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Kündigung wegen Cannabiskonsums
Auch wenn Kiffen jetzt erlaubt ist
12.06.2024 (GE 10/2024, S. 480) Ein Kündigungsgrund kann auch nach Inkrafttreten des Konsumcannabisgesetzes – KCanG – grundsätzlich dann gegeben sein, wenn der Bereich der eigenen Wohnung durch die Auswirkungen des Cannabiskonsums überschritten wird, da insofern dann ein Verstoß gegen das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme und damit eine erhebliche Störung des Hausfriedens in Betracht kommt.
Der Fall: Die Klägerin begehrt vom Beklagten Räumung und Herausgabe seiner Wohnung wegen Störung des Hausfriedens durch Bedrohung, Beleidigung und Belästigung von anderen Mietern, aggressives Verhalten, lautes Pöbeln, Schlagen bzw. Treten gegen Wohnungstüren von anderen Mietern des Hauses und Lärmbelästigung durch Herumschreien und lautes Knallen der Wohnungstür. Wegen des Verhaltens des Beklagten war es zu mehreren Polizeieinsätzen gekommen. Das AG hat der Räumungsklage auch unter Bezug auf Strafakten des Beklagten, aus denen sich ein erheblicher Besitz an Cannabis und Betäubungsmitteln ergab, stattgegeben.

Das Urteil: Die umfangreichen Störungen des Hausfriedens durch den Beklagten rechtfertigen die fristlose Kündigung. Insbesondere können auch Straftaten ein solches Gewicht haben, dass die Unzumutbarkeit der Vertragsfortsetzung auf der Hand liegt. Körperverletzungen, Sachbeschädigungen, Diebstähle, Beleidigungen, üble Nachreden sowie Verleumdung oder das illegale Lagern bzw. Handeln mit Betäubungsmitteln sind Straftaten im Sinne des Strafgesetzbuchs (StGB) bzw. des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) und damit zugleich Vertragsverletzungen, wenn sie gegenüber dem Vertragspartner oder Mitbewohnern des Hauses verübt werden oder den Hausfrieden stören.
Ausweislich der beigezogenen Strafakte des Amtsgerichts Brandenburg an der Havel hat der Beklagte unerlaubt Betäubungsmittel (21,81 g netto Cannabisverschnitt und 14,45 g netto Amphetamin) besessen, ohne zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein, was zum damaligen Zeitpunkt gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 3 BtMG eine Straftat war.
Zwar wird seit dem 1. April 2024 durch das KCanG der Besitz zum Eigenkonsum von bis zu 25 g Cannabis ausdrücklich erlaubt, doch besaß der Beklagte neben 21,81 g netto Cannabisverschnitt zudem noch 14,45 g netto Amphetamin in seiner Wohnung, so dass er dadurch dennoch unter Verstoß gegen das BtMG Betäubungsmittel in der Wohnung aufbewahrte und gegen seine vertraglichen Obhutspflichten als Mieter verstieß.
Eine Störung des Hausfriedens ist im Übrigen aber auch nach Inkrafttreten des Konsumcannabisgesetzes grundsätzlich dann gegeben, wenn der Bereich der eigenen Wohnung durch die Auswirkungen des Cannabiskonsums überschritten wird, da insofern dann zumindest ein Verstoß gegen das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme und damit eine Störung des Hausfriedens in Betracht kommt. Eine durch Verletzung einer solchen Rücksichtnahmepflicht verursachte Belästigung der Mitbewohner kann somit auch weiterhin eine Störung des Hausfriedens darstellen, insbesondere wenn die Intensität der Beeinträchtigungen ein unerträgliches und/oder gesundheitsgefährdendes Ausmaß erreicht.
Wenngleich von Seiten des Beklagten zu den verbrauchten Mengen an Cannabis konkret nichts gesagt wird, muss vorliegend eine nicht unerhebliche Intensität der Beeinträchtigungen und ein unerträgliches und/oder gesundheitsgefährdendes Ausmaß unter den festzustellenden Umständen hier wenigstens in Betracht gezogen werden, zumal minderjährige Kinder in demselben Hauseingang wohnen und im Hausflur an der Wohnungstür des Beklagten vorbeigehen müssen.
Der Beklagte hat dann aber die zu Wohnzwecken überlassenen Räumen insofern auch in einer Weise zu Zwecken missbraucht, die eine Störung des Hausfriedens darstellen, die ein Vermieter nicht hinnehmen muss.
Das AG meint, aufgrund der beigezogenen Strafakte und des insofern in nicht unerheblichem Umfang vorgefundenen Bargeldes im Wert von 2.050 € sowie einer aufgefundenen Feinwaage sei sogar davon auszugehen, dass es sich bei der Wohnung des Beklagten um eine sog. „Bunkerwohnung“ gehandelt habe, aus der heraus er Handel mit Betäubungsmitteln betrieben habe, was dann aber auch Auswirkungen auf die gesamte umliegende Nachbarschaft habe. Auch hierin liege ein erheblicher Verstoß gegen mietrechtliche Verpflichtungen, den die Vermieterin nicht hinzunehmen brauche.

Den Wortlaut finden Sie in GE 2024, Seite 508 und in unserer Datenbank.


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