Recht → Wohnungseigentumsrecht
Sondernutzungsrecht für den bauwilligen Wohnungseigentümer gegen Kompensation?
Fahrradunterstand auf Gemeinschaftseigentum
06.12.2024 (GE 21/2024, S. 1050) Eine Beschlusskompetenz zur Festlegung von Kompensationszahlungen für bauliche Veränderungen durch einen Wohnungseigentümer besteht nicht.
Der Fall: Der Kläger ist Mitglied der beklagten GdWE. Ihm gehören drei Einheiten im EG. Auf seinen Antrag fassten die Wohnungseigentümer in der Versammlung vom 24. November 2021 den Beschluss über die Gestattung zugunsten bauwilliger Wohnungseigentümer, auf der Fläche vor dem Haus zwei Gartenhütten zum Abstellen für Fahrräder aufzustellen. Wohnungseigentümer, die davon Gebrauch machten, sollten als Entgelt für die Nutzung 10 € pro Wohnung monatlich als Nutzungsentschädigung an den bauwilligen Wohnungseigentümer zahlen. Mit der erst nach Ablauf der Anfechtungsfrist eingegangenen Klage beantragt der Kläger, die Nichtigkeit dieses Beschlusses festzustellen. AG und LG haben die Klage abgewiesen. Die zugelassene Revision hatte Erfolg.
Das Urteil: Der BGH hebt die Urteile der Vorinstanzen auf. Der Eigentümerbeschluss ist nichtig. An sich können bauliche Veränderungen seit der WEG-Reform 2020 auch dann beschlossen werden, wenn die Beschlussfassung die Zuweisung einer ausschließlichen Nutzungsbefugnis an dem dafür vorgesehenen Gemeinschaftseigentum für bestimmte Wohnungseigentümer zur Folge hat. Seitdem können die Wohnungseigentümer eine bauliche Veränderung auch dann beschließen, wenn die Nutzungsbefugnis am dafür vorgesehenen Gemeinschaftseigentum dauerhaft nur dem vorgesehenen Wohnungseigentümer zustehen soll. Die Kompetenz besteht auch dann, wenn die Beschlussfassung dazu führt, dass die in einer Vereinbarung vorgesehene Nutzung des Gemeinschaftseigentums faktisch nicht mehr wie bisher möglich ist. Jedoch fehlt den Wohnungseigentümern die Kompetenz, durch Beschluss auch Kompensationszahlungen festzulegen, die die Wohnungseigentümer, denen eine bauliche Veränderung gestattet wird, an die übrigen Wohnungseigentümer leisten sollen. § 16 Abs. 1 WEG erlaubt es nicht, Einnahmen lediglich auf einzelne Eigentümer zu verteilen bzw. einen von § 16 Abs. 1 Satz 2 WEG abweichenden Verteilungsmaßstab für die Einnahmen zu bestimmen. Die in dem Beschluss hier enthaltene Entgeltregelung führt zur vollständigen Aufhebung des Berufungsurteils.
Die teilweise Aufrechterhaltung von Beschlüssen entsprechend § 139 BGB kommt regelmäßig nur dann in Betracht, wenn nach dem tatsächlichen oder hypothetischen Parteiwillen zweifelsfrei davon auszugehen ist, dass der Beschluss auch als Teilregelung beschlossen worden wäre, wofür objektive Anhaltspunkte in dem Beschluss erforderlich sind. Deren Vorliegen kann der BGH selbst beurteilen, da sich das Berufungsgericht damit nicht beschäftigt hat und es keiner weiteren Feststellungen bedarf. Nach dem Beschlussinhalt stand die Nutzungsentschädigung im Zusammenhang mit der zugleich beschlossenen Gestattung der Errichtung von Gartenhütten und sollte offenkundig dazu dienen, den mit der baulichen Veränderung verbundenen Ausschluss von der Nutzung des Gemeinschaftseigentums zu kompensieren. Die Eigentümermehrheit hielt sich erkennbar für verpflichtet, die von der Nutzung ausgeschlossenen Eigentümer im Gegenzug mit einer Geldzahlung zu entschädigen, und wollte die Gestattung nicht ohne finanziellen Ausgleich durchsetzen. Dass die Wohnungseigentümer die Errichtung von Gartenhütten unabhängig von der Zahlung einer Nutzungsentschädigung gestattet hätten, steht deshalb nicht zweifelsfrei fest und führt zur Nichtigerklärung des Beschlusses.
Anmerkung: Erfolgreich wären die Wohnungseigentümer gewesen, wenn sie unterhalb der dinglichen Lösung, die rechtlich nicht möglich ist, schuldrechtlich die einfache Vermietung bestimmter Gartenfläche zur Errichtung der Fahrradunterstände beschlossen hätten. Dann hätten die Kosten aus dem Gemeinschaftsvermögen bestritten werden können, in das auch die Mietzahlungen für die Unterstellmöglichkeiten für die Fahrräder geflossen wären.
Den Wortlaut finden Sie in GE 2024, Seite 1101 und in unserer Datenbank.
Das Urteil: Der BGH hebt die Urteile der Vorinstanzen auf. Der Eigentümerbeschluss ist nichtig. An sich können bauliche Veränderungen seit der WEG-Reform 2020 auch dann beschlossen werden, wenn die Beschlussfassung die Zuweisung einer ausschließlichen Nutzungsbefugnis an dem dafür vorgesehenen Gemeinschaftseigentum für bestimmte Wohnungseigentümer zur Folge hat. Seitdem können die Wohnungseigentümer eine bauliche Veränderung auch dann beschließen, wenn die Nutzungsbefugnis am dafür vorgesehenen Gemeinschaftseigentum dauerhaft nur dem vorgesehenen Wohnungseigentümer zustehen soll. Die Kompetenz besteht auch dann, wenn die Beschlussfassung dazu führt, dass die in einer Vereinbarung vorgesehene Nutzung des Gemeinschaftseigentums faktisch nicht mehr wie bisher möglich ist. Jedoch fehlt den Wohnungseigentümern die Kompetenz, durch Beschluss auch Kompensationszahlungen festzulegen, die die Wohnungseigentümer, denen eine bauliche Veränderung gestattet wird, an die übrigen Wohnungseigentümer leisten sollen. § 16 Abs. 1 WEG erlaubt es nicht, Einnahmen lediglich auf einzelne Eigentümer zu verteilen bzw. einen von § 16 Abs. 1 Satz 2 WEG abweichenden Verteilungsmaßstab für die Einnahmen zu bestimmen. Die in dem Beschluss hier enthaltene Entgeltregelung führt zur vollständigen Aufhebung des Berufungsurteils.
Die teilweise Aufrechterhaltung von Beschlüssen entsprechend § 139 BGB kommt regelmäßig nur dann in Betracht, wenn nach dem tatsächlichen oder hypothetischen Parteiwillen zweifelsfrei davon auszugehen ist, dass der Beschluss auch als Teilregelung beschlossen worden wäre, wofür objektive Anhaltspunkte in dem Beschluss erforderlich sind. Deren Vorliegen kann der BGH selbst beurteilen, da sich das Berufungsgericht damit nicht beschäftigt hat und es keiner weiteren Feststellungen bedarf. Nach dem Beschlussinhalt stand die Nutzungsentschädigung im Zusammenhang mit der zugleich beschlossenen Gestattung der Errichtung von Gartenhütten und sollte offenkundig dazu dienen, den mit der baulichen Veränderung verbundenen Ausschluss von der Nutzung des Gemeinschaftseigentums zu kompensieren. Die Eigentümermehrheit hielt sich erkennbar für verpflichtet, die von der Nutzung ausgeschlossenen Eigentümer im Gegenzug mit einer Geldzahlung zu entschädigen, und wollte die Gestattung nicht ohne finanziellen Ausgleich durchsetzen. Dass die Wohnungseigentümer die Errichtung von Gartenhütten unabhängig von der Zahlung einer Nutzungsentschädigung gestattet hätten, steht deshalb nicht zweifelsfrei fest und führt zur Nichtigerklärung des Beschlusses.
Anmerkung: Erfolgreich wären die Wohnungseigentümer gewesen, wenn sie unterhalb der dinglichen Lösung, die rechtlich nicht möglich ist, schuldrechtlich die einfache Vermietung bestimmter Gartenfläche zur Errichtung der Fahrradunterstände beschlossen hätten. Dann hätten die Kosten aus dem Gemeinschaftsvermögen bestritten werden können, in das auch die Mietzahlungen für die Unterstellmöglichkeiten für die Fahrräder geflossen wären.
Den Wortlaut finden Sie in GE 2024, Seite 1101 und in unserer Datenbank.
Autor: VRiKG a. D. Dr. Lothar Briesemeister
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