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Schadensersatz wegen vorgetäuschten Eigenbedarfs
Trotz Mietaufhebungsvereinbarung und Umzugshilfe nach Kündigung
07.05.2025 (GE 7/2025, S. 314) Wenn nach einer Eigenbedarfskündigung die Wohnung an einen Dritten vermietet wird, liegt der Verdacht auf vorgetäuschten Eigenbedarf nahe. Der ausgezogene Mieter muss zwar für einen Schadensersatzanspruch die Voraussetzungen darlegen; der Vermieter trägt aber die „sekundäre Darlegungslast“, den (später weggefallenen) Selbstnutzungswunsch plausibel darzulegen wie auch die Gründe für den Wegfall.
Der Fall: Der im Ausland lebende Vermieter hatte im Jahr 2018 wegen Eigenbedarfs gekündigt, weil er mit seiner Familie nach Berlin umziehen wollte. Nach Abschluss einer Mietaufhebungsvereinbarung mit einer Umzugsbeihilfe von 4.500 € für die Mieter wurden in der Wohnung bis zum Mai 2020 Renovierungsarbeiten ausgeführt; danach wurde die Wohnung der Schwester des Vermieters und deren Ehemann überlassen. Die Kläger verlangten Schadensersatz wegen vorgetäuschten Eigenbedarfs für Mietmehraufwand, Umzugskosten und Rechtsanwaltskosten. Der Beklagte berief sich auf einen Wegfall der Geschäftsgrundlage wegen der Corona- Pandemie und der Ungewissheit, ob eine Übersiedlung nach Berlin überhaupt möglich sein würde. Er habe deshalb vorübergehend die Wohnung seiner Schwester überlassen.
Das Amtsgericht hielt das für plausibel und wies die Klage ab.

Das Urteil: Auf die Berufung entschied das Landgericht Berlin, dass der Anspruch dem Grunde nach gerechtfertigt sei. Die Mieter könnten Schadensersatz verlangen, weil der Vermieter eine konkrete Planung zum Umzug nach Berlin als Voraussetzung für die Eigenbedarfskündigung nicht dargelegt habe. Setze der Vermieter die seiner Eigenbedarfskündigung zugrunde gelegte Absicht, selbst in die Wohnung einzuziehen, nach Auszug des Mieters nicht um, so habe er stimmig darzulegen, aus welchen Gründen der mit der Kündigung vorgebrachte Eigenbedarf nachträglich entfallen sei.
Das abwartende Verhalten des Beklagten deute darauf hin, dass er die Begründung eines Zweitwohnsitzes in Berlin zwar womöglich in Erwägung gezogen, sich aber noch nicht zum Umzug fest entschlossen habe. Auch sei nicht vorgetragen, welche Mitglieder seiner Familie nach der ursprünglichen Vorstellung wann und für wie lange nach Berlin umziehen sollten. Damit liege eine bloße Vorratskündigung vor. Der Hinweis des Beklagten auf die Ungewissheiten wegen der Corona-Pandemie sei deshalb unerheblich.
Unerheblich sei auch, dass der Beklagte eine Kündigung wegen Eigenbedarfs für seine Schwester hätte aussprechen können, denn dies sei gerade nicht der Fall gewesen. Schließlich scheitere der Schadensersatzanspruch auch nicht an der Ausgleichsklausel in der Mietaufhebungsvereinbarung, die nicht so ausgelegt werden könne, dass die Kläger auf Schadensersatzansprüche wegen arglistiger Vortäuschung eines Räumungsanspruchs verzichten wollten.

Anmerkung: Das Amtsgericht hatte einen Schadensersatzanspruch deshalb verneint, weil der Vermieter den Kündigungswunsch erst nach Ablauf der Kündigungsfrist aufgegeben habe, dies offenbar im Anschluss an die Rechtsprechung des BGH, wonach eine freiwerdende Alternativwohnung dem Mieter nur bis zum Ablauf der Kündigungsfrist angeboten werden muss (GE 2003, 1206). Die Berufung auf eine an sich wirksame Eigenbedarfskündigung kann dann rechtsmissbräuchlich sein. Die 64. Kammer sah dagegen schon die Kündigung als unwirksam an, weil der Beklagte eine konkrete Planung für die Selbstnutzung nicht dargelegt habe.
Die Rechtsprechung des BGH in Anlehnung an das Bundesverfassungsgericht (NJW 1997, 2377) hat dagegen den Schwerpunkt für die Darlegungslast des Vermieters auf die Gründe für den Sinneswandel, also den Wegfall des Eigenbedarfs gelegt. Das ist auch stimmig, denn ein konkret vorgetragener Selbstnutzungswunsch kann als innere Tatsachen nur vorgetäuscht sein, was sich erst aus der späteren Entwicklung ableiten lässt.

Den Wortlaut finden Sie in GE 2025, Seite 345 und in unserer Datenbank.
Autor: Rudolf Beuermann


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