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Recht  →  Miet- & Zivilrecht


Mieter muss im Streitfall die Übergabe einer unrenovierten Wohnung beweisen
Schönheitsreparaturklausel – unwirksam oder nicht?
30.10.2015 (GE 18/2015, S. 1132) Der Mieter, der sich auf die Unwirksamkeit einer Schönheitsreparaturklausel beruft, hat darzulegen und im Bestreitensfall zu beweisen, dass die Wohnung bei Mietbeginn unrenoviert oder renovierungsbedürftig war (Anschluss an BGH, Urteil vom 18. März 2015 - VIII ZR 185/14 - GE 2015, 649).
Der Fall: Die Klägerin ist durch Erbfolge Vermieterin und macht Schadensersatz wegen unterlassener Schönheitsreparaturen geltend. Die Beklagten sind die Erben der verstorbenen Mieterin. In § 3 Nr. 4 des Mietvertrages vom 1. Dezember 1954 heißt es: „Schönheitsreparaturen werden vom Mieter getragen“ und in § 16 Nr. 4: „Schönheitsreparaturen gehen zu Lasten des Mieters“.
Die Beklagten kündigten das Mietverhältnis. Bei Schlüsselrückgabe unterzeichnete die Klägerin ein handschriftliches Schreiben: „Erhalten 3 x Hausschlüssel, 3 x Wohnungsschlüssel, 2 x Kellerschlüssel, Zählerstand ... Elektr. ... Gas“. Das Amtsgericht gab der Klage nach Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens statt (bei Urteilsverkündung war das Urteil des BGH - VIII ZR 185/14 - noch nicht veröffentlicht). Dagegen legten die Beklagten Berufung ein.

Das Urteil: Das LG Berlin, ZK 63, wies die Berufung zurück. Die Beklagten seien gemäß § 281 Abs. 1 BGB zur Zahlung von Schadensersatz wegen nicht vorgenommener Schönheitsreparaturen verpflichtet. Das Amtsgericht sei mit im Ergebnis zutreffenden Erwägungen von einer wirksamen Abwälzung der Verpflichtung zur Vornahme von Schönheitsreparaturen ausgegangen. Die Klauseln aus dem Mietvertrag würden eine entsprechende Verpflichtung des Mieters begründen. Die im Mietvertrag vereinbarte Rückgabe der Wohnung in besenreinem Zustand schließe die Verpflichtung zur Ausführung von Schönheitsreparaturen nicht aus. Derartige Rückgabeklauseln begründeten keine Verpflichtung zur Endrenovierung, sondern grundsätzlich nur eine Rückgabe in vertragsgemäßem Zustand. Hierzu gehöre gegebenenfalls auch die
Ausführung der bei Vertragsende fälligen Schönheitsreparaturen (BGH, GE 2014, 666). Die Vereinbarung betreffend die Vornahme der laufenden Schönheitsreparaturen durch den Mieter sei auch nicht unter dem Gesichtspunkt unwirksam, dass dem Mieter bei Vertragsbeginn eine renovierungsbedürftige Wohnung überlassen worden war und somit die von ihm vorzunehmenden Dekorationsarbeiten auch nicht von ihm, sondern vom Vormieter verursachte Abnutzung umfasst hätten (BGH, Urteil vom 18. März 2015 - VIII ZR 185/14 - GE 2015, 649 unter Aufgabe der früheren Rechtsprechung). Denn ein solcher renovierungsbedürftiger Zustand stehe nicht fest. Die Klägerin habe unter Hinweis auf die Vereinbarung im Mietvertrag, wonach vor Überlassung der Wohnung keine Arbeiten seitens des Vermieters vorzunehmen gewesen seien, in Abrede gestellt, dass die Ausführung von Schönheitsreparaturen erforderlich gewesen sei. Die Beklagten hätten trotz eines entsprechenden Hinweises der Kammer auf die Entscheidung des BGH lediglich pauschal ohne Beweisantritt behauptet, dass Schönheitsreparaturen erforderlich gewesen und vom damaligen Mieter vorgenommen worden seien. Das genüge der ihnen obliegenden Darlegungs- und Beweislast nicht. Denn berufe sich der Mieter auf die Unwirksamkeit der Renovierungsklausel, sei es an ihm, darzulegen und im Bestreitensfall zu beweisen, dass die Wohnung bei Mietbeginn unrenoviert oder renovierungsbedürftig gewesen sei (BGH, aaO., Rn. 32).
Das Amtsgericht habe ferner zutreffend ausgeführt, dass in der Übergabebestätigung vom 20. September 2012 kein Verzicht der Klägerin auf die Ausführung von Schönheitsreparaturen zu sehen sei.
Es könne dahinstehen, ob die Frage der Schönheitsreparaturen von den Parteien anlässlich der Rückgabe erörtert worden sei. Eine abschließende verbindliche Regelung lasse sich daraus indes nicht ableiten, zumal die schriftliche Erklärung sich hierzu nicht verhalte (KG GE 2002, 930).
Das Gericht schließe sich den Ausführungen des Amtsgerichts an, wonach angesichts einer Mietdauer von 58 Jahren und den Feststellungen der Sachverständigen im selbständigen Beweisverfahren zum Zustand der Wohnung Schönheitsreparaturen bei Rückgabe der Wohnung fällig gewesen seien.

(Den Wortlaut des Urteils finden Sie in GE 2015, Seite 1163 und in unserer Datenbank)


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