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Recht  →  Miet- & Zivilrecht


Mietaufhebungsvertrag in der Wohnung des Mieters
Kein Widerrufsrecht des Mieters
18.06.2025 (GE 10/2025, S. 466) Wenn in der Wohnung des Mieters anlässlich eines unangemeldeten Besuchs des Vermieters eine Vereinbarung zur Auflösung des Mietvertrages getroffen wird, ist diese als Haustürgeschäft widerruflich – so die bisher herrschende Meinung. Aus der seit 2022 geltenden Gesetzesänderung folgt jedoch etwas anderes, wie das Amtsgericht Spandau und das Landgericht Berlin entschieden haben.
Der Fall: Die Parteien, die über die Räumung und Herausgabe einer Mietwohnung streiten, unterzeichneten 2023 in der Wohnung der Mieter eine Vereinbarung zur Auflösung des Mietvertrages, wonach im Jahr 2024 die Wohnung geräumt werden sollte gegen Zahlung einer Umzugspauschale von 30.000 €. Mehrere Monate später widerriefen die Mieter die Vereinbarung und verwiesen im Räumungsprozess auf eine psychische Erkrankung, wonach der Mieter umzugsunfähig sei. Sie meinen, dass ihnen ein Widerrufsrecht zustehe, auch weil sie hierzu nicht von der Vermieterin belehrt wurden.

Die Entscheidungen: Das Amtsgericht Spandau gab der Räumungsklage statt, weil ein Widerrufsrecht nach der Gesetzesänderung zum 1. Januar 2022 gem. § 312 Abs. 1 BGB nur dann bestehe, wenn in Verbraucherverträgen sich der Verbraucher „zur Zahlung eines Preises verpflichte“. Insbesondere seien neben einem Preis in Geld im Sinne eines gesetzlichen Zahlungsmittels auch alle Gegenleistungen erfasst, denen nach der Verkehrsauffassung oder der besonderen Vereinbarung der Parteien eine Zahlungsfunktion zukomme. Die Räumung und Herausgabe einer Wohnung stelle aber auch bei weiter Auslegung des Begriffs der „Zahlung eines Preises“, gerade keine Zahlungsfunktion dar; auf den früher maßgeblichen Begriff der Entgeltlichkeit der Leistung komme es nicht mehr an.
Das Landgericht Berlin hielt die Berufung für offensichtlich erfolglos. Der Begriff des Preises sei enger als der des Entgelts im Sinne des § 312 Abs. 1 BGB a.F. auszulegen. Das Merkmal der „Zahlung eines Preises“ sei im Kern nur erfüllt, wenn der Verbraucher einen Preis in Geld zahle, um eine Ware, Dienstleistung oder andere Leistung vom Unternehmer zu erhalten. Die Verpflichtung zur Räumung stelle keine „Zahlung eines Preises“ dar, auch wenn daraus ein geldwerter Vorteil für die Vermieterseite entstehe. Neben einem Preis in Geld seien nur solche Gegenleistungen erfasst, denen eine Zahlungsfunktion zukomme. Auf eine Verpflichtung zur Räumung treffe das nicht zu.

Anmerkung: Nach der bisherigen Auffassung bestand auch für Mietaufhebungsverträge ein Widerrufsrecht, weil auch eine Vertragsänderung ein entgeltliches Geschäft darstelle (BGH, NJW 2017, 2823; Rolfs/Möller, NJW 2017, 3272 unter Berufung auf die Gesetzesbegründung BT-Drs. 17/12637, 48). Das sollte sogar für einen gerichtlichen Räumungsvergleich zutreffen (AG Hanau, ZMR 2015, 938). Trotz der Gesetzesänderung wird auch in neueren Kommentaren ein Widerrufsrecht des Mieters angenommen (Schulze, BGB 12. Aufl. 2024 Rn. 26 zu § 312 BGB; BeckOK Stand 1. Februar 2025 Rn. 60 zu § 312 BGB). Mit überzeugender Begründung wird das von den besprochenen Entscheidungen verneint.

Den Wortlaut finden Sie in GE 2025, Seite 490 und in unserer Datenbank.
Autor: Rudolf Beuermann


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