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Mit Doppelstockbussen durch Berliner Außenbezirke
BVG zerstört Straßen Anlieger sollen zahlen
10.03.2008 (GE 5/2008, 291) Seit gut zwei Jahren gilt das Berliner Straßenausbaubeitragsgesetz (vom 16. März 2006, GVBl. Seite 256). Für die Verbesserung, Erweiterung und Erneuerung an öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen kann (muss!) das Land Beiträge von den Anliegern erheben. Jahrelang hat Berlin die routinemäßige Instandsetzung dieser Verkehrsanlagen aus Geldmangel vernachlässigt, wie die jährlichen Berichte des Landesrechnungshofes zeigen. Dadurch wird die Lebensdauer der Verkehrsanlagen deutlich verkürzt und die Gefahr erhöht, dass Anlieger in kürzeren Zeitabschnitten zur Kasse gebeten werden. Aber es gibt auch andere Ursachen, welche die übliche Lebensdauer einer Straße künstlich verkürzen. Eine davon ist das Befahren von Straßen mit Fahrzeugen, deren Gewicht die zulässige Straßenbaulast deutlich überschreitet. Bei Doppeldeckerbussen der BVG, die in den Außenbezirken fahren, ist das offensichtlich der Fall.
Ein Leser aus dem Neuköllner Blumenviertel stellte uns jetzt seinen Schriftwechsel mit BVG und Tiefbauamt zur Verfügung.
Vor seinem Grundstück verkehrt die Linie 172. Täglich von 6.00 bis 8.00 und von 13.30 bis 18.30 Uhr wird die Straße im 10-Minuten-Takt, in den anderen Zeiten im 20-Minuten-Takt, von Doppelstockbussen befahren.
Die Busse passieren das Einfamilienhaus des Lesers und die meisten anderen Häuser in der Einfamilienhaussiedlung in einem Abstand von zehn Metern oder weniger. Hinzu kommt ständiges Bremsen und Beschleunigen an den zahlreichen Kreuzungen aufgrund der Rechts-vor-Links-Regelung. Es kommt nicht nur zu unzumutbaren Emissions- und Vibrationsbelästigungen, sondern auch zu fühlbaren Erschütterungen der Gebäudesubstanz.
Zwar muss die BVG ihrem Transportauftrag nachkommen, das könnte sie allerdings auch durch den Einsatz von kleineren Standardbussen, die Anwohner, Straße und Gebäude weniger beeinträchtigten und durch das Gewicht der Fahrzeuge die Häuser nicht derart erschüttert, dass Dauerschäden nicht auszuschließen sind. Außerdem ist das Fahrgastaufkommen im Blumenviertel wie auch in anderen Randgebieten so gering, dass kleinere Busse völlig ausreichend sind. Im konkreten Fall lehnte die BVG das allerdings ab mit dem Hinweis, dass die Doppelstockbusse auf den ersten vier oder fünf Stationen nach den Gropiuspassagen ausgelastet seien.
Das auf die Probleme hingewiesene Bezirksamt warf zunächst nur Nebelkerzen. Die Straßen im Blumenviertel seien als Busverkehrsflächen vorgesehen. In dieser Phase wandte sich der Leser an die Redaktion dieser Zeitschrift. Wir gaben ihm ein paar Hinweise für eine gezielte Nachfrage. Die brachten dann Folgendes zutage:
Die befahrenen Straßen sind für eine Achslast von maximal 10 t ausgelegt. Die von der BVG eingesetzten Doppelstockbusse haben jedoch ein Leergewicht von 11 t, ein zulässiges Gesamtgewicht von 18 t und so die Berechnung eines vom Anwalt des Lesers eingeschalteten Statikers bei Auslastung des Busses eine Achslast von 11,9 t auf der Hinterachse das übersteigt die maximal auf den Straßen im Blumenviertel zulässige Straßenlast von 10 t um fast 20 %. Dass dies angesichts der Taktfrequenz zu einer Verkürzung der Lebensdauer einer Straße führt, kann wohl kaum bezweifelt werden.
Für die Erneuerung von Straßen aber müssen seit zwei Jahren die Anlieger aufkommen, wobei die Beiträge in den Anliegerstraßen besonders hoch sind die Anlieger müssen sich nämlich an den Kosten der Fahrbahndecke zu 65 %, an denen der Parkstreifen sogar zu 70 % beteiligen.
Zwar gilt nach dem Berliner Straßenausbaubeitragsgesetz, dass die Erneuerung nach Ablauf der üblichen Nutzungsdauer und tatsächlicher Abnutzung erforderlich sein muss, mithin eine Beteiligung der Anlieger nicht verlangt werden kann, wenn die übliche Nutzungsdauer noch nicht abgelaufen ist oder wenn doch die tatsächliche Abnutzung noch keine Erneuerung erforderlich macht. Aber um die Auslegung derart unbestimmter Begriffe wird es, dazu braucht es keine prophetischen Gaben, Streit geben.
Die Frage ist, welche rechtlichen Möglichkeiten es gibt durchzusetzen, dass Straßen in Berlin grundsätzlich so befahren werden, dass ein vorzeitiger Verschleiß möglichst ausgeschlossen wird, wenn die Verantwortlichen etwa bei der BVG sich weigern, kleinere Fahrzeuge einzusetzen.
Zu unterscheiden sind verschiedene Strategien:
1. Klage auf Unterlassung gegen BVG
Voraussetzung für ein Vorgehen nach § 1004 BGB wäre eine unmittelbare Beeinträchtigung eines absoluten Rechts (Eigentum) durch Immissionen (wie im Fall des BGH NJW 1984,1242). Das liegt wohl nicht vor. Denkbar sind Abwehr- und Schadensersatzansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 45 StVO.
2. Verwaltungsgerichtliches Verfahren
Dieses Verfahren wäre gegen die Straßenverkehrsbehörde zu führen mit dem Ziel einer Aufstellung des Zeichens 263 StVO (Achslastbeschränkung). Das ist sinnvoll, denn der Bürger hat Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung nach § 45 StVO (BVerwG, Urteil 26. September 2002 BVerwG 3 C 9.02 -). Das Ermessen kann auf Null schrumpfen, wenn nur eine richtige Entscheidung denkbar ist.
3. Straßenbaubeitrag
Möglich scheint die Abwehr einer späteren Heranziehung zum Straßenausbaubeitrag, da der Bürger nur zur Erneuerung herangezogen werden darf, wenn die Straße erneuerungsbedürftig und die übliche Nutzungszeit abgelaufen ist, die bei bestimmungsgemäßer Nutzung und ordnungsgemäßer Unterhaltung und Instandsetzung zu erwarten ist (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 31. August 2007 - 9 N 148.05 -). Anders als bei der Verbesserung kann die Gemeinde die Folgen eigener Unterlassungen nicht abwälzen (OVG Bautzen ZMR 2007, 233).
4. Amtshaftung
Wenn dennoch ein Vermögensschaden eintritt, kommt Amtshaftung nach § 839 BGB, Art. 34 GG in Betracht. Voraussetzung ist, dass die Behörde die Maßnahmen nach 2. pflichtwidrig unterlassen hat. Dieses Verfahren nach 2. ist unbedingt durchzuführen, da sonst ein Amtshaftungsanspruch nach § 839 Abs. 3 BGB entfällt. Das dort erwähnte Rechtsmittel wird weit ausgelegt; auch ein Antrag an die Behörde auf Tätigwerden zählt dazu (OLG Düsseldorf NJW-RR 1995,13).
Vor seinem Grundstück verkehrt die Linie 172. Täglich von 6.00 bis 8.00 und von 13.30 bis 18.30 Uhr wird die Straße im 10-Minuten-Takt, in den anderen Zeiten im 20-Minuten-Takt, von Doppelstockbussen befahren.
Die Busse passieren das Einfamilienhaus des Lesers und die meisten anderen Häuser in der Einfamilienhaussiedlung in einem Abstand von zehn Metern oder weniger. Hinzu kommt ständiges Bremsen und Beschleunigen an den zahlreichen Kreuzungen aufgrund der Rechts-vor-Links-Regelung. Es kommt nicht nur zu unzumutbaren Emissions- und Vibrationsbelästigungen, sondern auch zu fühlbaren Erschütterungen der Gebäudesubstanz.
Zwar muss die BVG ihrem Transportauftrag nachkommen, das könnte sie allerdings auch durch den Einsatz von kleineren Standardbussen, die Anwohner, Straße und Gebäude weniger beeinträchtigten und durch das Gewicht der Fahrzeuge die Häuser nicht derart erschüttert, dass Dauerschäden nicht auszuschließen sind. Außerdem ist das Fahrgastaufkommen im Blumenviertel wie auch in anderen Randgebieten so gering, dass kleinere Busse völlig ausreichend sind. Im konkreten Fall lehnte die BVG das allerdings ab mit dem Hinweis, dass die Doppelstockbusse auf den ersten vier oder fünf Stationen nach den Gropiuspassagen ausgelastet seien.
Das auf die Probleme hingewiesene Bezirksamt warf zunächst nur Nebelkerzen. Die Straßen im Blumenviertel seien als Busverkehrsflächen vorgesehen. In dieser Phase wandte sich der Leser an die Redaktion dieser Zeitschrift. Wir gaben ihm ein paar Hinweise für eine gezielte Nachfrage. Die brachten dann Folgendes zutage:
Die befahrenen Straßen sind für eine Achslast von maximal 10 t ausgelegt. Die von der BVG eingesetzten Doppelstockbusse haben jedoch ein Leergewicht von 11 t, ein zulässiges Gesamtgewicht von 18 t und so die Berechnung eines vom Anwalt des Lesers eingeschalteten Statikers bei Auslastung des Busses eine Achslast von 11,9 t auf der Hinterachse das übersteigt die maximal auf den Straßen im Blumenviertel zulässige Straßenlast von 10 t um fast 20 %. Dass dies angesichts der Taktfrequenz zu einer Verkürzung der Lebensdauer einer Straße führt, kann wohl kaum bezweifelt werden.
Für die Erneuerung von Straßen aber müssen seit zwei Jahren die Anlieger aufkommen, wobei die Beiträge in den Anliegerstraßen besonders hoch sind die Anlieger müssen sich nämlich an den Kosten der Fahrbahndecke zu 65 %, an denen der Parkstreifen sogar zu 70 % beteiligen.
Zwar gilt nach dem Berliner Straßenausbaubeitragsgesetz, dass die Erneuerung nach Ablauf der üblichen Nutzungsdauer und tatsächlicher Abnutzung erforderlich sein muss, mithin eine Beteiligung der Anlieger nicht verlangt werden kann, wenn die übliche Nutzungsdauer noch nicht abgelaufen ist oder wenn doch die tatsächliche Abnutzung noch keine Erneuerung erforderlich macht. Aber um die Auslegung derart unbestimmter Begriffe wird es, dazu braucht es keine prophetischen Gaben, Streit geben.
Die Frage ist, welche rechtlichen Möglichkeiten es gibt durchzusetzen, dass Straßen in Berlin grundsätzlich so befahren werden, dass ein vorzeitiger Verschleiß möglichst ausgeschlossen wird, wenn die Verantwortlichen etwa bei der BVG sich weigern, kleinere Fahrzeuge einzusetzen.
Zu unterscheiden sind verschiedene Strategien:
1. Klage auf Unterlassung gegen BVG
Voraussetzung für ein Vorgehen nach § 1004 BGB wäre eine unmittelbare Beeinträchtigung eines absoluten Rechts (Eigentum) durch Immissionen (wie im Fall des BGH NJW 1984,1242). Das liegt wohl nicht vor. Denkbar sind Abwehr- und Schadensersatzansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 45 StVO.
2. Verwaltungsgerichtliches Verfahren
Dieses Verfahren wäre gegen die Straßenverkehrsbehörde zu führen mit dem Ziel einer Aufstellung des Zeichens 263 StVO (Achslastbeschränkung). Das ist sinnvoll, denn der Bürger hat Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung nach § 45 StVO (BVerwG, Urteil 26. September 2002 BVerwG 3 C 9.02 -). Das Ermessen kann auf Null schrumpfen, wenn nur eine richtige Entscheidung denkbar ist.
3. Straßenbaubeitrag
Möglich scheint die Abwehr einer späteren Heranziehung zum Straßenausbaubeitrag, da der Bürger nur zur Erneuerung herangezogen werden darf, wenn die Straße erneuerungsbedürftig und die übliche Nutzungszeit abgelaufen ist, die bei bestimmungsgemäßer Nutzung und ordnungsgemäßer Unterhaltung und Instandsetzung zu erwarten ist (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 31. August 2007 - 9 N 148.05 -). Anders als bei der Verbesserung kann die Gemeinde die Folgen eigener Unterlassungen nicht abwälzen (OVG Bautzen ZMR 2007, 233).
4. Amtshaftung
Wenn dennoch ein Vermögensschaden eintritt, kommt Amtshaftung nach § 839 BGB, Art. 34 GG in Betracht. Voraussetzung ist, dass die Behörde die Maßnahmen nach 2. pflichtwidrig unterlassen hat. Dieses Verfahren nach 2. ist unbedingt durchzuführen, da sonst ein Amtshaftungsanspruch nach § 839 Abs. 3 BGB entfällt. Das dort erwähnte Rechtsmittel wird weit ausgelegt; auch ein Antrag an die Behörde auf Tätigwerden zählt dazu (OLG Düsseldorf NJW-RR 1995,13).