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Straßenreinigung
Kommunen dürfen nicht alle Pflichten auf die Anlieger abwälzen
10.03.2008 (GE 5/2008, 306) Städte und Gemeinden sind grundsätzlich verpflichtet, kommunale Straßen und Wege selbst zu reinigen. Erledigen sie dies selbst, erheben sie hierfür von den Anliegern Gebühren. Die Straßenreinigungsgesetze der Länder sehen aber häufig die Übertragung der Reinigungsverpflichtung auf die Grundstückeigentümer vor. Dann werden zwar keine Straßenreinigungsgebühren mehr fällig, allerdings haben die Anlieger dann die an ihre Grundstücke angrenzenden Wege eigenständig zu reinigen.
Der Verwaltungsgerichtshof München hat in einem kürzlich veröffentlichten Urteil entschieden, dass die Abwälzung einer gemeindlichen Reinigungspflicht auf die Anlieger unter dem strikten Vorbehalt der Zumutbarkeit steht (Urteil vom 4. April 2007, Az. 8 B 05.3195). Gleichzeitig stellten die Richter klar, dass bei der (nichtwinterlichen) Reinigungspflicht die Abwälzung insbesondere folgender Pflichten für die Anlieger unzumutbar bzw. unzulässig ist:
– die Reinigung von Teilen einer verkehrsmäßig hoch belasteten Straße,
– die Durchführung einer wöchentlichen Reinigung unabhängig vom Bedarf,
– die Entfernung von Kehricht, Schlamm oder Unrat, soweit diese Abfälle nicht in den üblichen Hausmülltonnen oder Wertstoffcontainern entsorgt werden können,
– die Beseitigung von Hundekot und
– die Entfernung von flächenhaft in den Straßenkörper hineinwucherndem Gras oder Unkraut.
Der Entscheidung lag ein Fall zugrunde, in dem eine bayerische Stadt einen Anlieger, dessen Grundstück an einer viel befahrenen Bundesstraße liegt, dazu verpflichten wollte, jeden Samstag unter anderem den Fahrbahnrand sowie den angrenzenden Fuß- und Radweg zu reinigen. Der Verwaltungsgerichtshof entschied, dass die Verpflichtung der Anlieger zur bedarfsunabhängigen, wöchentlichen Reinigung einer viel befahrenen Straße unzumutbar sei. Außerdem könnten die Grundstückseigentümer nicht verpflichtet werden, Sonderabfälle oder Hundekot von öffentlichen Wegen zu entfernen.
Ähnlich hatte jüngst das Oberverwaltungsgericht (OVG) Lüneburg entschieden. Die niedersächsischen Verwaltungsrichter urteilten, dass eine Übertragung der Straßenreinigungspflicht auf die Anlieger rechtswidrig sei, wenn die Pflichterfüllung wegen der Verkehrsverhältnisse oder aus anderen Gründen mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten verbunden und deshalb unzumutbar sei (Urteil vom 14. Februar 2007, Az. 12 KN 399/05).
Im zu entscheidenden Fall sollte ein Anlieger zur Reinigung einer Straße verpflichtet werden, an deren Rand mehrere große Kastanien standen, deren Laub die Straße vor allem im Herbst in erheblichem Umfang verunreinige. Die Richter entschieden, dass die Übertragung der Straßenreinigungspflicht von der Kommune auf die Anlieger unzumutbar sei. Bei der Entscheidung über die Unzumutbarkeit spielten sowohl die örtlichen Verkehrsverhältnisse als auch der mögliche Aufwand der Anlieger zur Erfüllung der Reinigungspflichten eine Rolle. Wegen der vom Anlieger zu entfernenden und anschließend zu entsorgenden Laubmenge sei die Zumutbarkeitsgrenze überschritten, so das OVG.

Anmerkung: Aus Berliner Sicht ergeben sich durch diese Rechtsprechung eine Reihe von Hinweisen, die insbesondere die Anlieger von Grundstücken aufgreifen können, die im Straßenreinigungsverzeichnis C eingetragen sind.
Autor: RA Stefan Walter