Recht → Wohnungseigentumsrecht
Kompetenzverlagerung auf den Verwalter
Gemeinschaft der Wohnungseigentümer darf sich durch Delegation entlasten
28.10.2024 (GE 18/2024, S. 885) Seit der WEG-Reform zum 1. Dezember 2020 haben die Wohnungseigentümer die Kompetenz, Entscheidungen über die Verwaltung und Benutzung des gemeinschaftlichen Eigentums auf den Verwalter zu delegieren. Geht es um Erhaltungsmaßnahmen, wird eine Delegation regelmäßig jedenfalls dann ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen, wenn die Wohnungseigentümer selbst die grundlegende Entscheidung über deren Vornahme getroffen haben und der Verwalter nur über die Ausführung im Einzelnen entscheiden soll, wobei ihm kein verbindlicher Entscheidungsmaßstab vorgegeben werden muss.
Der Fall: Die Kläger sind Mitglieder der beklagten Wohnungseigentümergemeinschaft. Im Jahre 2019 beschloss diese im Zuge einer geplanten Erneuerung der Außenfenster, einen Sachverständigen mit der Begutachtung der Fenster und der Erstellung eines Plans nach Dringlichkeit zu beauftragen. Nachdem der Sachverständige eine Prioritätenliste erstellt hatte, beschlossen die Wohnungseigentümer im November 2021, den Sachverständigen auch mit der Erstellung der Ausschreibungsunterlagen, der Einholung von Angeboten und der Fertigung eines Preisspiegels zu beauftragen.
In der Eigentümerversammlung vom 9. Juni 2022 informierte die Verwalterin darüber, dass mehrere Anbieter Angebote zurückgezogen hätten und die verbliebene Anbieterin, die den Fensteraustausch zunächst für einen Preis zwischen 4.500 € und 5.000 € pro Wohnung angeboten hatte, mitgeteilt habe, dass sie im Jahre 2022 noch nicht tätig werden könne, wodurch die Preise für den Austausch nicht kalkulierbar seien. In der Versammlung vom 9. Juni 2022 wurde beschlossen, die Verwaltung zu ermächtigen, die Erneuerung der Fensteranlagen nach folgenden Maßgaben zu beauftragen: Austausch nach Dringlichkeit, wobei jeweils nochmals drei Angebote eingeholt werden sollen. Der Umfang des jährlichen Budgets für 2022 soll bei 35.000 € brutto liegen. Dagegen Anfechtungsklage der Kläger. Das AG hat die Klage abgewiesen, das LG hatte ihr stattgegeben, aber die Revision zugelassen.
Das Urteil: Auf die Revision stellt der BGH das AG-Urteil wieder her. Nach § 27 Abs. 2 WEG können die Wohnungseigentümer die gesetzlichen Rechte und Pflichten des Verwalters für das Innenverhältnis einschränken oder erweitern. Sie haben damit die Möglichkeit, diejenigen Maßnahmen selbst zu definieren, deren Erledigung sie in die Verantwortung des Verwalters legen wollen.
Eine inhaltliche Beschränkung dieser Beschlusskompetenz ist dem WEG-Reformgesetz nicht zu entnehmen. Die Wohnungseigentümer können daher Entscheidungen über Verwaltungsmaßnahmen auf den Verwalter verlagern. Der von den Wohnungseigentümern gefasste Beschluss ist hinreichend bestimmt und entspricht auch ordnungsmäßiger Verwaltung. Derartige Aufgaben können auch dann delegiert werden, wenn sie nicht eilig oder zur Abwendung von Nachteilen erforderlich sind.
Im Hinblick auf eine Erhaltungsmaßnahme wird eine Delegation regelmäßig jedenfalls dann ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen, wenn die Wohnungseigentümer selbst die grundlegende Entscheidung über deren Vornahme getroffen haben und der Verwalter nur über die Ausführung im Einzelnen entscheiden soll. Dabei muss die Aufbringung der erforderlichen Mittel gesichert sein.
Näherer Vorgaben über einen für den Verwalter verbindlichen Entscheidungsmaßstab bedarf es nicht, denn der Verwalter muss als Organ der Gemeinschaft die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung beachten und sein Handeln daran ausrichten, auch unter Beachtung des Gebots der Wirtschaftlichkeit. Im vorliegenden Fall war ferner beschlossen, dass die Kosten der Maßnahme aus der Erhaltungsrücklage finanziert werden sollten.
Anmerkung: Auf den mit der Revisionserwiderung geltend gemachten Gesichtspunkt, der Delegationsbeschluss widerspreche grundsätzlich ordnungsmäßiger Verwaltung, weil durch den Vollzug Tatsachen geschaffen würden und dem Verwalter nicht im Voraus die Haftung wegen Vorsatzes erlassen werden könne, hatte der BGH nicht zu prüfen, weil darauf die Anfechtungsklage nicht gestützt worden ist. Gleiches gilt für den Einwand der Revisionserwiderung, eine Erweiterung der Aufgaben des Verwalters nach Abschluss des Verwaltervertrages stelle eine Vertragsergänzung dar, die nur mit Zustimmung des Verwalters wirksam werden könne, die hier weder vorgetragen noch sonst ersichtlich sei.
Den Wortlaut finden Sie in GE 2024, Seite 908 und in unserer Datenbank.
In der Eigentümerversammlung vom 9. Juni 2022 informierte die Verwalterin darüber, dass mehrere Anbieter Angebote zurückgezogen hätten und die verbliebene Anbieterin, die den Fensteraustausch zunächst für einen Preis zwischen 4.500 € und 5.000 € pro Wohnung angeboten hatte, mitgeteilt habe, dass sie im Jahre 2022 noch nicht tätig werden könne, wodurch die Preise für den Austausch nicht kalkulierbar seien. In der Versammlung vom 9. Juni 2022 wurde beschlossen, die Verwaltung zu ermächtigen, die Erneuerung der Fensteranlagen nach folgenden Maßgaben zu beauftragen: Austausch nach Dringlichkeit, wobei jeweils nochmals drei Angebote eingeholt werden sollen. Der Umfang des jährlichen Budgets für 2022 soll bei 35.000 € brutto liegen. Dagegen Anfechtungsklage der Kläger. Das AG hat die Klage abgewiesen, das LG hatte ihr stattgegeben, aber die Revision zugelassen.
Das Urteil: Auf die Revision stellt der BGH das AG-Urteil wieder her. Nach § 27 Abs. 2 WEG können die Wohnungseigentümer die gesetzlichen Rechte und Pflichten des Verwalters für das Innenverhältnis einschränken oder erweitern. Sie haben damit die Möglichkeit, diejenigen Maßnahmen selbst zu definieren, deren Erledigung sie in die Verantwortung des Verwalters legen wollen.
Eine inhaltliche Beschränkung dieser Beschlusskompetenz ist dem WEG-Reformgesetz nicht zu entnehmen. Die Wohnungseigentümer können daher Entscheidungen über Verwaltungsmaßnahmen auf den Verwalter verlagern. Der von den Wohnungseigentümern gefasste Beschluss ist hinreichend bestimmt und entspricht auch ordnungsmäßiger Verwaltung. Derartige Aufgaben können auch dann delegiert werden, wenn sie nicht eilig oder zur Abwendung von Nachteilen erforderlich sind.
Im Hinblick auf eine Erhaltungsmaßnahme wird eine Delegation regelmäßig jedenfalls dann ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen, wenn die Wohnungseigentümer selbst die grundlegende Entscheidung über deren Vornahme getroffen haben und der Verwalter nur über die Ausführung im Einzelnen entscheiden soll. Dabei muss die Aufbringung der erforderlichen Mittel gesichert sein.
Näherer Vorgaben über einen für den Verwalter verbindlichen Entscheidungsmaßstab bedarf es nicht, denn der Verwalter muss als Organ der Gemeinschaft die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung beachten und sein Handeln daran ausrichten, auch unter Beachtung des Gebots der Wirtschaftlichkeit. Im vorliegenden Fall war ferner beschlossen, dass die Kosten der Maßnahme aus der Erhaltungsrücklage finanziert werden sollten.
Anmerkung: Auf den mit der Revisionserwiderung geltend gemachten Gesichtspunkt, der Delegationsbeschluss widerspreche grundsätzlich ordnungsmäßiger Verwaltung, weil durch den Vollzug Tatsachen geschaffen würden und dem Verwalter nicht im Voraus die Haftung wegen Vorsatzes erlassen werden könne, hatte der BGH nicht zu prüfen, weil darauf die Anfechtungsklage nicht gestützt worden ist. Gleiches gilt für den Einwand der Revisionserwiderung, eine Erweiterung der Aufgaben des Verwalters nach Abschluss des Verwaltervertrages stelle eine Vertragsergänzung dar, die nur mit Zustimmung des Verwalters wirksam werden könne, die hier weder vorgetragen noch sonst ersichtlich sei.
Den Wortlaut finden Sie in GE 2024, Seite 908 und in unserer Datenbank.
Autor: VRiKG a. D. Dr. Lothar Briesemeister
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