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Recht  →  Miet- & Zivilrecht


Verletzung der Hinweispflicht des Vermieters zum Wegfall des Eigenbedarfs mit strafrechtlichen Folgen
54.000 € Geldstrafe und Einzug des Veräußerungsgewinns von rund 331.000 €
22.11.2024 (GE 20/2024, S. 990) Wenn nach einer Kündigung wegen Eigenbedarfs der Vermieter seine Nutzungsabsicht ändert/aufgibt, muss er dies dem Mieter mitteilen. Bis zu welchem Zeitpunkt diese Mitteilungspflicht besteht, kann zweifelhaft sein. Das AG Hamburg-Bergedorf meint, eine solche Pflicht bestehe bis zum Räumungstermin und ein Vermieter begehe Betrug durch Unterlassen, wenn er vor der endgültigen Räumung den Mieter nicht über einen weggefallenen Eigenbedarf informiert habe. Es verhängte eine Geldstrafe von 54.000 € und verfügte weiter, dass der Mehrerlös aus einer zwischenzeitlichen Veräußerung (hier: 331.842,89 €) einzuziehen sei.
Der Fall: Die Angeklagte mit Wohnsitz in der Schweiz plante im Jahr 2016, mit ihrem damaligen Lebensgefährten in ihre Heimat Hamburg zurückzukehren, um dort eine Familie zu gründen. Sie erwarb im Wege der Zwangsversteigerung ein Wohnhaus, das von einem Ehepaar mit sieben Kindern bewohnt wurde. Sie kündigte den Mietvertrag zum 31. Juli 2017; die Mieter widersprachen der Kündigung und wurden durch Urteil vom 31. August 2018 zur Räumung verurteilt. Nach einem Räumungsvergleich vor dem Landgericht Hamburg vom 25. April 2019 und einer gerichtlichen Verlängerung der Räumungsfrist erfolgte die Räumung am 29. August 2020.
Die Angeklagte hatte sich im Juni 2017 von ihrem damaligen Lebensgefährten getrennt und hatte spätestens im Oktober 2019 ihre Pläne eines Umzugs nach Hamburg aufgegeben. Sie verkaufte nach der Räumung das Haus mit einem erheblichen Nettogewinn; nach Erscheinen eines Zeitungsartikels wurde sie vom Amtsgericht wegen Betrugs durch Unterlassen verurteilt.

Das Urteil: Das Amtsgericht Hamburg-Bergedorf nahm eine Garantenpflicht der Vermieterin an, mit der Folge, dass sie bis zur endgültigen Räumung die Mieter über den weggefallenen Eigenbedarf zu informieren hatte. Die Meinung, dass diese Informationspflicht nur bis zum Ablauf der Kündigungsfrist bestehe, überzeuge nicht, weil dies mit der im Grundgesetz verankerten Sozialbindung des Eigentums nicht zu vereinbaren sei. Die Angeklagte sei mit einer Geldstrafe in Höhe von 90 Tagessätzen zu je 600 € zu bestrafen, und der Gewinn aus der Veräußerung in Höhe von mehr als 300.000 € sei einzuziehen.
Anmerkung: Das Urteil ist ein Beleg dafür, dass in Strafrechtsfällen mit Bezug zum Zivilrecht der Blick in Kommentare zum Strafgesetzbuch nicht ausreicht. Hätte die unglückliche Angeklagte einen Verteidiger mit zusätzlichen Kenntnissen im Mietrecht beauftragt, hätte dieser das Amtsgericht darauf hinweisen können, dass die veraltete Rechtsauffassung des Bayerischen Obersten Landesgerichts und des OLG Karlsruhe schon seit langem durch mehrere Entscheidungen des Bundesgerichtshofs überholt ist (GE 2006, 115; GE 2021, 173), wonach der Mieter auf den Wegfall des Eigenbedarfs nur bis zum Ablauf der Kündigungsfrist hinzuweisen ist. Soweit ersichtlich, vertritt niemand mehr das Gegenteil (Börstinghaus in Schmidt-Futterer, Rn. 97 zu § 573; Tiedemann in juris PK, Rn. 549 zu § 573).

Den Wortlaut finden Sie in GE 2024, Seite 1014 und in unserer Datenbank.
Autor: Rudolf Beuermann


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