Grundeigentum-Verlag GmbH
grundeigentum-verlag
Verlag für private und unternehmerische Immobilien
Anzeige

Recht  →  Miet- & Zivilrecht


Vermieter haftet für verspätete Besitzübergabe
Mieter kauft „seine“ Eigentumswohnung
09.11.2016 (GE 20/2016, S. 1248) Mit der Übergabe der verkauften Sache gehen die Nutzungen und die Lasten (auch schon vor Eigentumsübergang) auf den Käufer über; bei einer Eigentumswohnung ist das in der Regel die Zahlung des Kaufpreises auf das Notaranderkonto nach Fälligkeitsmitteilung des Notars. Verzögert der Notar die vorherige Löschungsfreigabe für Grundschulden, begeht er eine Pflichtverletzung, für die der Verkäufer/ Vermieter haftet.
Der Fall: Die Mieter hatten im März ihre Wohnung gekauft; mit der Übergabe der Wohnung sollte das Mietverhältnis enden. Der Notar war beauftragt, die Löschung der eingetragenen Grundschuld herbeizuführen, wozu die Bank aufzufordern hatte, eine Löschungsbewilligung zu erteilen. Trotz mehrfacher Sachstandsanfragen verzögerte sich dies, so dass erst im Juli nach der notariellen Fälligkeitsmitteilung der Kaufpreis auf das Notaranderkonto gezahlt wurde. Die Vermieterin klagte daraufhin auf Zahlung der Mieten für Juni und Juli – allerdings erfolglos.

Das Urteil: Das Landgericht Berlin bestätigte das Urteil des Amtsgerichts Mitte, das die Zahlungsklage abgewiesen hatte. Die (ehemaligen) Mieter könnten einen Schadensersatzanspruch aus einer Pflichtverletzung geltend machen, da die Übergabe der Wohnung verspätet erfolgt sei. Die Löschungsbewilligung sei nicht unverzüglich beantragt oder angefordert worden. Der Notar habe vielmehr ohne hinreichenden Nachdruck und ohne Fristsetzung mit der Bank per eMail korrespondiert. Dieses pflichtwidrige Verhalten müsse sich die Vermieterin zurechnen lassen, da sie den Notar außerhalb seiner Amtspflichten mit der Herbeiführung der Löschungsvoraussetzungen beauftragt habe.
Bei einer zügigen Bearbeitung hätte die Löschungsbewilligung schon Mitte Mai vorgelegen, und der Kaufpreis wäre noch im Mai gezahlt worden. Die Beklagten hätten daher die Mieten für Juni und Juli nicht mehr zahlen müssen und könnten insoweit Schadensersatz verlangen. Hinsichtlich der Bereitstellungszinsen sei den Beklagten jedoch kein Schaden entstanden, da sie wegen der verzögerten Wohnungsübergabe Darlehenszinsen erspart hätten, die sie sich im Wege der Vorteilsausgleichung anrechnen lassen müssten.

Anmerkung der Redaktion: Der Notar ist in diesen Fällen, in denen der Kaufpreis auf das Notaranderkonto eingezahlt wird, nicht nur Treuhänder für den Käufer (der Kaufpreis wird an den Verkäufer erst ausgezahlt, wenn die Eigentumsübertragung gesichert ist). Zuvor wird er auch als Treuhänder für die Bank tätig, die ihn anweist, die Löschungsunterlagen erst zu verwenden, wenn der Kaufpreis gezahlt ist, so dass der Käufer die Wohnung lastenfrei erwerben kann. Für die Erteilung der Löschungsbewilligung kann die Bank kein zusätzliches Entgelt verlangen (BGH, NJW 1991, 1953).

Den Wortlaut des Urteils finden Sie in GE 2016, Seite 1277 und in unserer Datenbank


Links: