Recht → Miet- & Zivilrecht
Verwurzelung mit Umgebung nicht unbedingt erforderlich
Widerspruch gegen Eigenbedarf
17.01.2022 (GE 23/2021, S. 1467) Beruft sich ein Mieter nach berechtigter Eigenbedarfskündigung auf unzumutbare Härte, ist eine umfassende Interessenabwägung erforderlich. Weder hohes Lebensalter des Mieters noch lange Mietdauer allein rechtfertigen die Anwendung der Sozialklausel. Welche Aspekte maßgeblich sind, wird vom AG Mitte ausführlich dargelegt.
Der Fall: Der Vermieter hatte die Wohnung des Beklagten und die Nachbarwohnung gekauft; nach verschiedenen Änderungen seiner Lebensumstände kündigte er das Mietverhältnis mit dem Beklagten wegen Eigenbedarfs, weil er in eine kleinere Wohnung umziehen wollte. Die Nachbarwohnung war vermietet. Der Beklagte berief sich auf sein hohes Lebensalter und chronische Erkrankungen. Ein Umzug sei ihm nicht zuzumuten. Das Amtsgericht wies nach umfangreicher Beweisaufnahme durch Sachverständigengutachten die Räumungsklage ab.
Das Urteil: Zwar sei die Eigenbedarfskündigung begründet, denn der Vermieter habe ein berechtigtes Erlangungsinteresse. Für die Anwendung der Sozialklausel (Widerspruch des Mieters) sei eine umfassende Interessenabwägung erforderlich, die hier eine Fortsetzung des Mietverhältnisses rechtfertige. Zwar könne trotz der langen Mietdauer eine Verwurzelung des Mieters mit der Umgebung nicht festgestellt werden. Das hohe Lebensalter des Mieters, verbunden mit den Feststellungen des Sachverständigen zum Gesundheitszustand führten jedoch dazu, dass der Beklagte sich auf Härtegründe berufen könne. Festgestellt sei eine mittelschwere depressive Symptomatik, bei der eine Verschlechterung des Gesundheitszustands infolge eines Wohnungswechsels zu besorgen sei. Demgegenüber wiege das Erlangungsinteresse des Klägers nicht so schwer, der seinen Wohnbedarf durch die bisherige Mietwohnung ohne zeitliche Beschränkung befriedigen könne, wobei die Planungen des Klägers für seine Wohnbedürfnisse keineswegs abgeschlossen seien. Die Abwägung zwischen dem Bestandsinteresse des Mieters und dem Erlangungsinteresse des Eigentümers falle daher zugunsten des Mieters aus.
Den Wortlaut finden Sie in GE 2021, Seite 1494 und in unserer Datenbank.
Das Urteil: Zwar sei die Eigenbedarfskündigung begründet, denn der Vermieter habe ein berechtigtes Erlangungsinteresse. Für die Anwendung der Sozialklausel (Widerspruch des Mieters) sei eine umfassende Interessenabwägung erforderlich, die hier eine Fortsetzung des Mietverhältnisses rechtfertige. Zwar könne trotz der langen Mietdauer eine Verwurzelung des Mieters mit der Umgebung nicht festgestellt werden. Das hohe Lebensalter des Mieters, verbunden mit den Feststellungen des Sachverständigen zum Gesundheitszustand führten jedoch dazu, dass der Beklagte sich auf Härtegründe berufen könne. Festgestellt sei eine mittelschwere depressive Symptomatik, bei der eine Verschlechterung des Gesundheitszustands infolge eines Wohnungswechsels zu besorgen sei. Demgegenüber wiege das Erlangungsinteresse des Klägers nicht so schwer, der seinen Wohnbedarf durch die bisherige Mietwohnung ohne zeitliche Beschränkung befriedigen könne, wobei die Planungen des Klägers für seine Wohnbedürfnisse keineswegs abgeschlossen seien. Die Abwägung zwischen dem Bestandsinteresse des Mieters und dem Erlangungsinteresse des Eigentümers falle daher zugunsten des Mieters aus.
Den Wortlaut finden Sie in GE 2021, Seite 1494 und in unserer Datenbank.
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