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Recht  →  Miet- & Zivilrecht


Treuwidrige Berufung auf Zustellungsformalien
Kündigung mit elektronischer Signatur
12.09.2023 (GE 15/2023, S. 729) Die Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses muss schriftlich erfolgen; geschieht das durch Schriftsatz in Form eines elektronischen Dokuments, ist ein Ausdruck für die in Papierform geführten Akten zu fertigen, der Formalien einhalten muss. Wird dem Mieter eine unbeglaubigte Kopie zugestellt, kann die Berufung darauf treuwidrig sein.
Der Fall: Die Vermieter hatten wegen Eigenbedarfs gekündigt, zusätzlich fristlos mit bei Gericht eingereichtem elektronischen Schriftsatz wegen Zahlungsverzugs. Das Amtsgericht verurteilte die Beklagten zur Räumung; im Berufungsverfahren machten die Mieter geltend, ihnen sei vom Amtsgericht nur ein unbeglaubigter Ausdruck ohne Transfervermerk nach § 298 ZPO zugestellt worden. Die Berufung war erfolglos.
Die Beschlüsse: Im Hinweisbeschluss vom 12. Oktober 2022 wies das Landgericht Berlin darauf hin, dass kein Verstoß gegen die Schriftform vorliege, weil der Schriftsatz mit qualifizierter elektronischer Signatur ausreiche. Er sei mit Transfervermerk zum Zwecke der Zustellung ausgedruckt und beglaubigt worden. Die Beklagten rügten daraufhin, dass ihnen nur eine unbeglaubigte Kopie ohne Transfervermerk zugestellt worden sei.
Mit Beschluss vom 16. November 2022 wies die Kammer die Berufung zurück, weil die verspätete Berufung auf eine Verletzung der Schriftform treuwidrig sei. Wenn dem Amtsgericht Fehler bei den Formalien der Amtszustellung unterlaufen seien, sei dies nicht von den Vermietern zu vertreten. Zudem hätten die Mieter im ersten Rechtszug durch rügelose Verhandlung auf Einhaltung der Zustellungsformalien verzichtet.

Anmerkung: Die Einhaltung der Formalien für eine Kündigung mittels Schriftsatz ist vom Vermieter kaum zu überprüfen. Wenn schon auf eine per Boten zugestellte schriftliche Kündigung verzichtet wird, sollte für die Geschäftsstelle ein besonderer Hinweis der Räumungsklage beigefügt werden über die Notwendigkeit der Beglaubigung des Transfervermerks. Für vorbereitende Schriftsätze gilt ohnehin, dass bei elektronischer Einreichung (§ 130d ZPO) das vom Gericht weitergeleitete Dokument nicht die Schriftform wahrt (BeckOGK Rn. 27 zu § 568 BGB).

Den Wortlaut finden Sie in GE 2023, Seite 750 und in unserer Datenbank.


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