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Das Schicksal von Mietervorkaufsrechten bei Veräußerung des gesamten aufgeteilten Objekts
Die Vorratsteilung von Mietwohngrundstücken birgt eine Reihe von Problemen
14.03.2014 (GE 5/14, 292) Manchen Immobilienakteuren sitzt die Angst in den Knochen, dass zumindest in den Milieuschutzgebieten demnächst die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen nur noch mit behördlicher Genehmigung zulässig – und damit faktisch unmöglich – sein wird. Deshalb ist die sog. „Vorratsteilung“ groß in Mode. Beck hat in GE 2013 [9] 599 ff. schon die steuerrechtliche Seite des Modells beleuchtet. Der folgende Beitrag widmet sich einem weiteren Aspekt der Vorratsteilung.
I. Einleitung
So mancher Eigentümer eines Miethauses denkt über die Umwandlung in Wohnungseigentum nach. Wegen der möglichen Ausweitung der Umwandlungshindernisse in Milieuschutzgebieten und dem befürchteten flächendeckenden Umwandlungsverbot in Berlin ist die „Vorratsumwandlung“ derzeit eines der Hauptbeschäftigungsfelder Berliner Notare. Für die Umwandlung auf Vorrat werden folgende wirtschaftliche Gründe angegeben:
■ Eigentümer, die die Immobilie zur Altersversorgung benötigen, wollen sich die Option erhalten, später einzelne frei werdende Eigentumswohnungen je nach entstehendem Finanzbedarf zu veräußern.
■ Es ist davon auszugehen, dass ein bereits umgewandeltes Miethaus einen höheren Kaufpreis erzielen wird als ein aufgrund eines Umwandlungsverbotes nicht mehr umwandelbares Miethaus.
Da die Vorratsumwandlung nicht mit Nachteilen verbunden ist und insbesondere durch die Umwandlung allein keine negativen steuerlichen Folgen eintreten (vgl. hierzu Beck, GE 2013, 599), spricht zunächst nichts gegen eine solche Maßnahme.
II. Mietervorkaufsrechte als Problem
Mit der Umwandlung eines Miethauses in Wohnungseigentum entstehen Mieterschutzrechte, wie die nunmehr zehnjährige Kündigungssperrfrist in Berlin und vor allen Dingen auch das Mietervorkaufsrecht bei Veräußerung. Das Mietervorkaufsrecht nach § 577 BGB gibt dem Mieter das Recht, in einen zwischen dem Eigentümer und dem Erwerber abgeschlossenen Kaufvertrag über das Wohnungseigentum zu exakt dessen Bedingungen einzurücken.
Der Erstvertrag kann in diesen Fällen nicht durchgeführt werden, der Mieter wird hier zum Käufer.War Motiv des Eigentümers bei der Vorratsumwandlung, später die gebildeten Eigentumswohnungen nach und nach zu verkaufen, wird ihn das Mietervorkaufsrecht bei diesen Veräußerungen nicht stören: Der Mieter rückt in den Vertrag auch hinsichtlich des Kaufpreises so ein, wie er zwischen Verkäufer und Käufer abgeschlossen ist, der Verkäufer erleidet also keine finanzielle Einbuße. Da ein solcher Bestandshalter einer Immobilie bei Veräußerung einzelner Eigentumswohnungen an einen Dritten auch akzeptiert, nun nur noch Mehrheitseigentümer einer Wohnungseigentümergemeinschaft zu sein, stört auch insoweit die Ausübung des Vorkaufsrechts nicht. Soll das vorratsgeteilte Objekt allerdings als gesamtes („Miethaus“) veräußert werden, stellt sich sofort das Problem des Mietervorkaufsrechts.
Zunächst ist im Ausgangspunkt darauf hinzuweisen, dass das Mietervorkaufsrecht ganz unzweifelhaft auch dann besteht, wenn nicht nur die einzelne vom Mieter bewohnte Eigentumswohnung veräußert wird, sondern das gesamte Objekt, in dem sich die Eigentumswohnung des Mieters befindet. Dies gilt auch dann, wenn kein Einzelkaufpreis für die Eigentumswohnungen im Grundstückskaufvertrag ausgewiesen wird, sondern, wie dies üblich ist, nur ein Gesamtkaufpreis (OLG Düsseldorf, DNotZ 1999, 491).
Im Ergebnis hat jeder einzelne Mieter, dem die Räume vor der Aufteilung überlassen wurden, das Recht zur Ausübung seines Vorkaufsrechts. In der Praxis des Verfassers waren Vorkaufsrechte der Mieter zu früheren Zeiten allenfalls ein theoretisches Problem. Derzeit ist zu beobachten, dass beim Verkauf vermieteter Eigentumswohnungen doch deutlich häufiger vom Vorkaufsrecht Gebrauch gemacht wird. Dies liegt natürlich an den relevanten Marktdaten mit niedrigen Zinsen und steigenden Mieten in Berlin. Beim Verkauf eines aufgeteilten Miethauses profitiert der Mieter bei Ausübung seines Vorkaufsrechts üblicherweise sogar noch zusätzlich von einem Paketabschlag, der einem solchen Verkauf innewohnt.
Wird ein aufgeteiltes Miethaus insgesamt veräußert, stellen die möglichen Vorkaufsrechte der einzelnen Mieter daher ein erhebliches Problem zwischen Verkäufer und Käufer dar.
Während es dem Verkäufer egal sein kann, von wem er seinen Kaufpreis erhält, also insgesamt vom Käufer, wenn kein Vorkaufsrecht ausgeübt wird, oder vom Käufer und von den das Vorkaufsrecht ausübenden Mietern, ist dies für einen Erwerber keineswegs belanglos, findet er sich doch unter Umständen nach dem vollzogenen Erwerb als Mehrheits- oder gar Minderheits-Wohnungseigentümer in einer Wohnungseigentümergemeinschaft wieder, obwohl er eigentlich wirtschaftlich ein Miethaus erwerben wollte; dementsprechend besteht Beratungsbedarf, wie in solchen Fällen die Ausübung des Vorkaufsrechts verhindert oder erschwert werden kann.
II. Untaugliche Lösungen
Ganz sicher untauglich ist der Lösungsansatz, das Vorkaufsrecht des Mieters schlicht zu ignorieren. Ist der Vertrag grundbuchmäßig vollzogen, wird dies kein Problem des Käufers mehr sein, allerdings umso mehr ein Problem des Verkäufers. Der um das Vorkaufsrecht gebrachte Mieter hat Schadensersatzansprüche gegenüber dem Verkäufer (vgl. beispielsweise BGH, NZM 2005, 779), wenngleich natürlich die Darlegung eines Schadens im Zivilprozess eher schwierig sein dürfte. Das sich hieraus ergebende Risiko ist für den Verkäufer aber eindeutig zu hoch.
Auch das Einholen von Verzichtserklärungen der Mieter vor Abschluss des Kaufvertrages ist rechtsunsicher. Nach wohl herrschender Meinung ist ein solcher Verzicht vor Abschluss des Kaufvertrages und vor Mitteilung des Kaufvertrages an den Mieter rechtlich unwirksam (vgl. MünchKommBGB/Voelskow, § 570 b Rz. 8). Auch die üblichen„Tricks“ zur Aushebelung des Vorkaufsrechts sind nicht sicher:
■ Die Aufteilung des Gesamtkaufpreises in niedrigere Kaufpreise für solche Eigentumswohnungen, bei denen die Ausübung des Vorkaufsrechts nicht zu befürchten ist, und in hohe Kaufpreise, bei denen die Ausübung wahrscheinlicher ist.
■ Die nach einer Entscheidung aus München mögliche „differenzierte Preisvereinbarung”, die dazu führt, dass der Mieter einen höheren Kaufpreis zahlen muss als der eigentliche Käufer (zulässig nach OLG München, MittBayNot 2005, 306; Schmidt-Futterer, § 577 BGB, Rz. 79).
■ Die Aufnahme einer Maklerklausel als echten Vertrag zugunsten Dritter in den Grundstückskaufvertrag mit der Folge, dass der das Vorkaufsrecht ausübende Mieter anteilig Maklerprovision zu zahlen hat.
■ Das Beurkunden ohne Belastungsvollmacht oder zwar mit Belastungsvollmacht, aber nur hinsichtlich einer bestimmten Bank mit der Folge, dass die
Finanzierungsmöglichkeiten des Mieters eingeschränkt sind. Das Interesse am Erwerb der selbstgenutzten Wohnung kann aufgrund der gegenwärtigen Marktverhältnisse so groß sein, dass der Mieter jede der aufgebauten Hürden nimmt und das Vorkaufsrecht trotz der entsprechenden Vorsorge ausübt. Für den Erwerber eines Miethauses ist es jedenfalls zu risikoreich, darauf zu vertrauen, eine der Hürden werde helfen.
IV. Rückumwandlungvor Verkauf als Lösung
Unzweifelhaft besteht kein Vorkaufsrecht eines Mieters, wenn ein Miethaus – auf einem Grundbuchblatt angelegt – verkauft wird. Ebenso unzweifelhaft besteht ein Vorkaufsrecht des Mieters allerdings, wenn zwar wirtschaftlich ein Miethaus veräußert wird, sich der Verkauf aber als Bündelung aller Eigentumswohnungen darstellt (vgl. oben).Dementsprechend liegt die Idee nahe, die Wohnungseigentümergemeinschaft vor dem Verkauf in notarieller Form aufzuheben und nach Schließen der Wohnungsgrundbuchblätter und Anlegen eines Grundbuchblatts ein „Miethaus“ zu veräußern.Auch dieser Weg ist in der Praxis allerdings problematisch, weil der Verkäufer eines Objekts die Schließung der Wohnungseigentumsgrundbücher erst vornehmen will, wenn der Kaufvertrag abgeschlossen ist. Der Käufer wiederum will aber das Objekt erst dann erwerben, wenn er vor bestehenden Vorkaufsrechten der Mieter und davor geschützt ist, nur Mehrheitseigentümer in einer Wohnungseigentümergemeinschaft zu werden.
Die herrschende Meinung in der Literatur stellt darauf ab, was Kaufgegenstand ist. Ein Mietervorkaufsrecht soll schon dann nicht mehr greifen, wenn bei Kaufvertragsabschluss zwar noch die Wohnungsgrundbuchblätter bestehen, Vertragsgegenstand aber das ungeteilte Gesamtgrundstück ist. Hieraus ergeben sich folgende Hinweise für die Praxis:
■ Bereits vor der Beurkundung des Kaufvertrages sollte die Aufhebung der Wohnungseigentümergemeinschaft beurkundet werden.
■ Es ist nicht erforderlich, dass die Aufhebung der Wohnungsgrundbuchblätter im Grundbuch vollzogen ist, bevor der Kaufvertrag abgeschlossen wird.
■ Dementsprechend kann unmittelbar nach Aufhebung (unter Umständen im gleichen Termin) der Grundstückskaufvertrag abgeschlossen werden.
■ Der Grundstückskaufvertrag darf sich ausschließlich auf ein Miethaus als Kaufobjekt beziehen und muss die Verpflichtung des Verkäufers enthalten, die zu diesem Zeitpunkt noch vorhandenen Wohnungsgrundbuchblätter im Grundbuch zu schließen.
■ Selbstverständlich muss auch dieser Kaufvertrag den grundbuchlichen Gegebenheiten Rechnung tragen und beim Grundbuchstand sämtliche Wohnungsgrundbuchblätter wiedergeben, dies ist aber für das Vorkaufsrecht unschädlich.
Wenn Kaufgegenstand das – zukünftig – ungeteilte Grundstück als solches ist und nicht die Summe der Wohnungseigentumseinheiten, und sich darüber hinaus der Verkäufer verpflichtet, für das Schließen der Wohnungsgrundbuchblätter im Rahmen der Abwicklung des Kaufvertrages Sorge zu tragen, besteht für diesen Verkauf kein Vorkaufsrecht eines betroffenen Mieters (herrschende Meinung: Schilling/Meyer, ZMR 1994, 497, 503; MünchKommBGB/ Voelskow, § 577 Rz. 3; Staudinger/Rolfs, § 577 BGB Rz. 25; a. A.: Langhein in DNotZ 1993, 650, der das Schließen der Wohnungsgrundbücher vor Abschluss des Kaufvertrages verlangt).
Die Eintragung der Vormerkung und der Finanzierungsgrundschuld stellen den Notar vor keine größeren Schwierigkeiten: Vormerkung und Finanzierungsgrundschuld werden entweder zunächst auf allen Wohnungsgrundbuchblättern zur Sicherung des Käufers eingetragen und später auf das Grundbuchblatt „Miethaus“ übertragen, oder es wird zunächst der Antrag auf Schließung der Wohnungsgrundbuchblätter gestellt, nachfolgend die Anträge auf Eintragung der Vormerkung und der Finanzierungsgrundschuld und dementsprechend die Anträge nacheinander auf dem neuen Grundbuchblatt vollzogen. Ein Problem soll nicht verschwiegen werden: Wenn das zwischenzeitliche Schließen der Wohnungsgrundbuchblätter nur dem Zweck dienen sollte, die Mietervorkaufsrechte auszuhebeln und der Erwerber unmittelbar nach Eigentumsumschreibung wiederum in Wohnungseigentum aufteilt, könnte eine Umgehung der Vorkaufsrechte der Mieter angenommen werden. Folge wäre, dass die Mieter nach wie vor ihr Vorkaufsrecht geltend machen können, was der Verkäufer allerdings deshalb nicht erfüllen kann, weil die Eigentumsumschreibung auf den Erwerber schon stattgefunden hat. Hier würde sich der Veräußerer dann entsprechenden Schadensersatzforderungen der Mieter aussetzen. Natürlich ist es ein Problem für die Mieter, einen konkreten Schaden nachzuweisen und dementsprechend auch Schadenersatz geltend zu machen; will der Verkäufer hier sichergehen, muss er in den Kaufvertrag mit seinem Käufer die Zusatzvereinbarung aufnehmen, dass der Käufer sich verpflichtet, keine Rückumwandlung des Objekts innerhalb eines bestimmten schädlichen Zeitraums vorzunehmen. Wie lang diese„Schamfrist“ sein muss und wann sich der Käufer zur neuen Aufteilung ohne nachteilige Folgen im Hinblick auf das an sich erloschene Vorkaufsrecht der Mieter entschließen darf, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Will der Verkäufer jedes Risiko vermeiden, wird er ein Rückumwandlungsverbot von mindestens ein bis zwei Jahren in den Kaufvertrag aufnehmen müssen. In Betracht kommen natürlich auch andere Regelungen wie z. B. die Verpflichtung des Käufers, den Verkäufer von etwaigen Schadensersatzansprüchen der um das Vorkaufsrecht gebrachten Mieter freizustellen. Insoweit ist dann die Phantasie der Parteien und deren Berater gefragt, diese letzte Hürde beim Verkauf eines bereits umgewandelten Miethauses zu nehmen.
So mancher Eigentümer eines Miethauses denkt über die Umwandlung in Wohnungseigentum nach. Wegen der möglichen Ausweitung der Umwandlungshindernisse in Milieuschutzgebieten und dem befürchteten flächendeckenden Umwandlungsverbot in Berlin ist die „Vorratsumwandlung“ derzeit eines der Hauptbeschäftigungsfelder Berliner Notare. Für die Umwandlung auf Vorrat werden folgende wirtschaftliche Gründe angegeben:
■ Eigentümer, die die Immobilie zur Altersversorgung benötigen, wollen sich die Option erhalten, später einzelne frei werdende Eigentumswohnungen je nach entstehendem Finanzbedarf zu veräußern.
■ Es ist davon auszugehen, dass ein bereits umgewandeltes Miethaus einen höheren Kaufpreis erzielen wird als ein aufgrund eines Umwandlungsverbotes nicht mehr umwandelbares Miethaus.
Da die Vorratsumwandlung nicht mit Nachteilen verbunden ist und insbesondere durch die Umwandlung allein keine negativen steuerlichen Folgen eintreten (vgl. hierzu Beck, GE 2013, 599), spricht zunächst nichts gegen eine solche Maßnahme.
II. Mietervorkaufsrechte als Problem
Mit der Umwandlung eines Miethauses in Wohnungseigentum entstehen Mieterschutzrechte, wie die nunmehr zehnjährige Kündigungssperrfrist in Berlin und vor allen Dingen auch das Mietervorkaufsrecht bei Veräußerung. Das Mietervorkaufsrecht nach § 577 BGB gibt dem Mieter das Recht, in einen zwischen dem Eigentümer und dem Erwerber abgeschlossenen Kaufvertrag über das Wohnungseigentum zu exakt dessen Bedingungen einzurücken.
Der Erstvertrag kann in diesen Fällen nicht durchgeführt werden, der Mieter wird hier zum Käufer.War Motiv des Eigentümers bei der Vorratsumwandlung, später die gebildeten Eigentumswohnungen nach und nach zu verkaufen, wird ihn das Mietervorkaufsrecht bei diesen Veräußerungen nicht stören: Der Mieter rückt in den Vertrag auch hinsichtlich des Kaufpreises so ein, wie er zwischen Verkäufer und Käufer abgeschlossen ist, der Verkäufer erleidet also keine finanzielle Einbuße. Da ein solcher Bestandshalter einer Immobilie bei Veräußerung einzelner Eigentumswohnungen an einen Dritten auch akzeptiert, nun nur noch Mehrheitseigentümer einer Wohnungseigentümergemeinschaft zu sein, stört auch insoweit die Ausübung des Vorkaufsrechts nicht. Soll das vorratsgeteilte Objekt allerdings als gesamtes („Miethaus“) veräußert werden, stellt sich sofort das Problem des Mietervorkaufsrechts.
Zunächst ist im Ausgangspunkt darauf hinzuweisen, dass das Mietervorkaufsrecht ganz unzweifelhaft auch dann besteht, wenn nicht nur die einzelne vom Mieter bewohnte Eigentumswohnung veräußert wird, sondern das gesamte Objekt, in dem sich die Eigentumswohnung des Mieters befindet. Dies gilt auch dann, wenn kein Einzelkaufpreis für die Eigentumswohnungen im Grundstückskaufvertrag ausgewiesen wird, sondern, wie dies üblich ist, nur ein Gesamtkaufpreis (OLG Düsseldorf, DNotZ 1999, 491).
Im Ergebnis hat jeder einzelne Mieter, dem die Räume vor der Aufteilung überlassen wurden, das Recht zur Ausübung seines Vorkaufsrechts. In der Praxis des Verfassers waren Vorkaufsrechte der Mieter zu früheren Zeiten allenfalls ein theoretisches Problem. Derzeit ist zu beobachten, dass beim Verkauf vermieteter Eigentumswohnungen doch deutlich häufiger vom Vorkaufsrecht Gebrauch gemacht wird. Dies liegt natürlich an den relevanten Marktdaten mit niedrigen Zinsen und steigenden Mieten in Berlin. Beim Verkauf eines aufgeteilten Miethauses profitiert der Mieter bei Ausübung seines Vorkaufsrechts üblicherweise sogar noch zusätzlich von einem Paketabschlag, der einem solchen Verkauf innewohnt.
Wird ein aufgeteiltes Miethaus insgesamt veräußert, stellen die möglichen Vorkaufsrechte der einzelnen Mieter daher ein erhebliches Problem zwischen Verkäufer und Käufer dar.
Während es dem Verkäufer egal sein kann, von wem er seinen Kaufpreis erhält, also insgesamt vom Käufer, wenn kein Vorkaufsrecht ausgeübt wird, oder vom Käufer und von den das Vorkaufsrecht ausübenden Mietern, ist dies für einen Erwerber keineswegs belanglos, findet er sich doch unter Umständen nach dem vollzogenen Erwerb als Mehrheits- oder gar Minderheits-Wohnungseigentümer in einer Wohnungseigentümergemeinschaft wieder, obwohl er eigentlich wirtschaftlich ein Miethaus erwerben wollte; dementsprechend besteht Beratungsbedarf, wie in solchen Fällen die Ausübung des Vorkaufsrechts verhindert oder erschwert werden kann.
II. Untaugliche Lösungen
Ganz sicher untauglich ist der Lösungsansatz, das Vorkaufsrecht des Mieters schlicht zu ignorieren. Ist der Vertrag grundbuchmäßig vollzogen, wird dies kein Problem des Käufers mehr sein, allerdings umso mehr ein Problem des Verkäufers. Der um das Vorkaufsrecht gebrachte Mieter hat Schadensersatzansprüche gegenüber dem Verkäufer (vgl. beispielsweise BGH, NZM 2005, 779), wenngleich natürlich die Darlegung eines Schadens im Zivilprozess eher schwierig sein dürfte. Das sich hieraus ergebende Risiko ist für den Verkäufer aber eindeutig zu hoch.
Auch das Einholen von Verzichtserklärungen der Mieter vor Abschluss des Kaufvertrages ist rechtsunsicher. Nach wohl herrschender Meinung ist ein solcher Verzicht vor Abschluss des Kaufvertrages und vor Mitteilung des Kaufvertrages an den Mieter rechtlich unwirksam (vgl. MünchKommBGB/Voelskow, § 570 b Rz. 8). Auch die üblichen„Tricks“ zur Aushebelung des Vorkaufsrechts sind nicht sicher:
■ Die Aufteilung des Gesamtkaufpreises in niedrigere Kaufpreise für solche Eigentumswohnungen, bei denen die Ausübung des Vorkaufsrechts nicht zu befürchten ist, und in hohe Kaufpreise, bei denen die Ausübung wahrscheinlicher ist.
■ Die nach einer Entscheidung aus München mögliche „differenzierte Preisvereinbarung”, die dazu führt, dass der Mieter einen höheren Kaufpreis zahlen muss als der eigentliche Käufer (zulässig nach OLG München, MittBayNot 2005, 306; Schmidt-Futterer, § 577 BGB, Rz. 79).
■ Die Aufnahme einer Maklerklausel als echten Vertrag zugunsten Dritter in den Grundstückskaufvertrag mit der Folge, dass der das Vorkaufsrecht ausübende Mieter anteilig Maklerprovision zu zahlen hat.
■ Das Beurkunden ohne Belastungsvollmacht oder zwar mit Belastungsvollmacht, aber nur hinsichtlich einer bestimmten Bank mit der Folge, dass die
Finanzierungsmöglichkeiten des Mieters eingeschränkt sind. Das Interesse am Erwerb der selbstgenutzten Wohnung kann aufgrund der gegenwärtigen Marktverhältnisse so groß sein, dass der Mieter jede der aufgebauten Hürden nimmt und das Vorkaufsrecht trotz der entsprechenden Vorsorge ausübt. Für den Erwerber eines Miethauses ist es jedenfalls zu risikoreich, darauf zu vertrauen, eine der Hürden werde helfen.
IV. Rückumwandlungvor Verkauf als Lösung
Unzweifelhaft besteht kein Vorkaufsrecht eines Mieters, wenn ein Miethaus – auf einem Grundbuchblatt angelegt – verkauft wird. Ebenso unzweifelhaft besteht ein Vorkaufsrecht des Mieters allerdings, wenn zwar wirtschaftlich ein Miethaus veräußert wird, sich der Verkauf aber als Bündelung aller Eigentumswohnungen darstellt (vgl. oben).Dementsprechend liegt die Idee nahe, die Wohnungseigentümergemeinschaft vor dem Verkauf in notarieller Form aufzuheben und nach Schließen der Wohnungsgrundbuchblätter und Anlegen eines Grundbuchblatts ein „Miethaus“ zu veräußern.Auch dieser Weg ist in der Praxis allerdings problematisch, weil der Verkäufer eines Objekts die Schließung der Wohnungseigentumsgrundbücher erst vornehmen will, wenn der Kaufvertrag abgeschlossen ist. Der Käufer wiederum will aber das Objekt erst dann erwerben, wenn er vor bestehenden Vorkaufsrechten der Mieter und davor geschützt ist, nur Mehrheitseigentümer in einer Wohnungseigentümergemeinschaft zu werden.
Die herrschende Meinung in der Literatur stellt darauf ab, was Kaufgegenstand ist. Ein Mietervorkaufsrecht soll schon dann nicht mehr greifen, wenn bei Kaufvertragsabschluss zwar noch die Wohnungsgrundbuchblätter bestehen, Vertragsgegenstand aber das ungeteilte Gesamtgrundstück ist. Hieraus ergeben sich folgende Hinweise für die Praxis:
■ Bereits vor der Beurkundung des Kaufvertrages sollte die Aufhebung der Wohnungseigentümergemeinschaft beurkundet werden.
■ Es ist nicht erforderlich, dass die Aufhebung der Wohnungsgrundbuchblätter im Grundbuch vollzogen ist, bevor der Kaufvertrag abgeschlossen wird.
■ Dementsprechend kann unmittelbar nach Aufhebung (unter Umständen im gleichen Termin) der Grundstückskaufvertrag abgeschlossen werden.
■ Der Grundstückskaufvertrag darf sich ausschließlich auf ein Miethaus als Kaufobjekt beziehen und muss die Verpflichtung des Verkäufers enthalten, die zu diesem Zeitpunkt noch vorhandenen Wohnungsgrundbuchblätter im Grundbuch zu schließen.
■ Selbstverständlich muss auch dieser Kaufvertrag den grundbuchlichen Gegebenheiten Rechnung tragen und beim Grundbuchstand sämtliche Wohnungsgrundbuchblätter wiedergeben, dies ist aber für das Vorkaufsrecht unschädlich.
Wenn Kaufgegenstand das – zukünftig – ungeteilte Grundstück als solches ist und nicht die Summe der Wohnungseigentumseinheiten, und sich darüber hinaus der Verkäufer verpflichtet, für das Schließen der Wohnungsgrundbuchblätter im Rahmen der Abwicklung des Kaufvertrages Sorge zu tragen, besteht für diesen Verkauf kein Vorkaufsrecht eines betroffenen Mieters (herrschende Meinung: Schilling/Meyer, ZMR 1994, 497, 503; MünchKommBGB/ Voelskow, § 577 Rz. 3; Staudinger/Rolfs, § 577 BGB Rz. 25; a. A.: Langhein in DNotZ 1993, 650, der das Schließen der Wohnungsgrundbücher vor Abschluss des Kaufvertrages verlangt).
Die Eintragung der Vormerkung und der Finanzierungsgrundschuld stellen den Notar vor keine größeren Schwierigkeiten: Vormerkung und Finanzierungsgrundschuld werden entweder zunächst auf allen Wohnungsgrundbuchblättern zur Sicherung des Käufers eingetragen und später auf das Grundbuchblatt „Miethaus“ übertragen, oder es wird zunächst der Antrag auf Schließung der Wohnungsgrundbuchblätter gestellt, nachfolgend die Anträge auf Eintragung der Vormerkung und der Finanzierungsgrundschuld und dementsprechend die Anträge nacheinander auf dem neuen Grundbuchblatt vollzogen. Ein Problem soll nicht verschwiegen werden: Wenn das zwischenzeitliche Schließen der Wohnungsgrundbuchblätter nur dem Zweck dienen sollte, die Mietervorkaufsrechte auszuhebeln und der Erwerber unmittelbar nach Eigentumsumschreibung wiederum in Wohnungseigentum aufteilt, könnte eine Umgehung der Vorkaufsrechte der Mieter angenommen werden. Folge wäre, dass die Mieter nach wie vor ihr Vorkaufsrecht geltend machen können, was der Verkäufer allerdings deshalb nicht erfüllen kann, weil die Eigentumsumschreibung auf den Erwerber schon stattgefunden hat. Hier würde sich der Veräußerer dann entsprechenden Schadensersatzforderungen der Mieter aussetzen. Natürlich ist es ein Problem für die Mieter, einen konkreten Schaden nachzuweisen und dementsprechend auch Schadenersatz geltend zu machen; will der Verkäufer hier sichergehen, muss er in den Kaufvertrag mit seinem Käufer die Zusatzvereinbarung aufnehmen, dass der Käufer sich verpflichtet, keine Rückumwandlung des Objekts innerhalb eines bestimmten schädlichen Zeitraums vorzunehmen. Wie lang diese„Schamfrist“ sein muss und wann sich der Käufer zur neuen Aufteilung ohne nachteilige Folgen im Hinblick auf das an sich erloschene Vorkaufsrecht der Mieter entschließen darf, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Will der Verkäufer jedes Risiko vermeiden, wird er ein Rückumwandlungsverbot von mindestens ein bis zwei Jahren in den Kaufvertrag aufnehmen müssen. In Betracht kommen natürlich auch andere Regelungen wie z. B. die Verpflichtung des Käufers, den Verkäufer von etwaigen Schadensersatzansprüchen der um das Vorkaufsrecht gebrachten Mieter freizustellen. Insoweit ist dann die Phantasie der Parteien und deren Berater gefragt, diese letzte Hürde beim Verkauf eines bereits umgewandelten Miethauses zu nehmen.
Autor: Dr. Klaus Hildebrandt, Rechtsanwalt und Notar in Berlin