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Recht  →  Miet- & Zivilrecht


Unwirksame Vereinbarung einer Indexmiete
Am falschen Ort und gut versteckt
21.03.2025 (GE 5/2025, S. 216) Die Vereinbarung einer Indexmiete an einer überraschenden Stelle im Mietvertrag – hier: nicht im Rahmen der Regelungen über Miete und Nebenkosten, sondern unter „sonstige Vereinbarungen“ – ist als überraschende und gegen das Transparenzgebot verstoßende Klausel selbst dann unwirksam, wenn sie im Mietvertrag als letzte Vereinbarung unmittelbar vor den Unterschriften der Vertragsparteien steht. Der bloße Verweis auf eine Rechtsvorschrift – hier: der Verweis auf § 557b BGB (Indexmiete) – ist unzureichend, wenn nicht auch über den Inhalt der in Bezug genommenen Norm unterrichtet wird.
Der Fall: Im Mietvertrag hatten die Parteien unter „§ 16 sonstige Vereinbarungen“ Folgendes vereinbart: „Mieter und Vermieter vereinbaren eine Indexmiete gem. § 557b BGB“, wobei dieser Satz als letzter vor den Mietvertragsunterschriften stand. Die Vermieterin erhöhte die Miete aufgrund dieser Vereinbarung, die Mieter halten die Klausel für überraschend und unwirksam. Sie beantragen die Feststellung, dass die Mieterhöhung unwirksam ist – mit Erfolg!

Der Beschluss: Die Klausel ist als sog. „überraschende Klausel“ (§ 305c Abs. 1 BGB) unwirksam. Auch der ungewöhnliche äußere Zuschnitt einer Klausel und ihre Unterbringung an unerwarteter Stelle können die Bestimmung zu einer ungewöhnlichen und damit überraschenden Klausel machen. Derart versteckte Klauseln können eine abweichende Erwartung des Vertragspartners wecken. Dabei kommt es zwar als solches nicht darauf an, an welcher Stelle des Klauselwerks eine Bestimmung steht, weil grundsätzlich alle Bestimmungen gleich bedeutsam sind und nicht durch die Platzierung einer Bestimmung im Klauselwerk auf deren Bedeutung geschlossen werden kann. Aus der Stellung einer Klausel kann sich ein Überraschungseffekt aber dann ergeben, wenn diese in einem thematischen/systematischen Zusammenhang steht, wo der Vertragspartner sie nicht zu erwarten braucht. Dies ist etwa der Fall bei Regelungen unter einer irreführenden Überschrift, weil auch Überschriften und Gliederungen im Vertragswerk vom Vertragspartner ernst genommen werden dürfen.
Vorliegend befindet sich die Klausel nicht in § 3 des Mietvertrages, der sich lt. Überschrift mit Miete und Nebenkosten befasst, sondern als Unterpunkt unter § 16 „Sonstige Vereinbarungen“ der keine materiellen Mietvertragspflichten regelt, sondern u. a. formelle Wirksamkeit des Mietvertrags und die Kommunikation der Parteien. Eine Klausel zur Regelung der Miethöhe ist an dieser Stelle und in diesem Zusammenhang als überraschend anzusehen, weil sie nach keinem Verständnis zu der Überschrift „sonstige Vereinbarungen“ passt.
Wenn die Regelung der Indexmiete nicht bereits innerhalb der Regelungen zur Miethöhe vereinbart werden sollte, so wäre jedenfalls eine besondere Kenntlichmachung an anderer Stelle des Mietvertrages zu erwarten gewesen, etwa durch „§ 17 – Indexmietvereinbarung“ o. Ä.
Daran ändert es nichts, dass die Klausel zur Indexmiete die letzte Vereinbarung vor den Unterschriften bildete und dazwischen der Text steht: „Die Mietparteien haben den Mietvertrag gelesen, genehmigt und eigenhändig unterschrieben.“
Die Klausel verstößt ferner gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB), weil sie lediglich auf § 557b BGB verweist, ohne zu erläutern, welcher Inhalt damit gemeint ist. Wenn eine Rechtsvorschrift wörtlich (oder nahezu wörtlich, aber mit gleichem Inhalt) für einen Fall vorgegeben wird, auf den sie anwendbar ist, entfällt zwar die Inhaltskontrolle der Klausel, aber die bloße Paragraphenangaben gegenüber Verbrauchern – wie hier – ist intransparent, weil es dem Vertragspartner möglich sein muss, ohne Einholung von Rechtsrat die Klauseln zu verstehen.
AGB sind daher in der Regel unwirksam, wenn sie sich (auch) an Verbraucher wenden und aus der Sicht des rechtlichen Laien schwer verständlich sind. Dies ist hier der Fall, weil der Inhalt der Indexmietvereinbarung nicht ohne den Gesetzestext verständlich wird. Unter anderem fehlt etwa ein Hinweis auf den Anknüpfungspunkt der Preisanpassung, nämlich den vom statistischen Bundesamt ermittelten Preisindex für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte in Deutschland, auch wenn dies jedenfalls in Wohnraummietverträgen die einzige Grundlage für die Vereinbarung einer Indexmiete ist.

Den Wortlaut finden Sie in GE 2025, Seite 240 und in unserer Datenbank.


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