehmen, dass ein Wohnungseigentümer ein Recht darauf hat, die Originale der Verwaltungsunterlagen einzusehen. Im Mietrecht ist es trotz § 556 Abs. 4 Satz 1 BGB, der seit dem 1. Januar 2025 anwendbar ist, nicht anders (s. auch BT-Drs. 20/11306, 99 unter Hinweis auf BGH, GE 2022, 193 Rn. 15). Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ist entsprechend § 556 Abs. 4 Satz 2 BGB allerdings nicht daran gehindert, Originalbelege grundsätzlich einzuscannen oder anders zu digitalisieren, dann zu vernichten und dem Wohnungseigentümer nur Ausdrucke zur Verfügung zu stellen oder eine digitale Einsichtnahme zu ermöglichen (LG Frankfurt/Main, IMR 2023, 370). Ferner ist vorstellbar, dass die Originalbelege sowieso nur digital vorliegen (s. auch BGH, GE 2022, 193 Rn. 27 zum Mietrecht). In Zeiten der E-Rechnung wird dieser „Korb“ sich rasch füllen.
Ein von der Verwaltung gewähltes Scanverfahren zur Dokumentenspeicherung und -verwaltung muss fälschungssicher sein (zum Mietrecht und dem Scannen von Abrechnungsbelegen vgl. LG Hamburg, ZMR 2020, 957; LG Hamburg, WuM 2004, 97; AG Mainz ZMR 1999, 114; Meyer-Abich NZM 2023, 61 [70]; Lindner ZMR 2021, 357 [361]; Lützenkirchen NZM 2018, 266 [268]). Eine ausreichende Scan- und Datensicherheit soll beispielsweise die „Technische Richtlinie ersetzendes Scannen“ (TR-RESISCAN) abbilden (www.bsi.bund.de/resiscan). Auf Basis der bereits existierenden Empfehlungen – z. B. DOMEA, GdPDU und weiteren, deren Gültigkeit nicht beeinträchtigt werden soll – führt die TR entlang eines strukturierten Scanprozesses die sicherheitsrelevanten technischen und organisatorischen Maßnahmen, die beim ersetzenden Scannen zu berücksichtigen sind, zusammen. Dabei werden die Ziele der Informationssicherheit und der Rechtssicherheit gleichermaßen berücksichtigt. Die TR-RESISCAN, Stand 2024, findet sich zum kostenlosen Download hier: www.bsi.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/BSI/Publikationen/TechnischeRichtlinien/TR03138/TR-03138_V1_5.pdf?__blob=publicationFile&v=15.
Die Frankfurter Richter schreiben im Übrigen zum Erfüllungsort, die Einsichtnahme könne „im Regelfall“ im Büro des Verwalters ausgeübt werden. Das überzeugt, nicht nur für einen nicht näher beschriebenen Regelfall, ist indes nicht unstreitig. Denn auch ich meine, der Leistungsort sei gem. § 269 Abs. 1 BGB („nach den Umständen“) der Sitz des Verwalters und nicht die Wohnungseigentumsanlage (s. auch Zschieschack, ZWE 2023, 244 [246]). Zwar wurde die im Referentenentwurf vorgesehene Klarstellung „Der Anspruch ist an dem Ort zu erfüllen, an dem die Verwaltung geführt wird“ nicht in das Gesetz übernommen. Es ist aber nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber den Verwalter zwingen wollte, die Verwaltungsunterlagen am Ort der Wohnungseigentumsanlage zu präsentieren (Hügel/Elzer, 4. Aufl. 2025, WEG § 18 Rn. 160).
Den Wortlaut finden Sie in GE 2025, Seite 197 und in unserer Datenbank.
Das Urteil: Die Klage hat Erfolg! Durch die Übersendung der Kopien sei keine Erfüllung (§ 362 Abs. 1 BGB) eingetreten. Denn K. habe einen Anspruch auf Einsicht in die Originale der Verwaltungsunterlagen, soweit diese in Papier vorhanden seien. Wäre es nicht so, habe er ein Recht auf eine Einsichtnahme in die digitalisierten Daten. Die Einsichtnahme könne „im Regelfall“ im Büro des Verwalters ausgeübt werden. Sollten sich Verwaltungsunterlagen beim Steuerberater befinden, seien diese von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu beschaffen. Es sei im Fall auch klar, um welche Unterlagen es sich handele. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer schulde schließlich auch eine Einsichtnahme in die Niederschriften der Versammlungen der Verwaltungsbeiräte. Denn diese seien, anders als private Mitschriften, Verwaltungsunterlagen, die sich die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer notfalls beschaffen müsse. Soweit sie einwende, es sei unklar, ob derartige Niederschriften überhaupt vorhanden seien, sei dies nicht ausreichend. Der Verwaltungsbeirat sei Organ der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer.
Anmerkung: Jeder Wohnungseigentümer kann nach § 18 Abs. 4 WEG von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer Einsicht in die Verwaltungsunterlagen verlangen. Welche Unterlagen das sind, darüber sagt die Vorschrift allerdings nichts. Ferner sagt sie nichts dazu, ob ein Wohnungseigentümer eine Einsichtnahme in die Originale verlangen kann, oder ob sein Anspruch auch durch eine Einsichtnahme in Kopien erfüllt ist. Und schließlich schweigt das Gesetz zur Frage, wo die Verwaltungsunterlagen eingesehen werden können.
Was die „Verwaltungsunterlagen“ i.S.v. § 18 Abs. 4 WEG sind, muss durch Auslegung geklärt werden. Danach sind es die schriftlichen oder digitalen Unterlagen in Bezug auf das gemeinschaftliche Eigentum und in Bezug auf das Gemeinschaftsvermögen. Zu den Verwaltungsunterlagen gehören sämtliche originären Unterlagen in Bezug auf die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums sowie sämtliche Unterlagen, die später entstanden sind, beispielsweise aus der Geschäftsbesorgung des Verwalters (Hügel/Elzer, 4. Aufl. 2025, WEG § 18 Rn. 154). Dass, wie es das LG auch entscheidet, Unterlagen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, die sich bei Dritten befinden, z. B. bei einem Rechtsanwalt, Sachverständigen oder Steuerberater, zu den Verwaltungsunterlagen gehören, kann keinem Zweifel unterliegen. Für die Niederschriften der Versammlungen der Verwaltungsbeiräte kann auch nichts anderes gelten. Denn, hier ist dem LG wenigstens im Ergebnis zu folgen, zwar ist nicht der Verwaltungsbeirat, aber sind die Verwaltungsbeiräte grundsätzlich als Organe der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer anzusehen. Führen die Verwaltungsbeiräte entsprechend § 24 Abs. 6 WEG über ihre Sitzungen Niederschriften, was möglich, aber nicht zwingend ist, gehören diese Niederschriften daher selbstverständlich zu den Verwaltungsunterlagen und sind kein privatim.
Mit dem LG ist weiter anzunehmen, dass ein Wohnungseigentümer ein Recht darauf hat, die Originale der Verwaltungsunterlagen einzusehen. Im Mietrecht ist es trotz § 556 Abs. 4 Satz 1 BGB, der seit dem 1. Januar 2025 anwendbar ist, nicht anders (s. auch BT-Drs. 20/11306, 99 unter Hinweis auf BGH, GE 2022, 193 Rn. 15). Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ist entsprechend § 556 Abs. 4 Satz 2 BGB allerdings nicht daran gehindert, Originalbelege grundsätzlich einzuscannen oder anders zu digitalisieren, dann zu vernichten und dem Wohnungseigentümer nur Ausdrucke zur Verfügung zu stellen oder eine digitale Einsichtnahme zu ermöglichen (LG Frankfurt/Main, IMR 2023, 370). Ferner ist vorstellbar, dass die Originalbelege sowieso nur digital vorliegen (s. auch BGH, GE 2022, 193 Rn. 27 zum Mietrecht). In Zeiten der E-Rechnung wird dieser „Korb“ sich rasch füllen.
Ein von der Verwaltung gewähltes Scanverfahren zur Dokumentenspeicherung und -verwaltung muss fälschungssicher sein (zum Mietrecht und dem Scannen von Abrechnungsbelegen vgl. LG Hamburg, ZMR 2020, 957; LG Hamburg, WuM 2004, 97; AG Mainz ZMR 1999, 114; Meyer-Abich NZM 2023, 61 [70]; Lindner ZMR 2021, 357 [361]; Lützenkirchen NZM 2018, 266 [268]). Eine ausreichende Scan- und Datensicherheit soll beispielsweise die „Technische Richtlinie ersetzendes Scannen“ (TR-RESISCAN) abbilden (www.bsi.bund.de/resiscan). Auf Basis der bereits existierenden Empfehlungen – z. B. DOMEA, GdPDU und weiteren, deren Gültigkeit nicht beeinträchtigt werden soll – führt die TR entlang eines strukturierten Scanprozesses die sicherheitsrelevanten technischen und organisatorischen Maßnahmen, die beim ersetzenden Scannen zu berücksichtigen sind, zusammen. Dabei werden die Ziele der Informationssicherheit und der Rechtssicherheit gleichermaßen berücksichtigt. Die TR-RESISCAN, Stand 2024, findet sich zum kostenlosen Download hier: www.bsi.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/BSI/Publikationen/TechnischeRichtlinien/TR03138/TR-03138_V1_5.pdf?__blob=publicationFile&v=15.
Die Frankfurter Richter schreiben im Übrigen zum Erfüllungsort, die Einsichtnahme könne „im Regelfall“ im Büro des Verwalters ausgeübt werden. Das überzeugt, nicht nur für einen nicht näher beschriebenen Regelfall, ist indes nicht unstreitig. Denn auch ich meine, der Leistungsort sei gem. § 269 Abs. 1 BGB („nach den Umständen“) der Sitz des Verwalters und nicht die Wohnungseigentumsanlage (s. auch Zschieschack, ZWE 2023, 244 [246]). Zwar wurde die im Referentenentwurf vorgesehene Klarstellung „Der Anspruch ist an dem Ort zu erfüllen, an dem die Verwaltung geführt wird“ nicht in das Gesetz übernommen. Es ist aber nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber den Verwalter zwingen wollte, die Verwaltungsunterlagen am Ort der Wohnungseigentumsanlage zu präsentieren (Hügel/Elzer, 4. Aufl. 2025, WEG § 18 Rn. 160).
Den Wortlaut finden Sie in GE 2025, Seite 197 und in unserer Datenbank.
Autor: VRiKG Dr. Oliver Elzer
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